Die Menge war aufgeheizt in der Schwüle der europäischen Hauptstadt, die Spieler passten sich dem hohen Stimmungspegel an, aber nicht nur die eigenen. Auch die Österreicher ließen sich mitreißen und produzierten in Zusammenarbeit mit den Belgiern ein dem Fußball würdiges Gesamtwerk. Nach 45 Minuten hatte sich der Aufwand für die Gäste schon einmal gelohnt, sie führten 1:0 – nach 90 Minuten sollte das Ergebnis dann 1:1 lauten.
Kommentar: Österreich ist voll im Geschäft statt nur dabei
Das österreichische Nationalteam versuchte in einem mit starker Intensität und hohem Tempo ausgeführten Match von Beginn an, dem Plan ihres Teamchefs Ralf Rangnick möglichst spurgetreu nachzugehen. Sie agierten tief in der belgischen Hälfte hautnah am Gegner, der dadurch richtiggehend ins Schwitzen kam. Die Mannschaft von Domenico Tedesco fand ohne ihren verletzten Spielmacher und Ideenspender Kevin De Bruyne nicht zur über Jahre gezogenen Linie. Die zahlreichen Ballgewinne der Österreicher schlugen sich aber vorerst nicht in echter Gefährlichkeit nieder. Just in einer Phase, als Belgien, die Nummer vier der Welt, im Rhythmus den geeigneten Takt zu erkennen schien, fiel das 1:0 für die Gäste.
Michael Gregoritsch erzwang die Führung
Der sehr starke Patrick Wimmer schickte einen Cornerball hoch über den voll besetzten Strafraum und Michael Gregoritsch nahm ganz cool Maß. Weltklassetorhüter Thibaut Courtois hätte das Spielgerät locker abgefangen, aber ein eigener Mann, Orel Mangala, kam dem Real-Star in die Quere und lenkte den Ball mit der Ferse ins Netz. Dieses unerwartete Ereignis stellte das Volk vorübergehend ruhig und die belgische Mannschaft benötigte eine neue Anlaufzeit. Erst gegen Ende der ersten Hälfte blitzte die spielerische Klasse der Hausherren, vor allem in Gestalt von Dodi Lukébakio und des Hochgeschwindigkeitsfanatikers und extrem wendigen Jérémy Doku, auf.
Dann, nach der Pause, galt es, einer Hochdruckphase der Belgier zu widerstehen. Diese legten bei den Komponenten Tempo und fußballerische Finesse noch einmal nach. Und dann überstieg die Geräuschkulisse die ohnehin überdurchschnittlichen Dezibelgrenzwerte. Es schlugen die Sekunden des Romelu Lukaku. Der Torjäger von Inter Mailand gab zunächst einen Warnschuss ab, dieser verfehlte knapp das Ziel, aber dann nahm der Weltklassestürmer nach einer grandiosen, blitzschnell absolvierten Vorlage von Lukébakio genau Maß und ließ Alexander Schlager nicht den Hauch einer Chance.
Die Lage wurde kritisch für die Österreicher, die jedoch ihr Interesse für die Offensive plötzlich wieder erkennen ließen. Und beinahe wäre die neuerliche Führung geglückt, doch Courtois vereitelte dies mit einer unglaublichen Abwehr bei einer Großchance von Stefan Posch. Sonst drückten in Hälfte zwei vor allem die Hausherren auf den zweiten Treffer. Der gelang nicht, weil Österreichs Nummer eins – Alexander Schlager – seine Sache souverän gemeistert hat. Und Youri Tielemans in Minute 93 nur das Lattenkreuz traf. Der Punktgewinn der ÖFB-Auswahl beim haushohen Favoriten aus Belgien kann auf dem Weg zur EM 2024 noch enorm wertvoll sein.
Hubert Gigler aus Brüssel