Gerhard Milletich geht als Präsident mit der kürzesten, nicht-interimistischen Amtszeit in die Geschichte des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB) ein. Was mit einer knappen Mehrheit im zweiten Wahlgang im Herbst 2021 begann, endete am Dienstag nach monatelanger Unruhe. Milletich zog die Konsequenzen aus Vorwürfen, er habe das Ehrenamt beim größten Sportverband des Landes zur "Inseratenkeilerei" für sein Unternehmen ausgenutzt.
Nicht einmal 16 Monate währte die Amtszeit des 66-jährigen Burgenländers, der im Vorjahr zunächst zwei Erfolge verbuchen konnte. Sportlich punktete Milletich mit der Verpflichtung von Ralf Rangnick als Teamchef im April 2022. Kurz vor Jahreswechsel brachte er mit dem Beschluss zum Bau eines Trainingszentrums in Wien-Aspern auch ein großes Infrastruktur-Projekt auf Schiene. Doch die Entscheidung am 16. Dezember 2022 stand längst im Schatten einer Diskussion, die vor Gericht führte und das Ethikkomitee der Fußball-Bundesliga beschäftigte.
Inseraten-Affäre um ÖFB-Präsidenten
Im vergangenen Oktober erhoben zunächst das Wochenmagazin "News" und danach die Tageszeitung "Kurier" Vorwürfe, Milletich würde sein Amt nutzen, um bei ÖFB-Partnern Inserate für sein Unternehmen zu lukrieren. Der Burgenländer, Geschäftsführer des Bohmann-Verlags, soll im Zuge von Vorstellrunden mit Sponsoren des Verbandes um Einschaltungen in seinen Magazinen geworben haben. Laut Milletich habe er mit den genannten Unternehmen bereits vor seiner Amtszeit und teils schon Jahrzehnte Geschäftsbeziehungen gehabt. "Es ist mein Beruf, Inserate zu verkaufen", sagte er damals zum Kurier.
Milletich kündigte eine Klage gegen die Zeitung an, die Vorwürfe konnte er aber nicht ausreichend entkräften. Die Landes-Verbandschefs Gerhard Götschhofer (Oberösterreich), Josef Geisler (Tirol) und Herbert Hübel (Salzburg) outeten sich als bekennende Gegner des Burgenländers, Sportminister Werner Kogler (Grüne) empfahl die Einsetzung einer objektiven Kommission. Die erfolgte am 8. Dezember. Bei einer außerordentlichen Präsidiumssitzung wurde das Ethikkomitee der Bundesliga unter Vorsitz des pensionierten Richters Wolfgang Pöschl mit großer Mehrheit mit der Klärung der Causa betraut.
Milletich ging nach wochenlangem Zögern schließlich vor Gericht, scheiterte aber erstinstanzlich am 16. Jänner mit seinem Antrag auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung im Kurier und zog daraufhin eine weitere Klage am Folgetag zurück. Götschhofer, auch ÖFB-Vizepräsident, erklärte als Zeuge vor Gericht, er habe mit vier Sponsoren des ÖFB gesprochen, mit denen Milletich zwecks Inseratenschaltungen Kontakt aufgenommen habe. Sie hätten ihm mitgeteilt, dass vor Milletichs Funktion als ÖFB-Präsident kein geschäftlicher Kontakt bestanden habe. "Sie waren irritiert und verwundert über diese Bitten wegen Inseraten", schilderte Götschhofer.
Landeschefs gingen auf Distanz
Immer mehr Landeschefs gingen danach auf Distanz. "Wir brauchen im ÖFB-Präsidium Ruhe. Je schneller eine Entscheidung getroffen wird, desto besser", sagte etwa der Steirer Wolfgang Bartosch. Am Dienstag gab Milletich schließlich dem Druck nach und kündigte noch vor dem Abschlussbericht der Ethikkommission seinen Rücktritt an. Milletich hinterlässt einen gespaltenen Verband mit Imageschaden.
Dabei wollte der ÖFB gerade das vermeiden, als es um die Nachfolge des Langzeitpräsidenten Leo Windtner ging. Die Fußballer wollten es besser machen als wenige Monate davor der Österreichischen Skiverband (ÖSV), der zweite große Sport-Fachverband des Landes, der nach der Ära Schröcksnadel eine turbulente und von massiven Querelen verbundene Übergabe des Präsidentenamtes erlebte.
Tiefe Gräben im ÖFB
Als der Oberösterreicher Windtner Mitte 2021 nach über zwölf Jahren an der ÖFB-Spitze seinen Rückzug angekündigt hatte, bewarben sich Burgenlands Landesverbandspräsident Milletich und Roland Schmid, einst Kandidat für die Präsidentschaft des SK Rapid und aktuell Vize-Präsident der Vienna.
Das Duo wurde vom ÖFB-Wahlausschuss nominiert und stellte sich am 11. September in Salzburg der Wahl. Nach Gleichstand im ersten Durchgang setzte sich Milletich, davor neun Jahre lang Landesverbandschef des Burgenlandes, im zweiten Wahlgang durch. Am 17. Oktober 2021 folgte im Rahmen der Ordentlichen Bundeshauptversammlung des ÖFB in Velden die offizielle Kür. Doch Ruhe kehrte nicht wirklich ein, nach nur einem Jahr offenbarten sich im Zuge der Vorwürfe gegen Compliance-Regeln die tiefen Gräben im ÖFB.