Mit fast einer Stunde Verspätung startete der schwer beladene ÖFB-Flieger in der Nacht auf Samstag vom kleinen Flughafen in Osijek, aber Österreichs Fußballnationalmannschaft sah keine Veranlassung abzuheben. Die Spieler blieben ebenso am Boden wie Teamchef Ralf Rangnick, dem bei seiner Premiere so gut wie alles aufgegangen war. Die Anspannung aber löste sich in der AUA-Kabine, Marko Arnautovic ließ seiner Freude nach dem 3:0-Triumph über Kroatien für ein paar kurze, intensive Momente freien Lauf.
Nun kann der 33-Jährige seinem 100er im Team am Montag in Wien gegen Dänemark nahe dem Idealzustand entgegenblicken, aufgeladen mit positiver Energie. "Ein neuer Teamchef ist da, das bringt frischen Wind. Es macht wieder Spaß, für das Nationalteam zu spielen." Das bevorstehende Jubiläum widmet Arnautovic dem Aspekt der harten Arbeit. Es sei bekannt, "wie viel Schweiß und Blut ich für dieses Nationalteam gegeben habe". Sein Austausch zur Halbzeit, das musste er noch anmerken, sei eine reine Vorsichtsmaßnahme gewesen. Es zog im Oberschenkel.
Der Beginn der neuen Zeitrechnung im österreichischen Nationalfußball ließ sich an etlichen Charakteristika festmachen. Das hohe Pressing machte sich nach anfänglichen Schwierigkeiten voll bezahlt. "Wir hatten Probleme gegen den Ball und auch bei Ballbesitz, aber nach der Umstellung hat die Mannschaft eine überzeugende zweite Hälfte hingelegt", resümierte Rangnick und stellte fest: "Wir haben praktisch nichts mehr zugelassen." Das war zum einen der mit Gernot Trauner, Kevin Danso und Maximilian Wöber völlig neu formierten und von Arnautovic explizit hervorgehobenen ("Wahnsinn, was die geleistet haben") Verteidigung zuzuschreiben, andererseits auch der Defensivarbeit des gesamten Kollektivs. "Keiner ist abgefallen", meinte Rangnick, der sich aber nicht allzu weit hinauslehnen wollte bei der Frage, ob die Aufführung schon eine über einen Anfangsverdacht hinausgehende Fußballkunst geboten habe. "Das Spiel hat gezeigt, was möglich ist." Dabei geht es nicht nur um das Potenzial der Mannschaft. Der neue Teamchef darf vermerken, dass die Spieler seine Vorstellungen offenbar verstanden und schon sehr viel davon umgesetzt haben.
Von seinem aufgebotenen Personal ließ Rangnick keinen unerwähnt, auch nicht den von ihm überraschend aufgebotenen Andreas Weimann. "Der war ein bisschen unter dem Radar, aber man sieht, was auch ein Spieler aus der zweiten englischen Liga leisten kann. Er hat ein richtig gutes Spiel gemacht." Das Lob verteilte er gleichmäßig, doch "die große Euphorie wird jetzt, glaube ich, nicht ausbrechen". Schließlich folgen noch zwei Spiele gegen Dänemark und ein Match gegen Weltmeister Frankreich.
Die Dänen zeigten mit dem 2:1-Erfolg in Paris, wozu sie imstande sind, und die Österreicher wissen aus eigener leidvoller Erfahrung nur zu gut, welche Spielstärke und vor allem Energie am Montag auf sie zukommt. In der abgelaufenen WM-Qualifikation war die Mannschaft von Franco Foda in beiden Duellen (0:4, 0:1) hoffnungslos überfordert. Das beim Einstand von Ralf Rangnick gewonnene Selbstbewusstsein kann aber auch hier eine Trendwende bewirken. Alle bisherigen vier Bewerbsspiele gegen Dänemark gingen verloren, in Osijek gelang nach fünf Niederlagen der erste Sieg gegen Kroatien. Das ist doch ein perfekter Ansatz.
Der Teamchef richtete bei dieser Gelegenheit einen Appell an die österreichischen Fußballfans. "Ein gut gefülltes Stadion in Wien wäre im Interesse aller", sagte Rangnick in der Hoffnung, der Auftakt könnte das Volk – trotz des verlängerten Wochenendes – stärker mobilisieren als ursprünglich gedacht.