Der gute Mann ist in einem Alter, in dem viele erst so richtig starten, zum Beispiel ins Berufsleben. Die Profession, in seinem Fall Berufung, bringt es mit sich, dass David Alaba sehr jung beginnen konnte. "Mit 17 habe ich mein erstes Profispiel bestritten." Am 24. Juni begeht der mit Real Madrid zum Champions-League-Sieger gekürte österreichische Star-Fußballer seinen 30er, einen Runden also, und Alaba hat genug erlebt, um Zwischenbilanz zu ziehen. "Ich habe mir zwar noch nicht so viele Gedanken darüber gemacht, aber es wird ein Tag sein, an dem ich werde zurückschauen können. Ich habe in dieser Zeit bis heute schon sehr viele schöne Momente gehabt, Höhen und Tiefen", sagt der Tiefstapler, und dass Letztere in der Minderzahl waren, übergeht Alaba geflissentlich. Und mit dem Königsklassentitel im Rücken fühlt sich alles noch besser an. "Es war unglaublich für mich persönlich", sagt er und meint damit auch das große Ganze seiner Karriere. "Ich bin sehr dankbar dafür, dass alles so aufgegangen ist."
Der noch 29-Jährige wirkt nach den Feierlichkeiten, die vermutlich anstrengender waren als das finale Match gegen Liverpool, schon wieder ganz gut erholt von den Strapazen, gekampelt und geschnäuzt. Es war eine gute Idee des neuen Teamchefs Ralf Rangnick, in der Partie gegen Kroatien auf ihn zu verzichten. Ursprünglich war Alaba auf einen Einsatz eingestellt gewesen, aber "dann haben wir gesprochen und der Trainer hatte einen klaren Plan". Das sah er ein. Und im Nachhinein betrachtet war es erst recht die richtige Entscheidung, wie das Ergebnis zeigt.
Alaba sah sich das Match ganz entspannt zu Hause an und von außen betrachtet, löste es bei ihm positive Gefühle und Gedanken aus. "Die ersten 20, 30 Minuten waren nicht so einfach, aber danach haben sie das Match sehr gut kontrolliert", stellte Alaba fest. Ob er schon markante Veränderungen gegenüber der jüngeren Vergangenheit registriert hat? Österreichs Aushängeschild will sich in diesem Zusammenhang zwar "nicht zu weit hinauslehnen", lässt sich aber trotzdem ein bisschen aus der Reserve locken. "Man hat die Handschrift sehen können, vor allem in Momenten des Pressings, es gab gute und frühe Balleroberungen", meint Alaba. Zudem ist die generelle Neugier stark spürbar. "Es gibt neue Eindrücke, ein neues Trainerteam, neue Gespräche, man merkt, es geben alle Gas", sagt Alaba, der am Montag gegen Dänemark als Kapitän gesetzt sein wird.
16.000 Karten waren bis Samstag für dieses Match verkauft, da sollten nach dem Sensationserfolg gegen Kroatien doch auch die Fans motiviert sein, um das Happel-Stadion auf herzeigbare Weise zu bevölkern. Für die Freitag-Partie gegen Frankreich sind 40.000 Tickets vergriffen.
Auch Alaba meint, dass das 3:0 gegen Kroatien als Lockvogel für das Publikum herhalten sollte. "Ich glaube schon, dass die Leute gespannt sind, was jetzt passiert. Man merkt schon die neue Philosophie. Ich bin davon überzeugt, dass wir sicherlich die Qualität und das Potenzial haben, mit dem Trainer, der einen klaren Plan hat, genau weiß, was er möchte, dass wir da erfolgreich sein können."
Die frischen Fußball-Lebensgeister im Nationalteam tun auch Alaba gut. "Ich bin in den vergangenen fünf Wochen mental an meine Grenzen gegangen, habe mich nur mit diesem Finale beschäftigt." Das zehrt an der Substanz. Aber mit dem Triumph "ist viel abgefallen". Nun kann er sich voll und ganz Österreich widmen. Denn, wie sagt Alaba: "Es wird auch danach (nach dem 30er) weitergehen." Gegen Dänemark wird es, abgesehen von Alabas Einsatz, weitere Änderungen personeller Natur geben. Marko Arnautovic könnte bei seinem 100er eingewechselt werden, Sasa Kalajdzic ebenso von Beginn an mit dabei sein wie Christoph Baumgartner.