Noch zwei Tage – dann erfolgt die Länderspielpremiere von Ralf Rangnick. In Osijek wird er mit der österreichischen Nationalmannschaft versuchen, Kroatien in der Nations League ein Bein zu stellen. Fehlen wird mit Sicherheit Philipp Lienhart, der noch nicht fieberfrei ist und frühestens am Samstag zum ÖFB-Team stoßen wird. Champions-League-Triumphator David Alaba rückt bereits heute ins Trainingslager in Bad Tatzmannsdorf ein. Dort werden die letzten Trainingseinheiten genutzt, um schnell die Spielidee von Rangnick zu verinnerlichen. Doch worauf darf man sich eigentlich gefasst machen in der neuen ÖFB-Ära?
Gleich vorweg: Wer glaubt, dass diese Frage ganz einfach mit "Red-Bull-Fußball" zu beantworten ist, irrt. "Was ist Red-Bull-Fußball?", sagt dazu nämlich Konrad Laimer, der seit seinem Debüt 2014 in Salzburg insgesamt acht Jahre im Red-Bull-Universum spielt. "Ich bin fünf Jahre in Leipzig und habe immer andere Sachen gespielt."
Rangnick gilt als Architekt des Salzburg-Aufschwungs. Als er 2012 das Amt des Sportdirektors übernommen hatte, ging in weiterer Folge die Erfolgskurve der Mozartstädter steil nach oben. Die Prinzipien waren klar: Der Gegner sollte in Stress versetzt werden, um Fehler zu provozieren und ihn zu brechen. Zudem lautete der Plan, den Ball so schnell wie möglich in der gegnerischen Hälfte zurückzuerobern, um eine möglichst kurze Distanz bis zum gegnerischen Tor zu haben. Dieser Zugang setzte auch voraus, physisch permanent ans Limit zu gehen, eine immense Intensität mitzubringen, und extrem hoch zu stehen, um die freien Räume zwischen den einzelnen Ketten möglichst gering zu halten.
Die Gegner reagierten
Das Umschaltspiel allein reichte aber bald nicht mehr aus. Gegnerische Teams stellten sich darauf ein, standen sehr tief, machten die Räume enger und versuchten, das eigene Risiko in Form von langen Bällen nach vorne zu minimieren. Darum setzten immer mehr Red-Bull-Trainer auf das Weiterentwickeln des Positionsspiels. Die Verbesserung im Spiel mit dem Ball kombiniert mit der Klasse im Umschaltspiel sorgten für mehr Variabilität und dringend benötigte Lösungen.
Unter Rangnick dürfte das ÖFB-Team geradlinigen Fußball mit sehr viel Intensität in der Arbeit gegen den Ball bieten – frühes Anlaufen und eine hoch stehende Abwehrreihe inklusive. Die Anforderungen dafür sind enorm. Alle Spieler müssen permanent maximal aktiv agieren, was eine ausgeprägte Konzentrationsleistung verlangt. Es wird interessant zu beobachten sein, wie der extreme Ansatz von Rangnick auf Nationalteam-Ebene anwendbar ist. Kein Nationalteam setzt auf 90-minütigen Vollgas-Fußball. Auch deshalb, weil die körperliche Belastung der Spieler auf Klubebene so enorm hoch ist. Vielleicht nimmt Rangnick ja entgegen seines Zugangs Entlastungsphasen in Form von Ballzirkulation in sein Spiel auf.
Dreierkette, zwei Stürmer
Auf eine Dreierkette in der Abwehr zu setzen, dürfte neben der Dürre auf den Flügelpositionen auch den Hintergrund haben, das Risiko zu minimieren. So kann die Tiefe besser gesichert werden. Ein aktiver Tormann, der das Spiel gut lesen kann, ist aber ein Muss, da Bälle über die letzte Linie ohne einen "offensiven" Torhüter Alarmstufe Rot bedeuten.
Die Schwächen von Marko Arnautovic beim Anlaufverhalten könnten mit einem zweiten Stürmer etwas kaschiert werden. So hätte Österreichs Rekordtorschütze unter allen noch Aktiven kürzere Wege zu bestreiten. Ob das aber gegen die Topnationen, die ohne extremen Gegendruck seelenruhig und fehlerlos von hinten herausspielen, reicht, ist die Frage.