Drei Punkte aus drei Spielen – der abgelaufene Lehrgang des ÖFB-Nationalteams ist mit dem Abrutschen auf Platz vier der Gruppe F in der WM-Qualifikation gehörig in die Hose gegangen. Der Versuch einer Aufarbeitung und ein Blick auf die zwei verbleibenden Lehrgänge im Oktober und November.
Teamchef: „Foda raus“-Rufe gab es beim 0:1 gegen Schottland im Ernst-Happel-Stadion zu hören. ÖFB-Präsident Leo Windtner erteilte dieser Aktion allerdings eine Absage. Franco Foda bleibt also Teamchef, „weil man ihm die Chance bieten muss, die Dinge zurechtzurücken“. Der Vertrag des 55-Jährigen läuft grundsätzlich bis Ende dieses Jahres und verlängert sich beim Einzug ins Play-off bis März 2022 bzw. bei der erfolgreichen WM-Qualifikation bis Ende 2022. Eine Freistellung Fodas vor Abschluss des November-Lehrgangs dürfte aufgrund der finanziellen Belastung beinahe ausgeschlossen sein. Um Foda des Amtes zu entheben, bedarf es einer einfachen Mehrheit des ÖFB-Präsidiums, das aus den neun Landespräsidenten, dem ÖFB-Präsidenten und drei Bundesliga-Vertretern besteht.
Mannschaft: Das Verhältnis zum Teamchef ist, wie mancherorts behauptet, keineswegs zerrüttet. Die Spieler übten auch durchaus Selbstkritik nach den enttäuschenden Vorstellungen, die teils auch durch fehlendes Spielglück und VAR-Entscheidungen für sich begünstigt waren. Was die Truppe aber unmissverständlich predigt, ist die riesige Qualität im Kader. Daniel Bachmann sprach sogar davon, dass diese besser sei als jene von Dänemark. Die Frage lautet: Worauf beruht diese Annahme? Sportliche Gründe gibt es nicht, es handelt sich leider um Selbstüberschätzung. Seit 2008 hat Österreich keine Topnation in einem Pflichtspiel bezwungen. Bei der EM gab es zwar die erstmaligen Endrunden-Siege und den Achtelfinaleinzug inklusive einer starken Vorstellung gegen Europameister Italien zu feiern, allerdings war das nur möglich, da der gesamte Kader zur Verfügung stand. Das war in den Qualifikationen und Nations-League-Duellen in den vergangenen Jahren nicht der Fall. In diesem Lehrgang fehlten Stefan Lainer, Xaver Schlager, Sasa Kalajdzic, Julian Baumgartlinger (alle verletzt) und Marcel Sabitzer, der es vorzog, seinen Wechsel zu Neo-Klub Bayern München zu finalisieren. In der Startelf gegen Schottland standen mit Florian Grillitsch, Stefan Ilsanker, Louis Schaub und Konrad Laimer vier Akteure, die über keine bzw. nur wenig Spielpraxis in ihren Klubs verfügen. Ein Blick auf die Ersatzbank offenbarte, dass die hochkarätigen Alternativen nicht vorhanden sind. Wenn gewisse Medien Yusuf Demir nach 28 Jokerminuten beim FC Barcelona als neuen Heilsbringer in Stellung bringen, tut man niemandem einen Gefallen – am wenigsten dem 18-Jährigen selbst. Österreich kann nur auf der Innenverteidiger-Position Ausfälle verkraften. In der Offensive verfügt das ÖFB-Team über keinen Typen, der etwa am Flügel die Geschwindigkeit auf Topniveau mitbringt bzw. im 1-gegen-1 in jenem Segment auftrumpfen kann.
ÖFB: Der größte Sportverband Österreichs gibt weiter kein gutes Bild ab. Sportdirektor Peter Schöttel geht am liebsten auf Tauchstation. Bei Medienterminen agiert der Wiener mitunter nicht als Problemlöser, sondern als -verschlimmerer. Mit der Kommunikation hat der ÖFB seit Jahren zu kämpfen. Der Verband hat es seit der Bestellung von Foda als Teamchef nicht geschafft, kleine Baustellen in einfachster Manier weg zu moderieren. Stattdessen agiert man in diesem Bereich selten auf einer Linie und oft sehr ungeschickt. Kleines Beispiel von gestern: „Die Spieler liefern bei ihren Klubs dauernd Topleistungen ab“, sagte Präsident Windtner über die ÖFB-Truppe. Wie man Foda im Amt bestätigen kann, aber ihn mit dieser objektiv unrichtigen Wortmeldung quasi demontiert, unterstreicht, wie es um den ÖFB bestellt ist.
Fans: Die Stimmung nach dem Schottland-Spiel im Ernst-Happel-Stadion kippte im Fanblock (zum Video geht es hier). Aufgebracht bewarfen die Anhänger u. a. David Alaba mit Bechern. Marko Arnautovic versuchte die Fans zu beruhigen: „Jetzt haben wir eine Situation, in der wir euch brauchen.“ Das gelingt wohl nur durch sportlichen Aufschwung in Form von Punkten. Bei den Auswärtsspielen auf den Färöer Inseln (9. Oktober) und in Dänemark (12. Oktober) gibt es die Möglichkeit dazu.