Der Euro-Rausch ist verflogen und er hatte offenbar betäubende Wirkung. Denn sie schienen aus dem Gedächtnis verbannt, die Defizite einer österreichischen Nationalmannschaft. Doch es bedurfte nur zweier Auftritte, um die Mangelerscheinungen wieder relativ rasch in Erinnerung zu rufen. Auf den von Hängen und Würgen begleiteten Sieg gegen Moldawien folgte in der Partie gegen Willi Ruttensteiners Israel die totale Ernüchterung.

Teamchef Franco Foda hatte umgestellt und gegenüber dem Spiel in Moldawien auch das System verändert. Dies jedoch als Ursache für die Niederlage zu orten, greift zu kurz. Denn die Österreicher begannen stark, betrieben erfolgreiches frühes Pressing, verfügten aber im entscheidenden Sektor nicht über die erforderliche Klasse, um diese vielversprechenden Ansätze auch zu einem wirksamen Abschluss zu bringen. 

Fehlende Offensivqualität

Entweder wurde zu umständlich agiert, dann wiederum fehlte die Präzision bei den Pässen, dazu gesellten sich technische Fehler. Selbst der auf diesem Gebiet üblicherweise untadelige Marko Arnautovic leistete sich - wie schon gegen Moldawien - ungewohnte Aussetzer, die einer frühen Führung der Österreicher im Weg standen. Letztlich demonstrierte das ÖFB-Team eine auffällige und für den Zuschauer geradezu nervige Unfähigkeit, die Wackler der anfälligen israelischen Defensive auszunützen. "Wir haben so viele Angriffe so schlecht zu Ende gespielt", konstatierte auch Sportdirektor Peter Schöttel, der vom Auftritt völlig überrascht war. "So ein Spiel hätte ich mir nie erwartet."

Und so wurde die Offensive der Gäste vom Angriff des Gegners geradezu vorgeführt. Israel bewies eine Torgefährlichkeit, von der Österreich derzeit nicht einmal träumen kann, das ist ein Zeichen von Qualität, die dem heimischen Team völlig abging. Zudem verfügten die Gastgeber im erst 22-jährigen Manor Solomon über einen Regisseur, der mit Übersicht das Spiel seiner Elf ankurbelte und auch beim Abschluss Verantwortung übernahm und große Klasse zeigte. Ein solcher Typ fehlte den Österreichern in jeder Phase dieser Partie.

Fehlende Breite

Hier zeigt sich auf drastische Weise, dass bestimmte Leute nicht eins zu eins zu ersetzen sind. Die Ausfälle von Stefan Lainer, Xaver Schlager, Marcel Sabitzer und auch Sasa Kalajdzic waren nicht zu kompensieren. In der Breite verfügt Österreich nach wie vor nicht über das erforderliche Niveau. Bei der Euro stand die beste Mannschaft zur Verfügung, in der WM-Qualifikation war dies schon im März und nun bei der Fortsetzung nicht der Fall. Konrad Laimer, gegen Israel noch der Beste, glaubt, dass grundsätzlich genügend Qualität vorhanden sei. "Natürlich sind einige nicht so leicht zu ersetzen, aber das darf keine Ausrede sein. Da muss mehr kommen."

Franco Foda
Franco Foda © APA/HERBERT PFARRHOFER

Dem Teamchef ist in diesem Zusammenhang zwar kein Versagen vorzuwerfen, wohl aber ein gewisses Maß an fehlendem Gespür für das richtige Personal zum geeigneten Zeitpunkt, wie sich letztlich herausstellte. Ein Einsatz von Yusuf Demir wäre gegen Moldawien wohl eher angebracht gewesen, gegen Israel war der 18-Jährige in dieser späten Phase überfordert.

Überforderte Defensive

Auch in der Abwehr kam es zu nicht ganz nachvollziehbaren Rochaden. Der erfahrene Christopher Trimmel bekam von Foda die einfachere Aufgabe gegen Moldawien zugewiesen, der Debütant Philipp Mwene die um einiges heiklere Partie in Haifa. Dass sich auch ein Aleksandar Dragovic als tragendes Glied der Fehlerkette herausstellte, war freilich nicht zu erahnen. Konzentrationsfehler zogen sich wie ein roter Faden durch das ganze Match. Die vom Nationaltrainer nach dem Match selbst angesprochene "fehlende Stabilität in der Defensive" betrifft indes natürlich nicht nur die formale Abwehr, sondern die gesamte Mannschaft.

Sie ließ sich von den ebenso schnell denkenden wie handelnden Israelis in vielen Situationen vollkommen übertölpeln. Die Raumaufteilung wurde aufgelöst, die Zuordnung war inexistent, und bei den Gegentoren war der Irrtum in so gut wie allen Phasen der erfolgreichen Angriffe des Gegners Programm. Die Konzentration schien häufig wie weggeblasen.

Schadensbegrenzung

Das 2:3 hatte zwar noch einen Hoffnungsschimmer auf eine Wende erzeugt, doch nun stellte Willi Ruttensteiner sein taktisches Geschick unter Beweis und brachte mit Shon Weissman einen weiteren Torjäger. Dass der Plan schon nach zwei Minuten aufging, war freilich auch Glück. Aber schon zuvor hatte sich herausgestellt, dass die israelische Mannschaft vom früheren österreichischen Sportdirektor blendend eingestellt worden war.

Franco Foda muss nun die Mannschaft aufrichten, um am Dienstag gegen Schottland die Teilrehabilitierung zu schaffen, hinsichtlich des Kampfes um Platz zwei Schadensbegrenzung zu betreiben und auch eine sonst unweigerlich ins Rollen kommende Diskussion um seine Position als Teamchef zumindest im Rahmen zu halten. Der am 55-Jährigen gern geübte Vorwurf, zu vorsichtig zu agieren, hat für die Israel-Partie jedenfalls keine Gültigkeit. Da sah es oftmals eher nach Leichtsinn aus.