Teamchef Franco Foda nominierte den 18-Jährigen vom FC Barcelona am Dienstag ebenso für die Partien gegen die RepublikMoldau (1. September, Chisinau), Israel (4. September, Haifa) und Schottland (7. September, Wien) wie dessen Ex-Rapid-Kollegen Ercan Kara.
Im Vergleich zum 26-köpfigen EM-Aufgebot kamen auch Florian Kainz, Phillipp Mwene und Torhüter Heinz Lindner in die ÖFB-Auswahl. Dafür fehlen im 25-Mann-Kader die verletzten Stefan Lainer und Sasa Kalajdzic sowie die nicht einberufenen Valentino Lazaro, Karim Onisiwo, Marco Friedl und Ersatzgoalie Pavao Pervan.
Pervan wurde die mangelnde Spielpraxis bei Wolfsburg zum Verhängnis, seinen Platz erbte Lindner, wobei laut Foda auch Sturm-Keeper Jörg Siebenhandl ein Thema war. Onisiwo laborierte längere Zeit an einer Corona-Erkrankung und stieg erst am (heutigen) Dienstag bei Mainz ins Mannschaftstraining ein, daher würde eine Nominierung zu früh kommen. Lazaro durfte bei Inter Mailand nach den Angaben von Foda in den vergangenen zehn Tagen nicht mit den Profis trainieren, "was für mich unglaublich ist, dass so etwas bei einem Verein wie Inter passiert. Anscheinend wollen sie ihn verkaufen", vermutete der Deutsche.
Weit besser als für Lazaro verlief der Saisonstart für Demir, der sich bei Barcelona entgegen den Erwartungen einen Platz im Profi-Kader erkämpfte und am Samstag sogar sein Pflichtspiel-Debüt feierte. Die Rapid-Leihgabe überzeugte bereits davor in diversen Testspielen, wovon sich Foda und sein Trainerstab phasenweise vor Ort ein Bild machen konnten. "Er hat in den letzten Wochen eine extreme Entwicklung genommen, wirkt am Telefon viel aufgeschlossener. Man sieht, dass ein Wechsel einiges bewirken kann", sagte Foda und bescheinigte Demir "außergewöhnliche Qualitäten".
Der Teenager debütierte bereits im vergangenen März im A-Team, war dann aber für die EURO noch kein Thema. Ob Demir nun fixer Bestandteil der Nationalmannschaft bleibt, wird die Zukunft weisen. "Letztendlich liegt es an ihm. Er muss seine Leistungen abrufen", erklärte Foda.
Positive Wortmeldungen gab es auch zu Eindhoven-Legionär Mwene. "Ich habe mit seinem Trainer Roger Schmitt telefoniert, er hat ihn über den Klee gelobt. Mwene ist sehr verlässlich und strahlt im Spiel nach vorne viel Dynamik aus", meinte Foda. Der Nationalcoach hatte den Außenverteidiger bereits in den EM-Großkader geholt, ihn dann aber noch aus dem finalen Aufgebot gestrichen.
Diesmal ist Mwene erstmals definitiv dabei, allerdings wohl nur wegen der schweren Verletzung von Lainer. "Ansonsten wäre er wahrscheinlich auf Abruf gewesen", sagte Foda. Ähnliches gilt wohl für Kara, der den Platz des wie Lainer monatelang ausfallenden Kalajdzic einnimmt.
Eine schwere Verletzung überwunden hat hingegen Florian Kainz - der Steirer zeigte in diesem Sommer beim 1. FC Köln ansprechende Leistungen und schaffte dadurch den Weg zurück ins Team. "Er ist wieder in Schwung", sagte Foda über seinen einstigen Schützling bei Sturm Graz.
Zufrieden zeigte sich Foda auch mit Marko Arnautovic, der nach seinem Wechsel von China nach Bologna in seinen ersten beiden Pflichtspielen für den neuen Club zweimal traf. "Jetzt gibt es keine Diskussionen mehr, ob er zum Nationalteam kommen kann oder nicht. Insofern sind wir alle glücklich."
Während die berufliche Zukunft von Arnautovic geklärt ist, hängen einige Teamspieler noch in der Warteschleife. Marcel Sabitzer und Florian Grillitsch werden mit Transfers zu großen Clubs in Verbindung gebracht, das Transferfenster schließt am kommenden Dienstag, also einen Tag vor dem Moldau-Match. "Aber ich gehe davon aus, dass die Spieler Profis genug sind, um mit solchen Situationen umgehen zu können", betonte Foda.
Der 55-Jährige begrüßt seine Mannschaft am Montag erstmals seit dem EM-Achtelfinal-Out gegen Italien, schon einen Tag später steigt der Flug nach Chisinau, wieder einen Tag später wird die Partie gegen das Schlusslicht der Gruppe F angepfiffen. Es bleibt also praktisch keine Zeit für eine echte Vorbereitung. "Wir müssen der Mannschaft eben mit vielen Videosequenzen unsere Prinzipien und Handlungsmuster vermitteln", erklärte Foda.
Der enge Spielplan beim September-Lehrgang ist die Folge der im Vorjahr wegen der Corona-Pandemie abgesagten Länderspiele, die nun aufgeholt werden müssen, um die WM-Quali rechtzeitig zu Ende zu bringen. Dennoch hat Foda dafür nur bedingt Verständnis, vor allem der Mittwoch-Termin stößt ihm auf. "Da sollte man sich in Zukunft bei der FIFA und UEFA etwas überlegen."
Corona sorgte rund um die vergangenen Lehrgänge auch immer wieder für Verwirrung in puncto Kaderzusammenstellung, weil oft erst kurzfristig feststand, welche Kicker überhaupt anreisen durften. Diesmal hofft Foda auf einen stressfreieren Ablauf. "Es kann sich immer etwas ändern, doch im Moment haben wir keine negativen Infos. Wir gehen davon aus, dass wir die Spiele mit diesem Kader bestreiten können."
Mit dem Rücken zur Wand
Fodas Truppe liegt nach drei von zehn Partien nur auf Gruppenplatz vier, der Rückstand auf Spitzenreiter Dänemark beträgt fünf Punkte. Zudem weist der EM-Semifinalist das um 16 Treffer bessere Torverhältnis auf. "Wir kennen die Konstellation. Wir haben im März nicht so performt, wie wir uns das vorgestellt haben, und stehen jetzt mit dem Rücken zur Wand", sagte Foda.
Der Nationalcoach erinnerte jedoch an die jüngste EM-Quali, als man sogar mit zwei Niederlagen gestartet war. Danach folgten sechs Siege und ein Remis und damit die Fixierung des EM-Tickets. "Es ist positiv für die Mannschaft zu wissen, so eine Situation schon einmal bewältigt zu haben", meinte Foda. Allerdings reichte damals Gruppenrang zwei - mit dieser Platzierung wären die ÖFB-Kicker diesmal nur im Play-off, für das sie aufgrund des Nations-League-Gruppensieges 2019 wohl ohnehin qualifiziert sind.