Der grüne Rasen ist sein Kontrollraum, dort agiert Marko Arnautovic als großer Jongleur, er lässt den Ball tanzen und die Gegner laufen. Auf der Gefühlsebene aber, da spielen sich ganz andere Stückl´n ab, da ist der Fußballer daheim, in seinem Innersten. In besonders bewegenden Momenten sind die Emotionen nicht mehr zu bändigen, es zieht sie nach draußen. Angesprochen auf die lange Trennung von Frau und Kindern, gab der 32-Jährige dem Drängen nach und ließ den Tränen freien Lauf.
Die Corona-Pandemie hielt Arnautovic in China wie einen Gefangenen, der seinen Liebsten nicht mehr begegnen durfte. "Ich hatte für mehrere Monate meine Kinder und die Familie nicht gesehen. Das war nicht einfach. Ich habe sehr viel durchstehen müssen dort." Die Rückkehr war daher vor allem Befreiung. "Deswegen bin ich froh, wieder hier zu sein in Österreich und alles dafür zu geben, dieses Land glücklich zu machen und meine Familie glücklich zu machen."
Franco Foda saß daneben und spendete seinem Parade-Schützling Trost, indem er Marko beruhigend auf die Schulter klopfte. Der Teamchef hatte schon zuvor erklärt, sich dafür einzusetzen, dass die Spieler vor dem Start in die Euro am kommenden Montag noch einmal mit ihren Familien zusammenkommen können. "Man sieht bei Marko, wie enorm wichtig das ist."
Psychische und Physische Belastung
Auch die sportliche Komponente machte dem Shanghai-Legionär zu schaffen, im psychischen wie auch im physischen Bereich, denn die Absenz vom Nationalteam war auch mit Schlafentzug verbunden. "Ich musste bis vier Uhr früh wach bleiben, um die Spiele sehen zu können, das ist natürlich ein bisschen schwer", erzählte Arnautovic. "Es war kein gutes Gefühl, so weit weg zu sein und mitzuerleben, dass es auch nicht so gute Resultate gab."
Aber nicht alles war schlecht. "Wir hatten eine Supervorbereitung im Klub. Wir hatten sehr viele Freundschaftsspiele, so zehn bis zwölf. Mir ist es auch richtig gut gegangen. Dass mir zwei Wochen vor dem Treffen mit dem Nationalteam diese Verletzung passiert ist, ist natürlich schade. Aber wir brauchen nicht mehr zurückzublicken."
Denn die Zukunft namens Euro ist dafür schon viel zu nah. "Für mich ist es ein Super-Gefühl, wieder dabei zu sein. Gott sei Dank geht´s mir jetzt wieder gut. Ich sag immer, ich bin bei 100 Prozent, aber es darf noch ein bissel dazukommen." Ein ganzes Spiel wird sich gegen die Slowakei daher gewiss nicht ausgehen, eine halbe Stunde wäre wohl schon okay. "Der Trainer weiß, dass es mir gut geht, und dass es für 90 Minuten noch nicht reicht, ist klar. Wir arbeiten aber darauf hin, dass ich dann für die Euro voll bereit bin."