Es gilt, ein Fußballteam zu entschlüsseln, dem ein Nahverhältnis zur Weltmeisterschaft nachgesagt worden war, das sich aber mit einem 0:4 gegen Dänemark vorläufig davon verabschiedet hat. Es bleiben für die österreichische Nationalmannschaft die Chance auf Platz zwei und die Hoffnung auf Besserung bis zur Euro im Juni. Die aktuelle Frage aber lautet: Was sind die Gründe, warum das ÖFB-Team gegen eine Topnation chancenlos ist?

Die Ausfälle

Gegen Dänemark fielen neben Florian Grillitsch, Philipp Lienhart und Konrad Laimer mit Martin Hinteregger, Julian Baumgartlinger und Marko Arnautovic die wichtigsten Säulen jeder Formation aus. Sie waren auch in ihren Rollen als Leaderfiguren abgängig. Die verbleibenden Kräfte ließen Führungsqualitäten vermissen und schafften es nicht, einen Torschuss abzugeben, was mit fehlender Qualität zu tun haben muss.

Mangelnde Harmonie

In Zeiten wie diesen ist es schwer, eine Stammelf zu finden. Laufend notwendige Umstellungen verhindern, dass die Mannschaft zu einer eingespielten Einheit geformt werden kann. Gerade diese fußballerische Harmonie verhalf Österreich zur EM-Teilnahme 2016. In der Qualifikation vertraute damals Teamchef Marcel Koller rund 13 Spielern. An der Spitze war die Qualität höher, in der Breite fehlte es allerdings an Klasse.

Die Persönlichkeiten

Starke Charaktere wie Ex-Kapitän Christian Fuchs, der vom Nationalteam zurückgetretene, aber bei Salzburg noch aktive Zlatko Junuzovic oder auch Marc Janko werden im aktuellen Kader schmerzlich vermisst. Es gibt zwar so viele Legionäre wie nie zuvor, aber ihre Rollen bei den Klubs fallen eher bescheiden aus. Gerade in der Offensive sieht es düster aus.

Die Stürmer Michael Gregoritsch (Augsburg) und Adrian Grbic (Lorient) haben ihren Stammplatz verloren. Karim Onisiwo (Mainz), Louis Schaub (Luzern) bekommen zwar mehr Spielpraxis, ihre Chancen im ÖFB-Team konnten sie aber keineswegs nutzen. Die Qualitätvon Gernot Trauner und Andreas Ulmerreicht in Österreichs Bundesliga leicht aus, die Dänen brachten die Defizite des Duos jedoch zum Vorschein. Während Ulmer im ÖFB-Team in der Startelf steht, hat sein Salzburger Teamkollege Rasmus Kristensen nicht einmal im dänischen Großkader Platz.

Neben Torjäger Sasa Kalajdzic gibt es gerade noch Leipzig-Kapitän Marcel Sabitzer und Hoffenheim-Regisseur Christoph Baumgartner, die mit Spielwitz und Kreativität ihre Klubs bereichern. Die Dänen verkörpern im Gegensatz zu Österreich echte Weltklasse – mit Schlüsselfiguren bei Topklubs.

Die Spielweise

Welche Nationen praktizieren spektakulären Fußball? Deutschland, Frankreich, Italien, Portugal oder England bauen meist auf hohe Stabilität und verlassen sich auf die individuelle Klasse in der Offensive, die in Österreich nicht vorhanden ist. Das Pressing, mit dem viele aufgewachsen sind, führt nicht automatisch zum Erfolg. Auch Salzburg musste da zuletzt erfolgsmäßig Abstriche machen.

Foda und die Torhüterfrage

ÖFB-Präsident Leo Windtner will keine Teamchefdiskussion, aber diese ist längst in Gang gekommen. Einige Entscheidungen von Franco Foda sind zu hinterfragen. Nach der ersten Kader-Reduktion standen noch vier Torhüter zur Auswahl, doch der Teamchef beschränkte sich auf Alexander Schlager. Dieser stand schon im ersten Match gegen Schottland etwas neben der Spur, aber Foda setzte weiter auf den LASK-Schlussmann, der auch gegen Färöer unsicher wirkte und gegen die Dänen auf verlorenem Posten stand.

Jetzt ist Fußball-Österreich um die Erkenntnis reicher, dass Schlager für das Nationalteam nicht mehr Thema sein sollte, aber weiß das auch Foda? Alternativen wie Daniel Bachmann hätten sich eine Chance verdient, nun aber ist die Torhüterdiskussion neu eröffnet, doch vor der Euro stehen den Testpersonen Anfang Juni nur noch zwei Spiele (England, Slowakei) zur Verfügung.

Keine Schonung

Der Entschluss Fodas, den Großteil der Mannschaft in allen drei Partien aufzubieten, stellte sich als unglücklich heraus. Dänemarks Teamchef Kasper Hjulmand meinte, mit einem Einbruch der Österreicher gerechnet zu haben, und versetzte seinem Kollegen damit indirekt einen Nackenschlag. „In unserem Team waren alle frisch, wir haben sämtliche 23 Spieler eingesetzt. Die Österreicher haben wesentlich mehr Energie verbraucht, ich habe erwartet, dass sie in der zweiten Hälfte nachlassen werden.“ Also verschärften die Dänen nach der Pause das Tempo, dem Österreich nicht mehr folgen konnte. Die Foda zur Verfügung gestandene Einser-Elf hätte wohl mehr Schonung benötigt – ein mögliches Färöer-Debakel spielte in der Entscheidungsfindung aber sicher eine Rolle.

Die Alaba-Rolle

Dem Teamchef gelingt es auch nicht, aus einigen Spielern zumindest das herauszuholen, was sie im Klub zu leisten imstande sind. Die seit vielen Jahren diskutierte Rolle von David Alaba ist hier ein Knackpunkt. Bei den Bayern hat sich der 28-Jährige mittlerweile in der Innenverteidigung auf Weltklasseniveau bewegt – zumindest was das Spiel mit dem Ball anbelangt. Auf dieser Position oder als linker Außenverteidiger wäre er auch im Nationalteam besser aufgehoben gewesen. Marcel Sabitzer kommt bei Österreich nicht annähernd an seine Darbietungen bei Leipzig heran. Was das Duo verbindet: Beide sind keineswegs jene Leader, die die Mannschaft nach vorn pushen.

Die Spielidee

Dass Foda kein Trainer ist, der auf Teufel komm raus für Offensive steht, überrascht niemanden. Ihm zu unterstellen, den Bus vor dem eigenen Tor zu parken, Ballbesitz und Pressing abzulehnen, taktisch nicht flexibel zu sein sowie Kreativität unterdrücken zu wollen, entbehrt jedoch beim Anblick der Spiele und der Auswertungen des Datenmaterials jeglicher Grundlage. Die von ihm geschätzte Restverteidigung hat immerhin zur EM-Endrunde und in die A-Klasse der Nations League geführt. Gewisse Personalentscheidungen muss und wird Foda jedoch hinterfragen, seine Spielidee der manchmal wohl zu vorsichtigen Art mit einem daraus resultierenden Defizit an Leidenschaft wird er ebenfalls zu überdenken haben, aber eines kann er wohl nicht: die Qualität der Spieler auf ein Niveau bringen, sodass Österreich regelmäßig gegen Topnationen den Ton angibt.