Seit etlichen Tagen ging ein Gespenst um, nun wird es Realität, denn alle Bemühungen und Verhandlungen hinter den Kulissen liefen ins Leere. Der Beginn der Bewerbung um die Fußball-WM-Endrunde 2022 in Katar wird unter äußerst fragwürdigen und für Österreich ungünstigen Voraussetzungen über die Bühne gehen. Weil die Corona-Bestimmungen in Deutschland für Rückkehrer aus Großbritannien eine 14-tägige Quarantäne vorsehen, muss die Nationalmannschaft am 25. März im Match in Glasgow gegen Schottland auf die Legionäre aus der deutschen Bundesliga verzichten und daher mit einer B-Auswahl antreten.

Seit Tagen wurde in dieser Causa intensiv verhandelt, mehrere Optionen waren ins Spiel gebracht worden, auch eine Verlegung des Spielortes. Doch damit waren naturgemäß die Schotten nicht einverstanden. Einen Tausch des Heimrechts verwarf wiederum der ÖFB, weil das Team sonst im September mit drei Auswärtspartien in Serie konfrontiert gewesen wäre. Eine Verschiebung des Auftakts der WM-Qualifikation wurde von UEFA und FIFA indes nicht in Erwägung gezogen.

Noch nie so gesehen

Was das spielende Personal betrifft, so wird im Hampden Park jedenfalls eine Elf einlaufen, die in dieser Zusammensetzung bisher sicher noch nicht existiert hat. Von den Startaufstellungen der letzten Herbst-Partien blieben lediglich Salzburg-Veteran Andreas Ulmer und (übrigens gegen die damalige B-Auswahl Norwegens) Reinhold Ranftl (LASK) übrig. Auch China-Legionär Marko Arnautovic steht nicht zur Verfügung.

Es wird jedenfalls ein monströser Kader sein, den ÖFB-Teamchef Franco Foda am Freitag verlautbaren muss. Angesichts der hohen Belastung (drei Spiele innerhalb von sechs Tagen) wäre es in Absprache mit den Arbeitgebern der Akteure ohnehin notwendig gewesen, ein größeres Aufgebot einzuberufen. Durch die „Sperre“ der Deutschland-Legionäre für das Schottland-Spiel würde es keinesfalls überraschen, wenn an die 50 Spieler einberufen werden. Ein Teil wäre demnach nur für Glasgow vorgesehen und würde nur aus Fußballern der heimischen Bundesliga bzw. Legionären, die in Ländern mit nicht so strengen  Quarantänebestimmungen tätig sind, bestehen.

Vor allem Adrian Grbic (Lorient), Heinz Lindner (Basel), Louis Schaub (Luzern), Raphael Holzhauser (Beerschot), Peter Zulj (Göztepe), Daniel Bachmann (Watford), Stefan Schwab und Thomas Murg (beide PAOK Saloniki) kommen dafür infrage. Da die U21-Nationalmannschaft im März-Lehrgang nur zwei Freundschaftsspiele (gegen Saudi Arabien und Polen) bestreitet, könnten darüber hinaus auch einige hochbegabte Nachwuchskräfte hochgezogen werden wie etwa Yusuf Demir (Rapid) oder David Nemeth (Sturm).

Paradoxe Situation

Die Verantwortlichen im Österreichischen Fußballbund sehen sich gezwungen, den äußerst unbefriedigenden Status quo zähneknirschend zur Kenntnis zu nehmen. "Es handelt sich natürlich um eine Wettbewerbsverzerrung, aber eine Verschiebung ist wegen des dichten Terminkalenders nicht möglich, außer man würde die nächste Nations League streichen", meint ÖFB-Generalsekretär Thomas Hollerer. Doch gerade hier stehen die Österreicher einer paradoxen Situation gegenüber und sind ihr praktisch ausgeliefert. Denn vor allem in Corona-Zeiten ist der ÖFB mangels Zuschauer-Einnahmen aus wirtschaftlichen Gründen auf einen Bewerb wie die Nations League geradezu angewiesen.

Um sich nicht Vorwürfen auszusetzen, nicht alles versucht zu haben, schickte der ÖFB aber noch einen Brief an alle betroffenen deutschen Bundesliga-Klubs (Rund 20 österreichische Legionäre sind involviert), um eine Kulanzlösung zu erbitten. Man möge "im Doppelpass mit den lokalen Gesundheitsbehörden versuchen, Ausnahmegenehmigungen von den Bestimmungen für Fußballprofis zu erwirken." Die Erfolgsaussichten des Ersuchens gehen gegen null. Wegen der Quarantäne-Verordnungen sind die Klubs von der ansonsten herrschenden Abstellpflicht befreit.

Nicht auszudenken, sollte es etwa einen positiven Coronafall im Aufgebot für die Schottland-Begegnung geben. Dann müssten nämlich für die Heimspiele gegen Färöer (28. März) und Dänemark (31. März) wiederum  rund 20 neue Spieler gefunden werden.