Österreichs Fußball-Nationalmannschaft hat mit dem Gruppensieg in der Nations League das große Ziel in diesem Jahr erreicht. Dennoch herrschte mehr Ernüchterung als Feierlaune, zu schlecht war der Auftritt beim 1:1 im Wiener Happel-Stadion gegen eine norwegische Not-Elf. Danach bat Teamchef Franco Foda um Verständnis für seine Spieler.
Viele von ihnen seien durch den straffen Terminplan müde, erzählte der Deutsche. "Bei dem einen oder anderen hat man gespürt, dass die Frische fehlt." Dadurch seien auch die enttäuschenden Leistungen in diesem Lehrgang erklärbar. "Da merkt man beim Spiel gegen den Ball oder in der Rückwärtsbewegung, ob die Spieler noch Dynamik haben oder nicht."
Einige von Fodas Akteuren waren dermaßen geschlaucht, dass durch ein Last-Minute-Tor gerade noch ein 1:1 erzittert wurde, und das gegen eine wegen eines Corona-Falles völlig neu zusammengewürfelte norwegische Truppe. Allerdings seien die Skandinavier psychisch im Vorteil gewesen, betonte Foda. "Der Gegner hatte nichts zu verlieren, sie konnten Geschichte schreiben. Das hat man gespürt, sie haben mit viel Selbstvertrauen gespielt", meinte der Coach.
Foda wies auch darauf hin, dass es sich bei den kurzfristig einberufenen Spielern um Kicker von großer Qualität handelte, die fast durchwegs Stammspieler bei Klubs außerhalb Norwegens seien. "Obwohl sie nur ein Training hatten, haben wir gewusst, dass sie diese außergewöhnliche Situation beflügelt. Das sind alles Legionäre, die in ihren Vereinen eine wichtige Rolle spielen. Uns war klar, dass eine bissige Mannschaft auf uns zukommen wird, die alles versuchen wird, um für eine Überraschung zu sorgen."
Sieg wurde vorausgesetzt
Vom ÖFB-Team wiederum sei ein Sieg vorausgesetzt worden. "Wir waren die Mannschaft, die komplett alles verlieren konnte", erklärte Foda. Nicht nur deshalb sollte man mit seinen Kickern nicht hart ins Gericht gehen, forderte der 54-Jährige. "Ich weiß, dass sie alle in der Bundesliga spielen und Woche für Woche mit solchen Situationen konfrontiert sind. Aber sie sind nur Menschen, keine Maschinen."
Trotzdem habe man im Herbst ordentliche Leistungen abgeliefert, beteuerte Foda. "Ich wehre mich dagegen zu sagen, wir hätten den ganzen Herbst nicht gut gespielt. Wir hatten oft gute Phasen, konnten das nur nicht oft über 90 Minuten zeigen." Die Erwartungshaltung sei gestiegen, damit müsse man umgehen.
Foda zeigte aber auch Verständnis für Kritik. "Dieser Lehrgang war vom spielerischen Niveau her von dem, was wir uns vorstellen, nicht auf dem höchsten Level", gab der Teamchef zu. "Insgesamt war es kein ganz großes Spiel von uns, doch wir haben letztlich unser Ziel erreicht." Entscheidend sei der Aufstieg in Liga A, "damit die Menschen sich freuen, und ich denke, das haben sie getan".
Nun gelte es, die richtigen Lehren für das ereignisreiche kommende Jahr zu ziehen. "Es ist durchaus eine Überlegung, dass wir vielleicht in Pflichtspielen mehr rotieren", sagte Foda. Zuletzt hatte der Nationaltrainer in Bewerbspartien nur kleinere Personal-Adaptierungen vorgenommen, so auch gegen Norwegen. "Unsere Idee war, nicht so viel zu verändern, damit die Automatismen besser funktionieren. Deswegen wollte ich die Mannschaft nicht komplett umkrempeln. Die Erkenntnis ist, dass wir vielleicht doch mehr rotieren müssen, wenn die Spieler überstrapaziert sind."
Die Strapazen werden sich bis zum nächsten Lehrgang im März 2021 verstärken, wenn die Spieler eine ungewöhnlich kurze Winterpause hinter sich haben und einige von ihnen mitten in Europacup-Wochen stecken. Er habe diesbezüglich schon jetzt "einige Bedenken", gestand Foda. "Das wird extrem intensiv. Man kann sagen, das betrifft alle, aber es gibt schon Nationalmannschaften, wo viele Spieler international spielen und höher belastet sind."
Genau zu diesem Zeitpunkt erfolgt der Start zur WM-Qualifikation, und nicht einmal drei Monate später steht schon die EM auf dem Programm. Dazwischen liegen zahlreiche Partien auf Klub-Ebene. "Man kann nur hoffen, dass die Spieler alle gesund bleiben und diese intensiven Phasen gesund überstehen", sagte Foda.
Starke Bilanz
Echter Schwung wurde ins kommende Jahr keiner mitgenommen, obwohl sich die Bilanz 2020 mit sechs Siegen, einem Unentschieden und einer Niederlage sehen lassen kann. "Eine Euphorie kann eben im Moment schwer entstehen, wenn keine Fans im Stadion sind", sagte Foda und kündigte mit Blick auf die Coronavirus-Pandemie an: "Wenn es wieder in Richtung Normalität geht, wird auch wieder eine Euphorie kommen."
Bis dahin werden Foda und sein Trainerstab erst einmal "zwei, drei Tage abschalten", weiterhin Spieler beobachten und die kommenden Gegner analysieren. Bei der EM geht es in der Gruppenphase gegen Nordmazedonien, die Niederlande und die Ukraine, die Kontrahenten in der WM-Qualifikation werden am 7. Dezember ermittelt. Dabei wird Österreich aus Topf zwei gezogen.