Derzeit ist ja oft die Rede vom „Brexit“ – der Ausstieg Großbritanniens aus der EU, der im Falle des „Hard Brexit“ auch die Wiedereinführung der Grenze zwischen Irland und Nordirland beinhalten würde. Und lange durfte man im Wiener Happel-Stadion der Meinung sein, dass die nordirische Fußball-Nationalmannschaft hauptberuflich die Grenze dort dicht machen soll – so eng und kompakt machte die an sich mediokre Auswahl von der Insel die Räume rund um den Strafraum. Mit dem Ball dorthin zu gelangen, daran mühte sich Österreichs Team lange Zeit vergeblich ab. Es gab praktisch kein Durchkommen – zumindest nicht im Zentrum. Und zumindest nicht in Hälfte eins.
Ein ums andere Mal liefen sich die Österreicher im Zentrum an der Menschenmauer 20 Meter vor dem Tor von Michael McGovern fest. Die Nordiren, die die Enttäuschung der verpassten EM-Qualifikation wegstecken mussten, hatten eine klare Idee: Hinten kein Tor machen und vorne auf ein Wunder hoffen, um Zählbares mit zurück auf die Insel zu nehmen.
Wobei man sagen muss: Die Österreicher machten es den Nordiren nicht allzu schwer. Es fehlte an Präzision im Passspiel, an Ideen, um das Bollwerk über die Außenbahnen zu knacken. Es fehlte an „Tiefgang“, wie das neudeutsch heißt, an den exakten Pässen in die Tiefe, hinter die Abwehr. Dabei wäre von den Namen, die ÖFB-Teamchef Franco Foda aufbot, mehr zu erwarten gewesen, denn im Vergleich zum glanzlosen 3:0 in Luxemburg hatte Franco Foda mit Torhüter Pavao Pervan und Martin Hinteregger gerade einmal zwei Akteure in der Startelf belassen, ansonsten durfte sich die verfügbare „A-Garnitur“ mit Ausnahme von Marko Arnautovic versuchen.
Doch die Versuche brachten trotz über 70 Prozent Ballbesitz wenig ein, die Nordiren hatten sogar nach einem der Konter durch Liam Boyce (8.) die erste große Chance. Und bei den Österreichern war ein knapp verpasster Ball von Stefan Ilsanker (9.) nach einer der seltenen gelungenen Aktionen die einzige Gefahr.
Foda versuchte in der Pause zwar zu reagieren, aber die Charakteristik des Spiels blieb, wie sie war: Die Nordiren mischten zwischen wenigen Pressingphasen und Beton in der Abwehr ab, die Österreicher blieben ohne zündende Idee, ohne Einfälle, wie man den Riegel knacken sollte – daran änderte auch die Hereinnahme von Marko Arnautovic wenig. Im Gegenteil: Weil Andreas Ulmer einmal zu spät herausrückte, stand in Minute 74 Josh Magennis völlig frei am Sechzehner, machte zwei, drei Schritte auf Pervan zu und schoss ein – zum Schrecken der Abwehr.
Doch der Schrecken fand ein Ende: Weil der eingewechselte Adrian Grbic zunächst auf den eingewechselten Louis Schaub ablegte, der traf (81.). Und weil der Frankreich-Legionär sechs Minuten später selbst zum 2:1 einschoss. Ein Sieg ohne Glanz, der wenig ändert – sollte man gegen Norwegen am Mittwoch spielen, muss man punkten.