Franco Foda steht mit der österreichischen Fußball-Nationalmannschaft kurz vor dem Ziel. Schon ein Punkt am Samstag (20.45 Uhr/live ORF 1) im Wiener Happel-Stadion gegen Nordmazedonien reicht, um die Teilnahme an der EURO 2020 zu fixieren. Im Gespräch mit der APA warnte der Teamchef allerdings vor verfrühter Euphorie und zog auch eine Resümee seiner bisher zweijährigen Amtszeit.
Der zweite Gruppenplatz ist vor den Spielen gegen Nordmazedonien und Lettland mit fünf Punkten Vorsprung abgesichert. Was soll da noch schiefgehen?
Im Fußball muss man immer auf der Hut sein, aber wir haben eine super Ausgangsposition, die wir uns durch sehr gute Spiele erarbeitet haben. Die Mannschaft ist jetzt hungrig, jeder will zur EM. Trotzdem haben wir noch nichts erreicht. Wir haben es zwar in der eigenen Hand, doch es gilt weiter hochkonzentriert und fokussiert zu arbeiten. Wir werden gegen Nordmazedonien nur gewinnen, wenn wir mit der gleichen Leidenschaft, Hingabe und Spielfreude agieren wie gegen Slowenien.
Wie groß war Ihre Sorge nach den beiden Niederlagen zum Quali-Auftakt, dass es mit der EM nicht klappen könnte?
Ich habe in dieser Situation immer an die Mannschaft geglaubt, und die Mannschaft hat an sich geglaubt.
Nach den Niederlagen gegen Polen und Israel und vor den Juni-Spielen gegen Slowenien und Nordmazedonien war die Lage auch für Sie persönlich brenzlig. Hatten Sie damals Angst um Ihren Job?
Nein, die hatte ich nie. Ich bin mit dieser Situation sehr kritisch, aber auch relaxed umgegangen. Ich habe die beiden ersten Spiele nicht so schlecht gesehen wie einige im Umfeld oder in der Öffentlichkeit. Wichtig war, dass wir intern ruhig geblieben sind und die richtigen Schlüsse gezogen haben. Ich habe nie an unserer Arbeit oder an der Mannschaft gezweifelt. Man darf nicht vergessen, dass ich das Team umstrukturieren musste - es gab Rücktritte, ich habe viele Junge eingebaut, wir haben unterschiedliche Systeme gespielt, wollten flexibler sein. In so einem Prozess gibt es auch immer wieder kleine Rückschläge. Dass es dann extern unruhig wird, ist normal, doch ich bin schon sehr lange in diesem Geschäft und lasse mich in schwierigen Situationen nicht entmutigen. Man muss aber auch den Erfolg aushalten können, also demütig und bodenständig bleiben, und das ist bei mir der Fall.
Waren Sie überrascht, wie schnell die Stimmung im März gekippt ist?
Ich lebe schon lange in Österreich und weiß, dass es oft nur Schwarz oder Weiß gibt, weil alles sehr ergebnisorientiert ist. Deshalb war das für mich auch kein großes Problem.
Mit welchen Maßnahmen ist Ihnen die Trendwende gelungen?
Ich habe mit vielen Spielern Gespräche geführt und wollte mir ihre Sichtweise anhören. Als Trainer ist die Eigenreflexion wichtig, man muss aber auch das Feedback der Spieler wahrnehmen. Das war die Basis, um wieder erfolgreich zu sein. Das Wichtigste war, dass ich der Mannschaft weiter mein Vertrauen geschenkt habe. Viele haben nach den beiden Niederlagen erwartet, dass ich auf dem Spielersektor viele Veränderungen vornehmen werde, aber ich habe genau das Gegenteil getan, weil ich von diesen Spielern überzeugt war. Wir haben an unserem Konzept festgehalten und nicht alles über den Haufen geworfen.
Wie fällt Ihr Zwischenresümee nach Ihrer zweijährigen Amtszeit aus?
Die Entwicklung geht in die richtige Richtung, sie ist aber noch nicht zu Ende. Wir haben eine gute Mischung zwischen jungen und erfahrenen Spielern. Gerade in schwierigen Situationen wie nach den beiden Niederlagen lernt man den Charakter der Spieler richtig kennen, und da waren die Erfahrungen sehr positiv. Keiner hat nach Ausreden gesucht, jeder hat seine eigene Leistung kritisch reflektiert. Wir haben einen guten Stamm gefunden und sind in der Lage, zwei oder drei Systeme zu spielen. Die taktische Ausrichtung ist immer gleich - wir wollen den Gegner früh attackieren, schnelle Balleroberungen erzielen und schnell nach vorne spielen. Jetzt haben wir auch die Qualität, gegen tiefstehende Gegner Geduld zu haben und Chancen herauszuspielen. Das gibt der Mannschaft Vertrauen.
In welchem Bereich ist das Team schon dort, wo Sie es haben wollen, und wo gibt es noch Luft nach oben?
Wir haben sicher noch Potenzial bei der Chancenverwertung. Ansonsten funktioniert die Mannschaft schon ganz gut, sie ist selbstständig geworden. Ich habe den Spielern vermittelt, dass sie in der Offensive viele Freiheiten haben, ihre Kreativität ausleben können und mit viel Risiko Fußball spielen sollen. Die zweite Sache ist, dass wir als Mannschaft wieder gemeinsam versuchen, den Ball zurückzuerobern. Außerdem sind wir in der Lage, Rückstände aufzuholen und können ein knappes Ergebnis bis zum Ende verteidigen, ohne große Chancen zuzulassen. Und die Spieler regeln gewisse Situationen intern. Es gab ja einen Fall, den wir intern ruhig abgehandelt haben. Das zeigt, dass die Mannschaft gereift ist.
Sie meinen damit die ausgiebige Geburtstagsparty von Martin Hinteregger vor dem Polen-Match?
Ja. Mir hat imponiert, wie geschlossen da die Mannschaft aufgetreten ist und auch Martin unterstützt hat, denn jeder Mensch macht Fehler. Ich glaube, das hat uns auch noch einmal ein Stück zusammengeschweißt.
Da könnte man fast vermuten, dass dem Team mehr nächtliche Ausflüge von Nationalspielern guttun würden.
Im Mannschaftssport gibt es Regeln, an die sich jeder Spieler halten muss. Nächtliche Ausflüge vor einem Spiel gehören da nicht dazu. Das wichtigste ist, dass der Spieler die richtigen Schlüsse gezogen hat und seinen Fehler eingestanden hat. Das Thema ist für mich erledigt.