Wie weit die Entwicklung im U21-Nationalteam fortgeschritten ist, machte sich nach dem 1:1 gegen Deutschland bemerkbar. Hätte es früher Jubelstürme über ein Remis gegen die Fußballgroßmacht gegeben, machte sich diesmal Enttäuschung breit. Alle wussten, eine große Chance vergeben zu haben, Historisches zu schaffen und mit einem Halbfinaleinzug erstmals das Olympiaticket zu lösen. Eben dieser Prozess stellt eine Zäsur dar. Geben sich österreichische Mannschaften oft gerne mit einem Achtungserfolg zufrieden, trieb der Ehrgeiz diesen Jahrgang, der mit seiner Geschlossenheit jeden Gegner vor Probleme stellte, zu Höchstleistungen an.
Bis auf die erste Spielhälfte gegen Dänemark überzeugte die rot-weiß-rote Auswahl. Kevin Danso, Stefan Posch und Philipp Lienhart, die allesamt schon im A-Nationalteam mitwirkten, stachen hervor. Xaver Schlager, eine weitere A-Team-Stütze, merkte man an, dass der Kräfteverschleiß in dieser Saison (zu) hoch war, wenngleich er in der internen Mittelfeldhierarchie als unantastbar galt. Auch Torhüter Alexander Schlager, Maximilian Ullmann, Husein Balic, Sascha Horvath oder Sasa Kalajdzic darf bei durchdachter Karriereplanung durchaus zugetraut werden, Debüts für Österreichs A-Team zu feiern.
Der Außenknöchelbruch von Hannes Wolf ließ nicht nur die rot-weiß-rote Offensive geschwächt zurück, sondern offenbarte ein Grundproblem: Österreich hat, im Gegensatz zur geballten Defensivpower, zu wenige Spieler, die mit Kreativität und individueller Klasse den Unterschied ausmachen. Ein Ausfall von Wolf kann nicht kompensiert werden. ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel kündigte bereits an, in den Landesausbildungszentren (LAZ) und den Akademien anzusetzen. Der Wiener will mehr Kreativität in den LAZ zulassen und weniger Regeln vorgeben. Dazu gilt es, in den Akademien vor allem im athletischen Bereich aufzuholen, um näher an die Topnationen heranzurücken. Denn das Ziel muss es sein, sich nicht nur für Endrunden zu qualifizieren, sondern auch dort eine größere Rolle zu spielen.
Alles in Bewegung setzen sollte der ÖFB auch in Bezug auf die Professionalität, die im internationalen Vergleich längst Standard ist. Der 23-köpfige Betreuerstab bewährte sich bei der U21-EM. Betreuer, die sich auf ihren Fachbereich konzentrieren, tragen einen wesentlichen Teil bei. Hier sollte auch im Nachwuchs, wo die Basis für spätere A-Team-Erfolge gelegt wird, nicht gespart werden.
Der Hype muss konserviert werden
Ein Lerneffekt darf auch in puncto Euphorie erhofft werden. 2017 schaffte es der ÖFB nicht, den dritten Platz der Frauen bei der EM in den Niederlanden und den damit verbundenen Hype zu halten. Auch die U21 war es vor der EM gewohnt, vor trostlosen Heimkulissen von rund 1000 Zusehern zu spielen. Die Begeisterung, die in Italien aufkam, soll nicht erneut schnell verfliegen.
In diesem Bereich ortet Schöttel „extremen Nachholbedarf“. Um die „verdiente Unterstützung in Heimspielen“ zu bekommen, werden Wr. Neustadt und Hartberg als mögliche Austragungsorte gehandelt. Am 5. September startet die EM-Qualifikation in Andorra. Die Heimpremiere erfolgt am 11. Oktober gegen die Türkei. Ein Quintett dieses EM-Kaders ist noch spielberechtigt. An der Endrunde 2021 in Slowenien und Ungarn nehmen erstmals 16 Nationen teil. Hoffentlich auch Österreich.