Es gibt leichtere Aufgaben für einen Österreicher, als Teamchef von Israel zu sein. Was sind die größten Herausforderungen für Sie?
ANDREAS HERZOG: Für mich war es schwierig, weil ich mit viel Skepsis empfangen wurde, auch dem geschuldet, dass ich 2001 Israel mit meinem Tor zum 1:1 aus der WM-Quali geschossen habe. Dazu kommt die Sprache. Ich lerne ein paar Brocken Hebräisch, aber es ist sehr schwierig. Ansprachen kann ich keine halten. Die halte ich alle auf Englisch. Mein Co-Trainer übersetzt zusätzlich.
Drei Siege und drei Niederlagen haben Sie in Ihrer Bilanz stehen. Wie fällt Ihr Resümee aus?
Wir haben bewiesen, dass wir zu Hause sehr gut spielen können. Auswärts müssen wir ordentlich zulegen, sonst wird das mit der EM 2020 nichts. Wobei wir vielleicht noch die Chance haben, ins Play-off der Nations League zu kommen.
Bevor es so weit ist, warten in der am 21. März beginnenden EM-Qualifikation Slowenien, Österreich, Lettland, Polen und Nordmazedonien. Welche Chancen rechnen Sie sich aus?
An einem guten Tag können wir jeder Nation Probleme bereiten, aber umgekehrt bekommen wir an einem schlechten Tag überall Probleme.
Am 24. März kommt es in Haifa zum Duell Israel, Weltrangslisten-92., gegen den 23., Österreich. Inwiefern spiegelt das die Leistungsstärke wider?
Österreich hat sich in den vergangenen Jahren zu einer guten Mannschaft entwickelt, die überall bestehen kann. Österreich ist nicht Weltklasse, das waren wir aber eh noch nie. Mit Alaba, Arnautovic oder Hinteregger gibt es absolute Kaliber. Dazu gibt es jüngere Spieler, die sich super entwickeln. So weit sind wir in Israel noch nicht.
Wie sieht es mit dem Niveau der heimischen Liga aus?
Technisch und spielerisch ist das sehr hoch, aber Tempo und Intensität sind nicht so hoch wie in den Topligen. Das Problem ist auch, dass es im Sommer wegen der Hitze fast unmöglich ist, hohes Tempo zu spielen. Mir wäre es in meiner aktiven Karriere zu heiß gewesen. Ich war glücklich, wenn es in Bremen geregnet hat.
Geduld ist in Israel meist ein Fremdwort. Inwieweit können Sie in Ruhe arbeiten?
Sportdirektor Willi Ruttensteiner hat ein Konzept vorgelegt, von dem Israels Fußball langfristig profitieren wird. Aber ich bin Teamchef. Für mich gilt es, so schnell wie möglich Erfolge zu feiern. Das ist mir klar.
Sie sind seit 14 Jahren im Trainergeschäft, haben aber noch nie eine Klubmannschaft trainiert. Warum eigentlich?
Beim ÖFB zu beginnen, war ein Riesenglück. Amerika auch fantastisch. Und jetzt hat sich diese Chance in Israel aufgetan, wo ich das erste Mal A-Teamchef bin. Es macht Spaß, auch wenn man nicht diesen tagtäglichen Stress hat. Der Nachteil ist, dass du nach einer Niederlage oft drei Monate zu knabbern hast, bis du das nächste Spiel hast. Im Klub kannst du das gleich drei Tage später ausbessern. Interessant ist, dass ich wie als Spieler auch jetzt als Trainer mehr Zeit im Ausland verbringe.
Früher haben Sie in der Abwehr auf eine Viererkette gesetzt, in Israel lassen Sie jetzt mit einer Dreierkette spielen. Warum?
Das passe ich an die Qualitäten der Spieler an. Ich habe lieber ein System, das man richtig gut spielen kann. Es hilft nichts, viele Systeme zu spielen, aber keines richtig intus zu haben.
Vor Ihrer Ära gab es Probleme zwischen jüdischen und arabischen Spielern im israelischen Kader. Wie haben Sie das in den Griff bekommen?
Das war nie ein Problem für mich. Ich habe allen gesagt, dass wir eine Fußballmannschaft sind. Wir müssen miteinander erfolgreich sein. Ich habe früher auch Multikulti in diversen Mannschaften gehabt. Aber da kann Fußball schon auch eine Vorreiterrolle einnehmen, wenn man als Mannschaft an einem Strang zieht.
Sie leben in Israel allein. Ihre Frau Katharina und Ihre beiden Söhne Luca und Louis sind in Österreich geblieben. Warum?
Beide spielen bei der Admira Fußball. Luca ist ins Gymnasium gekommen. Da wollte ich sie nicht herausreißen.
Welchen Wunsch haben Sie für die EM-Qualifikation?
Wenn Israel und Österreich sich gemeinsam für die EM 2020 qualifizieren würden, wäre es ein Traum.