Nur wenige Wochen nach der überragenden EM mit Platz drei startet Österreichs Frauen-Nationalteam gegen Serbien in die WM-Qualifikation. Wie war das Wiedersehen mit dem Team für Sie?
Dominik Thalhammer: Großartig, weil die Zeit nach der EM eigentlich gar nicht so leicht gefallen ist. Die ersten Tage ist man fast ein bisschen in ein Loch gefallen, weil man doch über Wochen zusammen war. Das war schon sehr familiär und es hat alles so gut funktioniert. Zu Hause hat meine Frau schon gefragt, warum ich dauernd von der Euro schwärme.
Seit 2011 sind Sie Teamchef der Frauen, noch während der EM haben Sie gemeint, es ist offen, ob Sie im Amt bleiben. Was hat für Sie nun den Ausschlag gegeben, doch weiterzumachen?
Natürlich habe ich überlegt, was nach so einem Höhepunkt noch kommen kann, ob noch irgendwelche Potenziale da sind. Wir sind aber, auch als Mannschaft, der Meinung, dass die EM noch nicht das Ende, sondern der Anfang war und wir das Potenzial haben, vielleicht noch Größeres zu erreichen.
War das noch nicht ausgeschöpfte Potenzial der einzige Grund für Ihren Verbleib?
Nein, das war auch die Euro an sich. Weil viele gesagt haben, die EM ist jetzt Vergangenheit. Aber die wird für uns nie Vergangenheit sein. Wir tragen das, was wir dort erlebt haben, weiter. Das ist Gegenwart und Zukunft. Wir haben als Mannschaft gezeigt, was man als Außenseiter mit Träumen, mit Visionen, mit Zielen, Disziplin und Begeisterung alles erreichen kann. Die Euro ist für uns der Wegweiser in die Zukunft.
Die Zukunft heißt nun WM-Qualifikation. Wie sehen Sie Ihr Team in der Gruppe mit Spanien, Serbien, Israel und Finnland – als Außenseiter oder Favorit?
Uns als Gruppenfavorit zu sehen, wäre vermessen. Spanien steht über uns. Wenn wir gegen dieses Team spielen, sind wir immer noch Außenseiter. Aber wenn wir gegen andere Gegner wie Serbien antreten, dann sind die Kräfteverhältnisse klarer. Dann wird man, vor allem was die Offensive betrifft, die Spielweise auch etwas ändern müssen. Weil wir mehr Ballbesitz haben und brauchen werden, um diese Gegner auszuspielen.
Apropos Serbien. Gegen dieses Team starten Sie heute in die WM-Qualifikation. Was wird der Schlüssel zum Erfolg sein?
Die Umstellungsfähigkeit, nicht in einem EM-Semifinale vor 10.000 Zusehern zu spielen, sondern vielleicht vor 100. Auch die Adaptierung der Spielweise in der Offensive. Wir müssen jetzt mehr die Mannschaft sein, die agieren muss.
Wo sehen Sie sportliche Verbesserungsmöglichkeiten?
Es gibt viele Möglichkeiten, vor allem im Offensivspiel, wo wir uns nach oben entwickeln können. Wir haben schon bei der EM eine Philosophie des Erfolges gewählt. Das muss, glaube ich, immer an vorderster Stelle stehen, weil Erfolg immer über allem steht.
Was werden also die kommenden Schritte sein?
Die Zieldefinition ist wieder wichtig, welche Ziele wir uns intern setzen. Und natürlich, dass wir uns immer auf unsere Werte besinnen wollen. Die gewisse Bodenständigkeit, Lockerheit, ein respektvoller Umgang miteinander. Diese Werte sind unglaublich entscheidend und sollen uns zu den neuen Zielen tragen.
Kann die Teilnahme an der WM als ein Ziel genannt werden?
Ja, natürlich. Wenn man in eine Qualifikation hineingeht, kann ich nicht sagen: Platz drei ist das Ziel. Auch wenn wir wissen, dass die Teilnahme unglaublich schwer zu erreichen sein wird. Weil in Europa nur acht Startplätze für die WM vergeben werden. Aber die Vergangenheit hat gezeigt, was alles möglich sein kann. Wir wollen uns keine Grenzen setzen.