Sie kommen voller Selbstvertrauen ins Nationalteam, haben in elf Pflichtspielen für Hannover acht Treffer erzielt. Wie fühlen Sie sich?
MARTIN HARNIK: Ich habe etwas gebraucht, um wieder in Form zu kommen. Durch die EM und den späten Vereinswechsel habe ich die Vorbereitung größtenteils verpasst – erstmals in meiner Karriere. Ich habe nicht geglaubt, dass das so schwer wiegt. Dann habe ich immer kleine Rückschläge durch Verletzungen gehabt. Jetzt kann ich endlich wieder über 90 Minuten spielen. Dass wir erfolgreich sind und ich derzeit das Tor treffe, macht richtig Spaß.
Wie bewerten Sie den Schritt, zum Zweitligisten Hannover gewechselt zu sein?
HARNIK: Richtige Topmannschaften wie Bayern, Schalke, Leverkusen oder Dortmund fehlen schon. Aber ich glaube, dass viele der Klubs in der zweiten Bundesliga den Klassenerhalt in der Bundesliga schaffen würden. Wir nehmen die Rolle, aufsteigen zu wollen und zu müssen, an. Den Anspruch haben wir. Das heißt ja nicht, dass wir aufsteigen werden. Aber es ist um einiges sympathischer, ein Ziel klar zu definieren.
Inwiefern sind Sie privat schon angekommen?
HARNIK: Ich habe mit einem guten Gefühl in Hannover unterschrieben. Aber das war nicht ansatzweise so gut wie jetzt. Es passt für uns alle super.
Ihre Tochter ist sieben Monate alt. Wie kommen Sie mit der Vaterrolle zurecht?
HARNIK: Die ist wunderschön. Meine Tochter ist sehr pflegeleicht. Wobei das größte Lob an meine Frau geht. Sie übernimmt die Schichten und erwartet keine große Hilfe von mir. Ich versuche aber anzupacken, so gut es geht. Wobei jeder Vater bestätigen kann, dass am Ende nur die Mama so richtig helfen kann.
So richtig helfen könnten Sie dem Nationalteam. Profitiert die Mannschaft von Ihrer Routine?
HARNIK: Man kann niemanden aufgrund des Alters in eine Rolle hineindrängen. Ich war schon immer einer, der im Klub und im Nationalteam auf und neben dem Platz Verantwortung übernommen hat.
Sie sind einer der wenigen Spieler Österreichs, die zwei EM-Teilnahmen erlebt haben ...
HARNIK: ... und ich habe keine einzige genießen können. Wir waren viel zu kurz dabei. Es hat keinen Spaß gemacht.
Warum nicht?
HARNIK: Das Ungarn-Spiel war entscheidend. Die Anspannung und die Erwartungshaltung waren zu groß. Wir sind mit dem Gedanken ins Spiel gegangen: Die müssen wir weghauen, wir sind der Favorit. Wir haben uns von der ersten Minute an gefragt, wann endlich das 1:0 fällt. Das war der entscheidende Faktor, warum wir so verkrampft waren. Gegen Ungarn waren wir uns zu schade, einen Punkt mitzunehmen. Das war der größte Fehler. Aber genau das muss uns reifen lassen. Wir haben uns bei der EM unter Wert verkauft. Das ist nur an uns gelegen, weil wir nicht das gezeigt haben, was wir können. Das haben wir endgültig abgehakt.
Vom Stamm hat nur Ex-Kapitän Christian Fuchs seine Teamkarriere beendet. Ansonsten gibt es nur punktuell Kaderänderungen. Ist das ein Vorteil?
HARNIK: Eine Blutauffrischung ist normal. Neue Qualität, Frische und Unbekümmertheit tun uns gut. Ich habe ja schon etwas Erfahrung im Nationalteam und viele kommen und gehen sehen. Zwischendurch hat es einen irren Wechsel gegeben. Da waren bei jedem Lehrgang fünf neue Gesichter dabei (lacht). Jetzt haben wir mehr Kontinuität.
Sie sind 29 Jahre alt. Welche Ziele haben Sie noch im Nationalteam?
HARNIK: Bis zur EM 2020 muss ich schon noch durchbeißen (lacht). Realistisch ist aber die WM 2018, da will ich hin. Freiwillig will ich die Nationalteamkarriere nicht beenden. Wenn es so weit ist und ich merke, es geht nicht mehr, akzeptiere ich es. Aber ich merke jetzt schon, wie kurz so eine Karriere ist. Da genieße ich jeden Moment.
Am Samstag gibt es so einen wieder. Im ausverkauften Happel-Stadion ist Irland in der WM-Qualifikation zu Gast. Was erwarten Sie sich?
HARNIK: Die Iren stehen für Leidenschaft, Zweikampfstärke und Kompromisslosigkeit bis zum Ende. Ich spiele drei Mal lieber gegen einen Zlatan Ibrahimovic als gegen zwei solcher Kampfsäue dieser Iren. Wir brauchen am Samstag aber Punkte. Mit einem Sieg können wir zu Irland aufschließen und sind oben dabei. Die Gruppe mit Serbien, Wales, Irland und uns ist sehr ausgeglichen. Das bleibt wohl bis zum Ende so.