Marcel Hirscher – Mutter Niederländerin, Vater Österreicher – ist das prominenteste Beispiel für familiäre Connections dieser beiden Länder, aber bestimmt nicht das einzige. Es gehört zu den schönsten Seiten des Fußballs, wenn er seine länderverbindende Wirkung entfacht. Vor dem EM-Gruppenspiel zwischen „Oranje“ und Rot-Weiß-Rot war dies beispielsweise in der niederländischen Fanzone bei der Messe Berlin wunderbar zu beobachten.
Dort stach Patrick mit seinem roten Österreich-Trikot aus dem orangen Meer doch sehr eindeutig heraus. Wohl aus Rechtfertigungsgründen führte er ein Schild mit der Aufschrift „I lost a bet“ spazieren. „Meine Freundin Odette ist Holländerin. Wir haben Schnick, Schack, Schnuck gespielt, in welche Fanzone wir gehen“, erweist sich Patrick als guter Verlierer, während Odette ihre Freude, mit den Landsleuten vorglühen zu dürfen, kaum verbergen kann.
Mama Steffi trägt Orange, Papa Michael Rot, Tochter Yana Orange, Sohn Florian Rot, dieses EM-Duell kann selbst in Familien zwei Herzen in jeder Brust schlagen lassen. Wobei dieses nur sprichwörtlich mögliche Phänomen auch bei einzelnen Personen vorkommt. Arud hat sich nämlich extra eine Fusion aus niederländischem und österreichischem Trikot anfertigen lassen. Der gebürtige Holländer lebt seit elf Jahren in Westendorf. „Ich drücke beiden Teams die Daumen“, wünscht er sich ein Unentschieden. Einzig das Stirn- und Schweißband in Rot-Weiß-Blau deuten dann doch leichte Tendenzen pro Heimat an.
Die Österreicherin Sophie und ihr niederländischer Freund Jeroen setzen jeweils auf 2:1 für ihr Land. Wobei Jeroen doch noch umschwenkt: „Eigentlich will ich, dass Österreich gewinnt, denn wir sind eh schon weiter.“ Angenehmer Nebeneffekt: Das hieße auch Happy wife, happy life.
Die ÖFB-Fans haben wie schon vor dem Sieg gegen Polen erneut den Breitscheidplatz als ihren Treffpunkt auserkoren. Dies ließ sich unter anderem auch Ex-Teamchef Franco Foda nicht entgehen. Der Vorgänger von Ralf Rangnick musste sich 2021 bei der Euro gegen die Niederlande mit 0:2 geschlagen geben. Die Anhänger der Elftal wiederum stimmten sich mit einer Party bei der Messe auf den traditionellen Fanmarsch ein. Bei sommerlichem Traumwetter sorgten die vielen verkleideten Fans für Faschings-Feeling. Von „Ruud Gullit“ über die königliche Familie war alles dabei, was Rang und Namen hat. Auch der Nikolaus outete sich als Holland-Fan.
Die orange Parade in Richtung Olympiastadion wurde dann wie gewohnt vom „Oranjebus“ angeführt. Genau gesagt, sind angesichts der Fanmassen sogar zwei Busse im Einsatz, die beim Wandertag für gute Laune und musikalische Beschallung sorgen. Oft gehörter ÖFB-Chant dazu: „Orange ist nur die Müllabfuhr.“ Das ist natürlich weder charmant noch länderverbindend. Aber ein bisschen Rivalität gehört ja genauso zum Fußball.