Am Sonntag gab es die Premiere. Erstmals in dieser Woche musste das Nationalteam in Windischgarsten nicht im Regen trainieren, zwischendurch ließ sich am Tag des Herrn sogar die Sonne blicken. Dennoch entschieden sich die Verantwortlichen rund um Teamchef Ralf Rangnick, angesichts der Wetter-Prognosen die Notbremse zu ziehen und am Montag frühzeitig nach Wien zu übersiedeln. Das eigentlich noch in der oberösterreichischen Marktgemeinde geplante Abschlusstraining für den Test gegen Serbien am Dienstag findet nun im Ernst-Happel-Stadion statt. Ob mit oder ohne Romano Schmid hängt ist noch unklar: Der Werder-Legionär erlebte am Sonntag die Geburt seines zweiten Kindes in Graz mit.
Auch den Regen „überlebt“
Bisweilen ist also auch bei einer eigentlich recht penibel durchgeplanten Unternehmung wie einer EM-Mission Spontanität gefragt. „Am Sonntag war es nicht optimal, weil es die letzten Tage durchgeregnet hat, aber auch dieses Training hamma überlebt“, grinst Stefan Posch. Die flapsige Ausdrucksweise unterstreicht, dass sich die ÖFB-Spieler von solchen Widrigkeiten nicht aus dem Konzept bringen lassen. Ganz im Gegenteil. Christoph Baumgartner empfand die Platzverhältnisse in Windischgarsten trotz des beständig weinenden Himmels als „ansprechend“, die Qualität der Einheiten sogar richtig hoch. „Da ist schon ordentlich Feuer drinnen. Es ist außergewöhnlich, wie alle Gas geben. Jeder weiß, worum es geht. Jeder will sich in Form bringen“, erläutert der Leipzig-Legionär, der das ÖFB-Training von der Intensität und der Art und Weise, wie sich jeder einzelne einbringt, als „überragend“ bezeichnet.
Damit meint der Niederösterreicher tatsächlich alle Kadermitglieder: „Egal ob du die Nummer eins oder die Nummer 26 bist. Jeder weiß, dass er sich körperlich und mental in Topverfassung bringen muss. Du musst jetzt schon versuchen, ans Limit zu kommen, um am 17. Juni topfit zu sein.“ Baumgartner spricht den mentalen Aspekt bewusst an. Beginnend mit den Tagen in Windischgarsten wird der ÖFB-Tross einige Woche miteinander verbringen. Natürlich braucht jeder Mensch zwischendurch Privatsphäre, trotzdem würde es in dieser Gruppe keinen Spieler geben, der sich für längere Zeit am Zimmer verschanzt und lange für sich alleine sein möchte.
Auch in dieser Gruppe würde es einzelne Partien geben, das sei in jedem Verein genauso der Fall. „Die Frage ist immer: Wie sind die Schnittstellen unter diesen Partien?“, stellt der 24-Jährige klar. Als Beispiel nennt Baumgartner „die Salzburger“ und seine Gruppe, der beispielsweise Michael Gregoritsch angehört: „Zwischen diesen Partien gibt es trotzdem eine riesige Freundschaft. Konni Laimer und ich kennen uns schon lange. Vielleicht verbringen wir nicht den ganzen Tag miteinander. Aber trotzdem wissen wir, dass wir aufeinander zählen können und gute Freunde sind. Das ist viel wert.“
Die Ähnlichkeit zu Bologna
Dieser Wert soll sich auch am Platz widerspiegeln. Posch will auch deshalb für die EM „groß träumen“, weil er in Bologna mit der Qualifikation für die Champions League gerade erlebt hat, welche Überraschungen mit einem funktionierenden Team möglich sind: „Das geht nur, wenn sich jeder unterordnet und sich nicht nur auf die individuelle Klasse verlässt. Ich sehe viele Ähnlichkeiten zum Nationalteam.“
Am Dienstag gegen Serbien soll auf den Platz gebracht werden, was Rot-Weiß-Rot seit Beginn der Rangnick-Ära auszeichnet. Posch: „Jeder weiß, was unsere Stärken sind. Wir haben in den letzten Tagen unsere Prinzipien noch einmal verinnerlicht. Jetzt geht es darum, die Automatismen abzurufen.“ Beim Test im Happel-Stadion wird Marcel Sabitzer, der am Montag zur Mannschaft stoßen soll, noch fehlen. Wie viel Rangnick experimentieren wird, ist offen. Aber gerade in der Abwehr benötigt der eine der andere zuletzt verletzte Akteur wie Kevin Danso, Philipp Lienhart und Maximilian Wöber Spielpraxis. Laut Baumgartner geht es gegen Serbien vor allem um zusätzlichen Erkenntnisgewinn: „Wie weit sind wir? Wo haben wir noch Probleme? Wo können wir noch besser werden?“