Als wäre er nie weg gewesen, sei das erste Training mit diesem verschworenen Haufen gewesen, berichtet Heinz Lindner. In Wirklichkeit war der Torhüter über ein Jahr weg aus dem Nationalteam. Im März 2023 ging der Oberösterreicher als Nummer eins in die EM-Qualifikation, ehe ihn die Schock-Diagnose Hodenkrebs ereilt hat.

Die Krankheit ist inzwischen besiegt, die Wertigkeiten haben sich geändert: „Ich sehe viele Dinge mit anderen Augen. Gewisse Sachen, die mich früher frustriert, genervt oder in schlechte Laune versetzt haben, sind jetzt in der Wertigkeit so weit unten, dass es gar keinen Sinn macht, mich darüber zu ärgern, weil sie eigentlich komplett wurscht sind.“ Dafür regiert die Dankbarkeit, gesund zu sein: „Ich weiß, das hört sich nach einer Floskel an, aber ich weiß, dass es keine ist. Wenn du nicht gesund bist, gibt es nur einen Wunsch: Nämlich dass du gesund bist. Ich schätze es jetzt einfach mehr, aufzuwachen und zu wissen, gesund zu sein.“

Man darf davon ausgehen, dass Lindner Dinge wie den Konkurrenzkampf ums Einser-Leiberl im Nationalteam inzwischen vergleichsweise gelassen sieht. Wenngleich Ehrgeiz und Ziele natürlich nicht verboten sind. Selbstverständlich wolle er in der Vorbereitung 100 Prozent geben und die Verantwortlichen rund um Ralf Rangnick überzeugen, ihn zur EM mitzunehmen. Der Teamchef begründete die Nominierung der Nummer zwei von Union Saint-Gilloise ins vorläufige Aufgebot mit dessen Erfahrung, auch jener im ÖFB-Team.

Lindner will nicht als Nummer zwei zurück nach Sion

Gerechnet hatte der 33-Jährige nicht mit der Berufung: „Die Ausgangsposition war nicht dementsprechend, also habe ich natürlich nicht damit spekuliert. Als der Anruf gekommen ist, war es überwältigend.“ Für den frischgebackenen belgischen Pokalsieger hat Lindner drei Pflichtspiele absolviert. Ab Sommer steht er wieder in der Schweiz beim FC Sion unter Vertrag. Die Zukunft? Offen! „Ich würde nicht als Nummer zwei nach Sion zurückgehen“, stellt Lindner klar und berichtet, dass es Interessenten gibt. Eine Entscheidung würde er auch im Hinblick auf das Nationalteam von der zu erwartenden Spielpraxis abhängig machen. Die derzeitige Konzentration gilt jedoch einzig der EM-Mission.

Patrick Pentz: Erster Anwärter im ÖFB-Tor?
Patrick Pentz: Erster Anwärter im ÖFB-Tor? © APA

Dies würde wohl auch Patrick Pentz so unterschreiben, dessen Vereins-Zukunft ebenfalls offen ist. Mit Bröndby hat der 27-Jährige den dänischen Meistertitel dramatisch verspielt. Medial wurde er danach mit dem Lokalrivalen FC Kopenhagen in Verbindung gebracht. Ein brisantes Gerücht, das Pentz entschieden dementiert: „Es gibt für mich nur einen Verein in Kopenhagen, und für den habe ich bis jetzt gespielt. Das ist der beste und größte Verein in Dänemark. Der andere Verein gefällt mir nicht so gut.“

Bis Sommer 2025 steht Pentz noch beim deutschen Double-Gewinner Bayer Leverkusen unter Vertrag. Dass der Salzburger dessen Ersatzbank in Richtung Skandinavien verlassen hat, half in der Tormann-Hackordnung im Nationalteam. Pentz gilt derzeit als erster Anwärter für die Rolle der Nummer eins in Abwesenheit von Alexander Schlager. Der arbeitet fieberhaft am Comeback. Aktuell erscheint zumindest nicht ausgeschlossen, dass es der Salzburg-Keeper noch in den EM-Kader schafft. „Nachdem er sich verletzt hat, habe ich ‚Gassi‘ gleich geschrieben“, erzählt Pentz, der Schlager schon seit vielen Jahren kennt: „Duelle gewinnt man am liebsten sportlich. Verletzungen sind immer eine Schicksalsgeschichte.“

Pentz erneut gegen Frankreich?

Pentz betont, dass er nicht wisse, ob er nun als Nummer eins in die EM gehen würde: „Es ist nichts Fixes abgemacht.“ Er versichert jedoch, dass er mit der Situation gut umgehen könne: „Ich hatte in meiner Vereins-Karriere schon oft Druck.“ Fünf Länderspiele hat der Blondschopf bislang absolviert. Deren zwei praktischerweise gegen den Euro-Auftakt-Gegner. „An die Nationalteam-Spiele gegen Frankreich habe ich gute Erinnerungen. An das Land nicht“, grinst der Goalie in Anspielung auf sein unglückliches Engagement bei Stade Reims. Für das EM-Duell mit einem der Turnier-Favoriten geben die bisherigen Aufeinandertreffen Selbstvertrauen: „Wir haben gesehen, dass etwas möglich ist und wir auch gegen Frankreich gewinnen können.“