Ideal wäre kurz vor einer Bekanntgabe des Europameisterschaftsaufgebots (Dienstag, 18 Uhr), wenn die größten Fragezeichen hinter Namen aus den hinteren Kader-Regionen stehen würden. Das ist beim ÖFB-Team bedauerlicherweise nicht der Fall. Bei der Mannschaft von Teamchef Ralf Rangnick drehen sich die Debatten viel mehr um Leistungsträger. Während bei Einser-Torhüter Alexander Schlager oder Innenverteidiger Philipp Lienhart die Hoffnungen eher leise sind, darf man bei den Abwehr-Fixstartern Kevin Danso und Maximilian Wöber zuversichtlicher sein.

Die Zuversicht bezüglich David Alaba ist nach dem jüngsten Eingriff an seinem verletzten Knie denkbar gering. Spannend bleibt die Frage, wie der ÖFB den Real-Legionär in die Euro-Mission einbinden wird. Wird Alaba in den Betreuerstab integriert, würde zumindest seine Führungsstärke nicht ganz verloren gehen.

Mit Xaver Schlager und Sasa Kalajdzic fallen zusätzliche Fixstarter fix aus. Kommen weitere dazu, könnte sich in Kombination mit der Aufstockung des Aufgebots auf bis zu 26 Spieler die EM-Tür für den einen oder anderen Kandidaten öffnen, mit dem man nicht rechnen musste. Eine aktuelle Bestandsaufnahme:

TOR:

Teilnahme sicher: Patrick Pentz

Zittern: Niklas Hedl, Tobias Lawal, Alexander Schlager

Hoffen: Daniel Bachmann, Heinz Lindner, Cican Stankovic, Dejan Stojanovic

Die Wahrscheinlichkeit, dass Österreich die Europameisterschaft ohne seine Nummer eins Alexander Schlager bestreiten muss, ist groß. Aber noch ist das Fehlen des Salzburg-Tormanns nicht offiziell bestätigt. Patrick Pentz gilt als erster Nachrücker. Dahinter wären Tobias Lawal und Niklas Hedl logisch, sofern der ÖFB-Betreuerstab nicht auf Hedls eher mäßiges Frühjahr reagiert oder Routine in den Kader holen möchte.

ABWEHR:

Teilnahme sicher: Kevin Danso, Phillipp Mwene, Stefan Posch, Maximilian Wöber

Zittern: Samson Baidoo, Flavius Daniliuc, Stefan Lainer, Philipp Lienhart, Leopold Querfeld, Gernot Trauner

Hoffen: David Affengruber, Marco Friedl, Christoph Klarer, Valentino Lazaro, Christopher Trimmel

Für die Prognose, dass es in der ÖFB-Innenverteidigung eng werden könnte, hätte man vor nicht allzu langer Zeit Kopfschütteln geerntet. Aber angesichts der Verletzungen von David Alaba und Philipp Lienhart sowie der Blessuren von Kevin Danso und Maximilian Wöber gilt es, medizinische Entwicklungen abzuwarten. Zumindest bei Danso und Wöber dürfte man den Wettlauf mit der Zeit gewinnen. Mit Gernot Trauner wurde eine erfahrene Alternative rechtzeitig fit. Stand jetzt wäre eine Überraschung, wenn es der Feyenoord-Legionär nicht in den Kader schafft.

Mit Samson Baidoo, Flavius Daniliuc oder Leopold Querfeld klopfen schon länger jüngere, aber vergleichsweise unerfahrene Alternativen an. Die Verfügbarkeit der etablierten Kräfte hat innen wie außen Auswirkungen auf die EM-Chancen potenzieller Nachrücker wie Marco Friedl. Der Kapitän von Werder Bremen war seit der EM 2021 nur selten gefragt, wäre jedoch sowohl in der Abwehrzentrale als auch als Linksverteidiger eine Option.

MITTELFELD:

Teilnahme sicher: Florian Grillitsch, Konrad Laimer, Marcel Sabitzer, Romano Schmid, Nicolas Seiwald, Patrick Wimmer

Zittern: Muhammed Cham, Marco Grüll, Florian Kainz, Dejan Ljubicic, Alexander Prass, Matthias Seidl

Hoffen: Thierno Ballo, Matthias Braunöder, Christoph Lang, Nikolas Sattlberger, Kevin Stöger

Das Fehlen von Xaver Schlager ist ein schwerer Schlag für das ÖFB-Team. Der Ersatz in der Startelf wird vermutlich aus dem Kreis der Fixstarter kommen. Auf die Reihe dahinter könnte dieser Ausfall größere Auswirkungen haben. Spannend wird unter anderem, ob die zuletzt nicht nominierten Stammgäste Florian Kainz und Dejan Ljubicic trotz des Abstiegs mit Köln mitkommen dürfen. Aus der Bundesliga haben sich einige Kandidaten aufgedrängt, beispielsweise Alexander Prass. Leistungstechnisch würde sich auch Rapid-Spieler Marco Grüll ein Ticket verdienen, wenn ihm Rangnick seine Derby-Schmähgesänge verziehen hat. Muhammed Cham stieg mit Clermont Foot zwar aus der Ligue 1 ab, überzeugte jedoch persönlich mit sechs Treffern im Frühjahr.

ANGRIFF:

Teilnahme sicher: Marko Arnautovic, Christoph Baumgartner, Michael Gregoritsch

Zittern: Guido Burgstaller, Maximilian Entrup, Andreas Weimann

Hoffen: Matthias Honsak, Benedikt Pichler, Manprit Sarkaria

Die Qual der Wahl plagt Rangnick im Angriff nicht gerade. Hinter den Stammkräften Michael Gregoritsch, Christoph Baumgartner und Marko Arnautovic hat Hartberg-Goalgetter Maximilian Entrup ausgezeichnete Chancen auf einen Kaderplatz. Auch Oldie Guido Burgstaller ist im Rennen. Logische Kandidaten wie Junior Adamu haben sich mit chronischer Formschwäche aus dem Rennen genommen, Sturm-Angreifer Manprit Sarkaria bremste sein Knöchelbruch, im Saisonfinish reichte es nur mehr zum Sprung auf die Bank. Oder zaubert Rangnick an vorderster Front eine Überraschung aus dem Hut?