Was würde wohl diesmal passieren? Kann vom Ungewöhnlichen ein Abziehbild erzeugt werden? In der Tat, wenngleich es sich vergleichsweise schon um eine Geduldsprobe handelte, aber das gespannte Warten wurde trotzdem nicht enttäuscht. Österreichs Fußballteam ist neuerdings ein Spezialistenensemble für frühe Tore. Ein Weltrekord war ja kaum mehr möglich, aber im Test gegen die Türkei zappelte der Ball immerhin nach 106 Sekunden im Netz. Österreich bedrängte den türkischen Strafraum, durch den Einsatz von Romano Schmid kam die Kugel zu Christoph Baumgartner, dessen Schuss der Torhüter nur kurz abwehren konnte. Xaver Schlager war zur Stelle.
Kommentar: Diese Auftritte sind geeignet, im Land eine Euphorie zu entwickeln
Doch der Schuss ging zunächst nach hinten los. Österreich war bestenfalls halb gefährlich, die Türkei hingegen fand ungeachtet des Gegentreffers rasch den Faden im Spiel und zeichnete immer wieder schöne Linien durch die Reihen der Gastgeber. Viel zu kurz währten die heimischen Ballbesitzphasen und dann stand es durchaus gerecht 1:1. Zunächst vergaben die Gäste nach einer tollen Kombination eine Topchance, dann langte Kevin Danso mit der Hand hin und nach VAR-Intervention gab es Elfer, den Hakan Calhanoglu souverän verwandelte.
Österreich musste auf den erkrankten Marcel Sabitzer verzichten, Ersatzmann Schmid fiel äußerst positiv auf. Teamchef Ralf Rangnick bot die nominell bestmögliche Elf auf, die ab Mitte der ersten Halbzeit das Spiel etwas beruhigen konnte und mit permanentem Pressing die Türken zu Fehlern zwang. So entstand auch das 2:1, für das Michael Gregoritsch nach mehreren Balleroberungen verantwortlich zeichnete. Puncto Effizienz gab es Bestwerte.
Eine Kursabweichung erlaubten sich die Österreicher auch nach der Pause nicht, bis zum 3:1 ließen sie nicht einmal drei Minuten verstreichen. Gregoritsch verwandelte eine Cornerflanke von Schmid mit einem herrlichen Kopfball. Die Türken wussten nun nicht mehr, wie ihnen geschah, Rangnicks Spieler machten die Räume für den Gegner enger und ihre eigenen weit auf. Fast wie am Schnürchen lief der Ball und eine weitere Angriffsaktion provozierte nach Foul an Laimer einen Elfer. Gregoritsch ließ sich die Chance auf den Dreierpack nicht entgehen und erhöhte sicher auf 4:1.
Das sollte nicht alles gewesen sein. Stefan Posch kam im Strafraum zu Fall, das Spiel lief weiter, die Türken trafen. Aber dann schaltete sich der VAR ein und es gab neuerlich einen Strafstoß, den Baumgartner versenken durfte. Und dann traf auch noch Debütant Max Entrup. Der Abend hatte sich in eine perfekte Fußballnacht verwandelt.
„Speziell zweite Hälfte eine extrem energetische Leistung von uns“, sagte Christoph Baumgartner. „Wir haben sie extrem unter Druck gesetzt. Sie haben es die erste Hälfte sehr, sehr gut gemacht, aber auch da haben wir schon gute Balleroberungen gehabt. Das war dann ein sehr, sehr verdienter Sieg. Ob es in der Höhe verdient war, weiß ich nicht.“ Über sein Elfmeter-Tor sagte er: „Ich habe Michi (Gregoritsch, Anm.) gefragt – wir sind gute Freunde –, gibst du mir den Ball? Ich bin ihm sehr dankbar, weil ein Viererpack wäre auch sensationell. Für mich persönlich ist es für das Selbstvertrauen wichtig, dass ich ihn rein geschossen habe.“