Unten, am Grazer Hauptplatz, da hielt die "die einzige Legende" Mario Haas gerade die Stimmung hoch. Und der Bomber weiß, was die Fans des SK Sturm gerne hören: "Wir werden Meister", rief er ins Mikrofon und die knapp 10.000, die den Hauptplatz wenige Stunden nach dem Maiaufmarsch der SPÖ sozusagen wieder von Rot auf Schwarz umfärbten, jubelten. Dahinter, im Rathaus, wurde auch ein Schlachtgesang angestimmt.
Die Mannschaft, die gerade erst dem Cabriobus entstiegen war, der sie vom Restaurant "San Pietro" in die Innenstadt gebracht hatte, nützte die Gunst der Stunde, um der versammelten Stadtregierung eine Botschaft zu überbringen: "Neues Stadion … Neues Stadion", skandierten sie als Antwort auf die Glückwünsche, die Bürgermeisterin Elke Kahr soeben ausgesprochen hatte, verbunden mit dem Hinweis, dass neben ihr eben auch ihre Stellvertreterin Judith Schwentner (Grüne) sowie die Stadträte Manfred Eber, Robert Krotzer und Kurt Hohensinner dabei waren, um dem SK Sturm Graz zum nicht einmal 24 Stunden davor errungenen Cupsieg zu gratulieren.
Das Stadion, es war ein Thema in der Stunde des Triumphes, zumindest im Gemeinderatssitzungssaal, in den die Spieler weiterwanderten, ehe es endlich zu den schon sehnlich wartenden Fans ging. Es war der wohl beste Moment für Lobbying, den Sturm-Präsident Christian Jauk auch nützte: "Wir sind der letzte große Mitgliederverein. Und wir wollen auch auf europäischer Ebene eine würdige Bühne bieten", sagte er und das Führungsteam des Klubs deponierte die Dringlichkeit des Ansinnens auch danach noch einmal deutlich.
Dabei war einigen Akteuren anzusehen, dass die Nacht nach dem fünften Cuptriumph der Vereinsgeschichte eine kurze war. Cheftrainer Christian Ilzer parlierte in modischer Sonnenbrille ("Einer der Spieler meinte, ich brauche sie …") über seinen Stolz, "den Weg bis ins Finale und zum Sieg" beschritten zu haben. Darüber, dass der Pokal zwar auch seinen ersten großen Titel als Trainer markiere, dieser aber "den Spielern, den Fans und dem Verein" gehöre. Die Sturm-Familie ist dank des spielerisch vielleicht nicht verzaubernden, aber hochverdienten und eindrucksvollen Sieges in Klagenfurt.
Mario Haas erzählte währenddessen unten von den früheren Feiern auf dem Hauptplatz. Davon, dass er einer der gewesen sei, die auch beim Partymachen zu den Besten zählten. Nicht nur schnell auf dem Feld, sondern auch ausdauernd, wenn es was zu feiern gibt, sozusagen.
Man kann sich aussuchen, wer von der aktuellen Mannschaft da vorne dabei ist. Nacheinander wurden die Helden einzeln auf die Bühne gerufen, gewandet in das aktuelle "Cupsieger"-T-Shirt, das erst am Feiertag produziert worden war. Bei der Vorproduktion hatten einige des Trainerteams ihr Veto eingelegt, mitunter ist eben Aberglaube auch ein Glaube. Solange es aber ein so gutes Ende nimmt ...
Die Spieler? Genossen es, gefeiert zu werden, feierten ihrerseits sich selbst und vor allem Paul Pizzera und EAV-Mastermind Thomas Spitzer, die als Überraschungsgäste den Pokal auf die Bühne und den Platz endgültig zum Kochen brachten. Pizzera war froh, das 15-Kilogramm-Ungetüm endlich aus den Händen geben zu dürfen, schließlich hatte er es bis zum Auftritt minutenlang halten müssen: "Ein echtes Training für den Bizeps", schnaufte der Austropopper da, ehe sie den Platz freimachten, damit sich jeder Spieler noch einmal mit dem Pokal ablichten lassen durfte. Ivan Ljubic wurde da beinah wehmütig, holte auch seine Frau aufs Bild – im Sommer wechselt er aber nach Linz. Und andere haben wahre Routine: Masseur Gerhard Wallner und Zeugwart Simo Maric sind die wahren Titelhamster der "Blackys", waren seit 1996 immer dabei – so wie auch Ehrenpräsident Hans Fedl, der von den Feierlichkeiten aber ebenso ein wenig gezeichnet wirkte.
Müdigkeit kam da keine auf, auch wenn die wenigsten Spieler in dieser Nacht Schlaf gefunden hatten. Und das lag nicht nur daran, dass im Grazer Univiertel im "Kottulinsky" der Morgen schon graute, ehe man den Heimweg angetreten hatte. Das Adrenalin vom Finalsieg hielt den Körper am Laufen. Einer, der oft vorausging, tat das dann auch auf der Bühne: Jakob Jantscher schnappte sich sein Megafon und sorgte für Stimmung. Das Megafon gab er seit dem Finaltag nur selten aus der Hand, dabei lag das Teil zehn Jahre bei ihm daheim. Jetzt hat es ideellen Wert, immerhin verewigten sich alle Cuphelden auf dem Megafon, rund um das Ergebnis und Datum des legendären Finales.
Die Leidenschaft bei Sturm brennt also – egal ob Doppeltorschütze Sarkaria mit einem "Manprit is on fire" auf der Bühne empfangen wurde oder ob es um die nahe Zukunft geht. Nicht ums Stadion, nein, sondern um den Hunger auf mehr, den der Cuperfolg ausgelöst hat. Denn wie Christian Ilzer versprach: "Es geht erst los." Jetzt soll auch der Angriff auf den Meistertitel folgen.
Die Fans stehen hinter der Mannschaft – die das auch ausprobieren durfte: Sarkaria wie auch Präsident Jauk versuchten sich im Stagediving. "Gut zu wissen, dass einen so viele Hände tragen", meinte der Präsident da. Angst vor den Salzburgern kennt man bei Sturm jedenfalls nicht – fast so wie beim legendären Honigdachs, der so gern in den Ansprachen von Co-Trainer Uwe Hölzl zum Tragen kommt. Der Lohn: Hölzl durfte am Abend zwischen Cupshirt und dem Honigdachs-Leiberl wechseln, das er von Sport-Geschäftsführer Andreas Schicker überreicht bekam.
Müdigkeit gab es jedenfalls keine, nach der Feier am Hauptplatz ging es noch ins legendäre "Katze Katze" in der Schmiedgasse zur internen Feier mit Mannschaft und Vorstand. Aber wer sich denkt, dass man sich auf dem Erfolg ausruht, täuscht sich: "Löwen oder Katzen", rief Ilzer der Menge zu, "Löwen sind wir! Am Mittwoch wird trainiert!" Denn da war ja noch was. Der Titel – und der Kampf ums neue Stadion, für den Sturm mit dem Cuptitel Werbung in eigener Sache gemacht hat.