Drei Meister- und fünf Cuptitel umfasst die Trophäensammlung des SK Sturm in der 114-jährigen Klubgeschichte. Für Günther Neukirchner und Mario Haas steht aber fest, welcher davon heraussticht. "Der erste Titel ist immer der schönste", sagt Haas und spricht damit den ersten Cuptriumph 1996 an, bei dem die Grazer in Wien die Admira mit 3:1 besiegten. "Ich habe mir zwar im Spiel das Syndesmoseband eingerissen und musste auf Krücken feiern. Aber das habe ich auch geschafft", ergänzt Haas lächelnd. "Der erste Titel für mich, aber auch der Erste des SK Sturm – darum bleibt dieser Erfolg ewig in Erinnerung", fügt Neukirchner hinzu. Der damalige Präsident Hannes Kartnig bekam "literweise Bierduschen" ab. "Ich habe gestunken wie ein Alkoholiker. Aber das war der Lohn, dass ich mit Heinz Schilcher, dem die Mannschaft den Zopf abgeschnitten hat, einen guten Manager, mit IvicaOsim den besten Trainer und Spieler mit Charakter geholt habe. Davor war Sturm eine Zwetschgenmannschaft", erinnert sich der damalige Präsident.
Nach der erfolgreichen Titelverteidigung 1997, wo die Vienna den Kürzeren gegen die Schwarz-Weißen zog, folgte 1999 gegen den LASK ein weiterer historischer Augenblick – das erste Double in der Vereinsgeschichte. "Es war ein sehr enges Spiel, bei dem wir die besseren Nerven hatten. Ich habe den letzten Elfmeter verwandelt", erzählt Franco Foda, der damals als Abwehrchef der Grazer im Einsatz war. "Wir spielen alle Fußball, um Titel zu holen. Denn die bleiben für die Ewigkeit. Man wird auch immer wieder darauf angesprochen."
Im Anschluss musste Sturm einige Zeit warten, um den nächsten Titel einzufahren. 2010 folgte mit dem Cupsieg vor 28.000 Zusehern in Klagenfurt ein nicht für möglich gehaltener Erfolg. "Ich habe die Mannschaft 2006 als Trainer übernommen, als der Klub knapp den Konkurs abwenden konnte. Mit Kontinuität, Beharrlichkeit und Strategie haben wir es geschafft, diesen Triumph zu feiern – natürlich auch dank 25.000 Sturm-Fans, die uns zum Sieg getragen haben", erklärt Foda, der nur dank eines Kompromisses eine Kopfrasur seiner Mannschaft verhindern konnte. "Ich habe ihnen gesagt, dass wir schon Meister werden müssten, damit sie mir eine Glatze verpassen dürfen. Ein Jahr später war es tatsächlich so weit, da habe ich mein Versprechen gehalten, auch weil Mario Haas es natürlich nicht vergessen hatte. Aber als Meister lässt sich vieles leichter ertragen", sagt Foda mit breitem Grinsen.
Der Deutsche war es auch, der Sturm in der Saison 2017/18 in seiner dritten Trainer-Amtszeit ins Viertelfinale des ÖFB-Cups geführt hatte, ehe er österreichischer Teamchef wurde und Heiko Vogel das Zepter übernahm. Fodas Landsmann schaffte es mit den Grazern ins Finale und bezwang dort in Klagenfurt Meister Salzburg, der zuvor neun von neun möglichen nationalen Titeln in Folge feierte und als quasi unbesiegbar galt, mit 1:0 nach Verlängerung. "Das war ein unfassbar emotionaler Moment mit 25.000 Grazer Fans im Stadion. Diese außergewöhnliche Salzburger Mannschaft so zu dominieren, war sensationell", sagt der aktuelle Sportdirektor und Interimstrainer des FC Basel, der mit seiner Truppe sensationell im Halbfinale der Conference League steht und dort auf Fiorentina trifft.
Den "höchstmöglichen Stellenwert" seiner Fußballkarriere nimmt der jüngste Cuptriumph auch beim damaligen Sport-Geschäftsführer GünterKreissl ein. "In dieser dominanten Salzburger Ära war das überragend. Das Stadion hat durchgehend gewackelt, das war Sturm Graz pur – mit aller Energie, die ich so schätze an diesem Verein. Ich bin glücklich und dankbar, diesen strahlenden Energieherd miterlebt haben zu dürfen", sagt der jetzige Head of Goalkeeping des ÖFB, der wie Haas und Foda beim heutigen Cupfinale in Klagenfurt live im Stadion mitfiebern wird. "Das Herz meiner ganzen Familie schlägt für Sturm. Mein Sohn ist bei fast allen Spielen live mit dabei", verrät Kreissl. "Sturm ist die klare Nummer zwei in Österreich und in einer leichten Favoritenrolle." Während Neukirchner als Entwicklungscoach Teil des Sturm-Betreuerstabs ist, sieht Foda Parallelen zu 2010. "Es wäre AndreasSchicker, ChristianIlzer und der Mannschaft zu wünschen, dass sie sich nach dieser tollen Aufbauarbeit krönen."