Was bei Spitzenklubs mittlerweile längst gang und gäbe ist, machte sich der FC Midtjylland - gleichzeitig mit Brentford - als erstes zunutze. Man setzte früh auf Datenanalyse - früher als alle anderen. Der Mann dahinter heißt Matthew Benham, Mehrheitseigner des dänischen Topklubs. Benham hat in Oxford Physik studiert, mit einer Sportwettfirma ein Vermögen verdient und versucht seine Vision in fußballerischen Erfolg umzumünzen. Mit Brentford und Midtjylland eben. Brentford führte er aus der zweiten bzw. dritten Liga in die Premier League, Midtjylland schon im ersten Jahr nach seinem Einstieg 2014 zum Meistertitel in Dänemark.
Durch Datenanalyse verschaffte sich Midtjylland einen so großen Vorteil, dass die finanzielle Überlegenheit der Konkurrenz keine Rolle mehr gespielt hat. Gelingen soll das, indem ein Großteil der subjektiven (Trainer-)Einschätzungen durch Statistiken ersetzt wird. Midtjylland spielt etwa ganz gezielt in jene Räume, aus denen laut Computer am meisten Tore fallen.
Mehr als 5000 Tore aus den europäischen Topligen wurden analysiert. Im Fokus: Die Zone, aus der die meisten Tore vorbereitet werden. Gefunden haben die Dänen die Zone im Strafraum, links und rechts neben dem Fünf-Meter-Raum. Ein Drittel der Tore bereitete Midtjylland in der Saison 2018/2019 aus genau jener Zone vor, die im Angriffsspiel immer wieder aktiv angespielt wird.
Die Dänen legen auch großen Wert auf ruhende Bälle. Zwischenzeitlich soll Midtjylland das erfolgreichste Team mit Standards in ganz Europa gewesen sein. Beim Scouting werden Verhaltensprofile der Profis angefertigt. Was die Kicker auf dem Platz zu leisten imstande sind, glauben die Scouts durch in London berechnete "KPIs" - Key Performance Indicators (Leistungs-Indikatoren) - bereits zu wissen. Wie die Spieler ticken, wird dann aber doch von Menschen beurteilt, und nicht vom Computer. Im Scouting werden Werte wie "Passquote" oder "absolvierte Sprints" ignoriert, mehr Wert auf unauffällige Spieler gelegt, denen aber ein Leistungssprung zugetraut wird.
Obwohl Benham längst nicht mehr Teil von Midtjylland ist: Zahlen und Daten spielen noch immer eine Rolle. Das musste zuletzt Ex-Trainer Bo Henriksen begreifen. Die Zahlen-Vorgabe stimmte nicht mehr, Henriksen musste gehen. Nachfolger Albert Capellas bestreitet gegen Sturm sein drittes Spiel mit den Dänen. Seither wird in der Viererkette verteidigt, nicht in der Dreierkette - die Zahlen, versicherten Verantwortliche bei Capellas Bestellung, bleiben heilig.