In der Kabine der Hartberger war die Stimmung nach Schlusspfiff besser als in jener der Grazer. 80 Minuten in numerischer Unterlegenheit wehrten sich die Hartberger bei Favorit Sturm tapfer und erkämpften einen Punkt. "Den hätten wir vorher genommen und den nehmen wir jetzt auch", sagt Abwehrchef Mario Sonnleitner.
Sehr viele Flanken und flache Pässe zur Mitte mussten Sonnleitner und seine Kollegen verteidigen. "Da musst du ständig hellwach sein", sagt der Routinier. "Die Woche war ganz okay", sagt Sonnleitner. "Dornbirn klammern wir aus." Da haben die Hartberger am Mittwoch im Cup 2:3 verloren. "Da fehlt dir im Bus ein bissl der Schmäh", erinnert sich Trainer Klaus Schmidt an die Heimfahrt. "Aber es hat sich jeder Spieler an der Nase genommen." Am Donnerstag hätte der Trainer zu seiner Mannschaft gesagt: "Bescheidene Tage wie am Mittwoch sind im Fußball schnell vergessen, wenn man sich anders präsentiert." Und das haben sich die Hartberger: "Die 80 Minuten nach dem Ausschluss waren eine Vorzeigeleistung." Selten wäre die Mannschaft in Unordnung gefallen. Und Schmidt raunzt auch nicht darüber, dass die Rote Karte auch nicht immer gegeben werden würde. "Wer weiß, ob wir gepunktet hätten, wenn wir zu elft gespielt hätten."
Jürgen Heil, der den kranken Rene Swete abermals als Kapitän vertrat, war jedenfalls "stolz auf die ganze Mannschaft. Ich hab in der Pause keinen gesehen, der nicht daran geglaubt hat". Die Partie hätte zwar nicht viel Spaß gemacht und wäre auch "brutal für den Kopf" gewesen – "das kann uns aber für die ganze Saison helfen. Wir sind noch das Team, dass wir immer waren – das haben wir heute bewiesen."
Nicht so gut war die Stimmung bei den Grazern, die nach dem 1:1 in Ried einmal mehr zwei Punkte liegen ließen, die in Überzahl vermeintlich einfach zu holen gewesen wären. "Es ist bitter, dass wir keine drei Punkte gemacht haben", sagte Stefan Hierländer. "Wir haben am Anfang eine Druckphase gehabt, die Rote Karte provoziert und auch Torchancen gehabt. Nach dem Ausschluss war das Problem, dass wir nicht präzise genug gespielt haben. In Überzahlsituationen, in denen der Gegner tief steht, muss man den Gegner auch einmal überspielen und präzisere Flanken schlagen."
Lob gab es für die Leistung der Gäste. "Hartberg hat das defensiv gut gemacht", sagte Abwehrchef Gregory Wüthrich, der in der Schlussphase sogar als zusätzlicher Stürmer aufrückte. "Aber das darf keine Ausrede sein. Man muss zu Hause das Spiel gewinnen, wenn man so lange in Überzahl ist." Der Schweizer sah wie seine Teamkollegen einen großen Mangel im Spiel: "Wir haben versucht, über die Flügel zu spielen, aber die Flanken waren einfach nicht gut genug. Zudem haben wir auch viele Standardsituationen, wo wir mehr herausholen müssen. Ein Spieler wie Jakob Jantscher würde uns da natürlich helfen."
Für Ivan Ljubic erarbeitete sich Sturm zwar "viele Torschüsse und Eckbälle, aber nicht viele 100-prozentige Chancen. Da war nicht viel Zwingendes dabei", sagte der Mittelfeldspieler, der in der 59. Minute für Alexander Prass eingewechselt wurde. Der 26-Jährige befand, dass es kein Vorteil war, in Überzahl zu agieren. "Bei 11 gegen 11 öffnen sich mehr Räume für uns. Das passt sicher besser zu unserem Spiel."
Auch Jusuf Gazibegovic sah "zu wenig angekommene Flanken. Aber das war nicht der Grund, dass wir kein Tor gemacht haben. Man muss zugeben, dass es Hartberg gut gemacht und vielleicht sogar verdient den Punkt geholt hat", sagte der Rechtsverteidiger der Grazer. "Es wäre für uns vielleicht besser gewesen, 11 gegen 11 zu spielen. Aber für ein Vielleicht können wir uns nichts kaufen."
Sturm-Trainer Christian Ilzer sah "ein skurriles Spiel. Trotz vieler Torschüsse, Standards und unzähliger Flanken haben wir das Momentum nicht erzwungen. Hartberg hat konsequent, diszipliniert agiert und somit einen Punkt verdient. Es hat die letzte Qualität auf engstem Raum gefehlt. Wir hätten mehr Tempo am Ball gebraucht, mit Sprints auf die erste und zweite Stange. Und wir hätten gleichzeitig im Kopf geduldig bleiben müssen", sagte der 44-Jährige.