Ivica Osim ist am 1. Mai für immer eingeschlafen, am Tag der Arbeit. Sinnbildlich. Osim war ein Philosoph bei einem Grazer Arbeiterklub und gleichzeitig selbst ein Arbeiter. Und so machte er den SK Sturm von einem familienfreundlichen, mittelständischen Unternehmen zu einem Profiklub. In Zusammenarbeit mit dem damaligen Manager Heinz Schilcher sowie Ex-Präsident Hannes Kartnig. Osim benützte nicht die Vier-Buchstaben-Floskeln vieler in Management-Seminaren tätigen Coaching-Gurus. Osim war anders. Osim war in erster Linie Mensch, Vater und Ehemann, später Opa, er war Trainer und immer Freund.

Der Alleskönner mit dem Hang zum Sarkasmus hatte Wirkung auf sein gesamtes Umfeld. Wo immer er erschien, man hörte ihm zu. Das war bei der sogenannten Elite so, das war bei den einfachen Leuten so. Er sinnierte oft, überlegte immer, schaute stets fern und formte beim SK Sturm eine Meistermannschaft. Zweimal holte er mit den Grazern den Meistertitel (1998, 1999), drei Cupsiege (1996, 1997, 1999) und drei Teilnahmen an der Champions League (1998, 1999, 2000). Im dritten Jahr in der „Königsliga“ schaffte Osim mit seiner Mannschaft den Sprung in die Zwischenrunde, als Tabellensieger. Dem Fußball-Märchen folgte eine schwierige Zeit, in der der fußballerische Motor stotterte und der Präsident polterte. Osim fühlte sich wohl im Schatten von Kartnig, es war eine Symbiose, ungewollt, aber erfolgreich, aber letzten Endes nicht friktionsfrei.

Die „Scheidung“ war von Kartnig provoziert. „Ich habe mich damals von zwei Wiener Journalisten beeinflussen lassen. Das war leider ein großer Fehler von mir“, sagt der ehemalige Präsident heute. Bei Kartnigs 70. Geburtstag voriges Jahr war Ivica mit Frau Asima geladen, sie kamen und feierten. Das Verhältnis Osim/Kartnig war längst wieder intakt.

Asima war die Säule in Ivicas Leben. Sie war es, die Ivica den Rücken für seine Leidenschaft Fußball freigehalten hat. Sie zog die drei Kinder (Amar, Irma, Selimir) auf. Sie war seit 58 Jahren (mit Ausnahme der Kriegsjahre) stets an der Seite ihres Gatten und unterstützte ihn seit dem Schlaganfall tagtäglich noch intensiver. Im „ballesterer“ sagte Sturms Jahrhunderttrainer: „Ohne Asima hätte ich das alles nicht geschafft. Sie soll ihnen sagen, wie sie unsere Kinder großgezogen hat und ich nie da war. Wie viel Wäsche sie für uns gewaschen hat. Wie es war, mit mir zu leben auf all unseren Stationen. Sie hat mir immer vertraut. Das ist mir wichtig.“

Es war der Jugoslawienkrieg, der Osim dazu bewegt hatte, nach Graz zu kommen und Sturm zu trainieren. Er brauchte Nähe zu seiner Familie, denn Asima verharrte mit Irma während des Krieges in Sarajewo aus. Ivan machte von Österreich aus alles ihm Mögliche, um zu helfen. Bis zuletzt blieb Ivica Osim ein Arbeiter, gab vor wenigen Tagen noch ein Interview, trotz seines Schlaganfalls (2006). Den Fußballromantiker Osim, der als Aktiver einer der besten in Jugoslawien war, gibt es nicht mehr. Die Erinnerungen an ihn bleiben ewig, ebenso wie sein Vermächtnis in seiner „zweiten Heimat“ Graz.