Interessierte Beobachter stellten sich beim Torjubel gegen den LASK von Kelvin Yeboah die Frage, was er denn da angedeutet hat. „Das ist meine Lieblingspose, weil ich sehr gerne Espresso Macchiato (Anm. Espresso mit zwei Löffel Milchschaum) trinke. Mit Jusuf Gazibegovic habe ich da schon einen Teamkollegen, der sich auch dafür begeistert“, sagt der Angreifer mit einem breiten Grinsen. Es spiegelt die Herzlichkeit des Ghanaers wider, mit der er seinem Gegenüber begegnet und Sympathie ohne Ende ausstrahlt.
Aber zurück zum Kaffee: Dieses Faible rührt aus der Zeit in Italien. In Accra geboren zog er mit seinen Eltern mit fünf Jahren in die Region Piemont. In Gozzano lernte der Afrikaner Fußball zu spielen – schon früh mit Zusatztraining. „Mein Vater hat mit mir immer etwas extra gemacht. Vor allem, um mich noch schneller zu machen. Mein Onkel Anthony (früher u. a. Legionär beim HSV und in Frankfurt sowie zwei Mal Ghanas Fußballer des Jahres) hat mir auch immer erklärt, was es braucht, um Profi zu werden. Und genau das wollte ich immer werden. Ich lebe meinen Traum“, sagt Yeboah, der nach einem Kurzgastspiel in London bei West Ham über die WSG Tirol Anfang Februar nach Graz gewechselt ist.
In Bezug auf die Schnelligkeit hat sich das Spezialtraining vollkommen bezahlt gemacht. Am Sonntag entwischte Yeboah mit seiner Geschwindigkeit den LASK-Abwehrspielern rund um Gernot Trauner ein ums andere Mal, holte zwei Elfmeter heraus und verwandelte einen davon souverän. „Die Schnelligkeit ist sicher eine meiner Stärken. Bei meinen Klubs war ich immer der Schnellste. In Österreich ist auch nur Patson Daka schneller“, sagt der Fan von Ronaldo. Gemeint ist nicht etwa Cristiano, sondern „Il Fenomeno“, der Ex-Stürmerstar aus Brasilien.
Graz hat Yeboah innerhalb kürzester Zeit ins Herz geschlossen. „Die Leute hier sind wirklich super zu mir. Hier ist es nicht schwer, sich schnell zurechtzufinden. Sturm ist wie eine Familie“, sagt das Sprachentalent. „Das war schon immer eine Stärke von mir. Neben meiner Muttersprache spreche ich auch Italienisch und Englisch. Auch mein Deutsch ist gut.“ Das darf als glatte Untertreibung bezeichnet werden. Mit seinen Deutschkenntnissen und seiner ansteckend guten Laune hat Yeboah auch die Stimmung in der Mannschaft noch einmal spürbar aufgelockert.
Mit 20 Jahren schon sehr reif
Wie reif der erst 20-Jährige schon ist, beweist seine Leidenschaft für Bücher. „Ich lese am liebsten solche über Immobilien und Aktien. Denn man kann gar nicht früh genug damit anfangen, an die Zeit nach der Fußballkarriere zu denken. Das hat mir mein Onkel immer wieder gesagt. Es gibt so viele Beispiele von Fußballern, die danach nichts mehr hatten. Da will ich einen anderen Weg gehen“, sagt Yeboah, der langfristig davon träumt, in der englischen Premier League zu spielen.
Bevor er aber an ein Karriereende denken muss, sollen noch viele Tore für den SK Sturm folgen. Bislang hatte Yeboah im Abschluss einige Male Pech und traf erst zwei Mal ins Schwarze. „Trainer Christian Ilzer sagt immer, dass ich ständig dafür arbeiten muss, damit das Glück kommt. Als Stürmer musst du mental stark und cool sein. Innerhalb kürzester Zeit musst du blitzschnell Entscheidungen treffen. Wenn du einen Lauf hast, geht auch der schlechteste Abschluss rein. Ich tue alles dafür, in einen Lauf zu kommen. Dann kommen die Tore von selbst“, sagt der Rechtsfuß. Heute ab 18.30 Uhr beim LASK wäre das erwünscht, denn „Platz drei wollen wir nicht mehr hergeben“.