Es klingt fast wie eine Drohung an die Konkurrenz, wenn Jon Gorenc Stankovic sagt: „Ich habe noch nie perfekt gespielt, seit ich in Graz bin.“ Dieser Satz spiegelt perfekt wider, warum Selbstkritik beim Slowenen, der seit Sommer 2020 beim SK Sturm unter Vertrag ist, ganz oben steht. Große Reden schwingt er ohnehin nicht. Seine Qualität liegt auf dem Platz – als Stratege, der als defensiver Mittelfeldspieler das Spiel perfekt lesen kann, und dank seiner Antizipation andere Schwächen mehr als ausgleicht. „Ich war nie der schnellste oder kräftigste Spieler. Aber ich habe das Spiel schon immer gut lesen können. Das ist eine Stärke von mir.“
Wie schnell sich der Mann mit den elf Premier-League-Einsätzen den Respekt verdient hat, beweist die Tatsache, dass Gorenc Stankovic sofort nach seiner Ankunft zum Vizekapitän gewählt wurde. Was sofort auffiel: Auf dem Rasen übernimmt der slowenische Teamspieler die Rolle des verlängerten Arms von Trainer Christian Ilzer („Das passt perfekt. Ich habe schon viele Trainer gehabt, aber er weiß genau, was jeder Einzelne und die Mannschaft tun muss“). Mit Ilzer gibt es auch in der Halbzeit immer wieder Gespräche, um den Coach auf Dinge aufmerksam zu machen. Es scheint, als ob ein Trainer im seit Donnerstag 25-Jährigen steckt. „Das habe ich schon öfters gehört“, sagt Gorenc Stankovic mit einem breiten Grinsen. „Vielleicht liegt es in der Familie. Mein Vater ist Nachwuchstrainer meines Heimatklubs Domzale. Er hat auch mich trainiert. Klar ist: Fußball ist mein Leben. Auch nach meiner Karriere – also noch nicht allzu schnell – will ich schon im Fußballbereich tätig bleiben.“
Vorerst hat der 1,90-Meter-Mann als Aktiver noch seine besten Jahre vor sich. Aktuell läuft es blendend beim SK Sturm. In elf Bundesliga-Spielen kassierten die Schwarz-Weißen nur fünf Gegentore – auch dank der Darbietungen des in vier Partien als Innenverteidiger und später als Sechser Aufgebotenen. „Das kann sich schon sehen lassen und ist ein Beweis dafür, dass wir als Defensive gut arbeiten. Aber es geht schon bei den Stürmern los, die es vorne gut machen. Und dann haben wir auch noch Torhüter Jörg Siebenhandl, der überragend hält“, sagt der Rechtsfuß, der früher Steven Gerrard und Thiago Silva als Vorbilder sah. Am Sonntag (17 Uhr), im Bundesliga-Nachtragspiel beim WAC, könnten die Steirer die Tabellenführung übernehmen, was Gorenc Stankovic keineswegs aus der Ruhe bringt: „Nach zwölf Runden ist das alles nur eine Momentaufnahme“, sagt er.
Weniger Fleisch, mehr Energie
Vielmehr beschäftigt sich der sympathische Abwehrmann, der sich mit seiner Freundin in Graz bestens eingelebt hat, mit seinem Körper. „Seit einem Jahr esse ich nur noch sehr wenig Fleisch. Seither fühle ich mich nicht mehr müde und habe viel mehr Energie“, verrät Gorenc Stankovic. „Ein wichtiger Punkt bei Profisportlern ist es, Erfahrungen zu machen und zu sehen, was einem guttut und wie man besser regeneriert. Ich habe den perfekten Weg für mich gefunden.“
Der Vertrag des dreifachen Torschützen, der mit 60 Prozent gewonnener Zweikämpfe und einer Passquote von 70 Prozent starke Werte aufweist, läuft noch bis Sommer 2023. Dass die starken Leistungen Begehrlichkeiten anderer Klubs auslösen, ist klar. „Ich werde alles dafür tun, Spiele mit Sturm zu gewinnen, damit wir das Maximum aus dieser Saison herausholen“, sagt das Herzstück im Sturm-Spiel, das aktuell einen Abgang im Winter ausschließt. Auch das könnte als Drohung für die Konkurrenz ausgelegt werden.