Unzählige Vorbereitungsphasen hat Nestor El Maestro schon miterlebt. Mit dem SK Sturm hat er nun erstmals die dritte Trainingsaufbauphase während einer Saison geleitet. Zum Auftakt der Meistergruppe hofft der 37-Jährige, mit einem Heimsieg über den WAC einen idealen Start hinzulegen. El Maestro über ...
... die aktuelle Vorbereitung: Planbar waren nur die letzten zwei Wochen. Da haben wir gewusst, dass es weitergeht. Ohne den Tag X zu kennen, war es zäh, die Spannung hochzuhalten. Es war auch außergewöhnlich, nur ein Testspiel zu bestreiten. Hoffentlich war das erste Mal in dieser Form auch das letzte Mal. Denn in der Vorbereitung kann sich ein Trainer am meisten auszeichnen.
... die Meistergruppe: Keiner hat schon zehn Pflichtspiele in einem Monat bestritten. Das ist für alle Neuland.
... höhere Verletzungsgefahr: Natürlich ist sie höher, aber wir reden von Fußball und nicht von Cage Fight oder Boxen. Im Fußball gibt es keine lebensgefährlichen Verletzungen. Durch die kurze Regenerationszeit und die vielen Pflichtspiele erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, aber es ist nicht unmöglich, verletzungsfrei zu bleiben. Außerdem gibt es ja noch die Möglichkeit der Rotation. Planen kann man das im Vorfeld aber nicht.
... Geisterspiele: Ohne Fans wird es eine Premiere für mich. Man hat jetzt in Deutschland schon gesehen, dass das Produkt Fußball ohne Fans wertlos ist. Für Trainer ist es einfacher, weil sie durch leichtere Kommunikation mehr Spielkontrolle haben. Wenn es nicht läuft, ist es für Trainer auch besser. Da treffen Klubs Entscheidungen ohne Emotion, rein fachlich. Für die Spieler ist es auch anders. Sie werden nicht von Fans gepusht, über sich hinauszugehen. Andererseits kommt es nicht zu extremen psychologischen Schwankungen bei Gegentoren. Es wird kontrollierter, aber sicher langweiliger. Man kann Geisterspiele mit Freundschaftsspielen vergleichen.
... den Heimvorteil: 90 Prozent des Heimvorteils machen die Zuschauer aus. Dieser Faktor ist nicht mehr gegeben.
... Spiele mit Fans: Mit einer gesunden Dosis Hausverstand werden wir nächste Saison wieder mit Zuschauern spielen dürfen. Aber volle Stadien – im Sport oder bei Konzerten – werden als Letztes erlaubt werden.
... den Lockdown: Die Maßnahmen habe ich verstanden. Aber man hätte uns nicht sagen müssen, dass es 100.000 Tote geben wird, sondern einfach die Wahrheit, dass niemand weiß, wie gefährlich dieses Virus ist. Ich habe mich verarscht gefühlt.
... Erkenntnisse: Wenn wir etwas gelernt haben, dann, dass es nicht schadet, respektvoller mit dem persönlichen Raum eines anderen Menschen umzugehen, sich die Hände regelmäßig zu waschen und im Flugzeug oder der U-Bahn eine Gesichtsmaske zu tragen – nach dem Motto: Passt aufeinander auf! Vielleicht haben einige auch kapiert, in diesem schnellen Leben auch einmal 30 langweilige Minuten zu haben und etwas mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Man muss nicht pausenlos etwas unternehmen und mit dem Flugzeug um die halbe Welt reisen. Da geht es auch um den Umweltschutz. Firmen sollten jetzt wissen, dass auch Videokonferenzen sehr gut funktionieren.
... den WAC: Das ist eine gute Mannschaft, die sicher genauso stark ist wie vor der Pause.
... Platz drei als Saisonziel: Von Ziel kann man nicht sprechen, eher von einem Traum. Aber zehn Spiele sind kurz und wir reden von Gegnern vor uns, die alle im Grunddurchgang besser waren. Von diesen müssten wir zwei Mannschaften überholen. Deshalb sind die ersten beiden Duelle gegen den WAC und Rapid auch sehr wichtig.