Die Trainer der zwölf Fußball-Bundesligisten blicken optimistisch auf den Saison-Neustart nach der Corona-Zwangspause. "Wir haben keine Bedenken, sondern einfach nur große Lust auf Fußball, weil das ein großer und wichtiger Teil unseres Lebens ist", sagte Salzburg-Coach Jesse Marsch in einer von der APA durchführten Umfrage vor der Wiederaufnahme des Spielbetriebs.
Am meisten sorgen sich die Trainer um die Gesundheit der Spieler. Nicht wegen der Ansteckungsgefahr durch das Coronavirus, sondern aufgrund des bevorstehenden, straffen Pensums. Ab dem 2. Juni stehen für die Teams jeweils zehn Spiele binnen 33 Tagen an. Das Verletzungsrisiko sei aufgrund der Belastungen viel höher als sonst, meint die überwiegende Mehrheit. Zehn Coaches sprachen sich deshalb für eine vorübergehende Erhöhung des Wechsel-Kontingents von drei auf fünf aus.
Eine komplett neue Situation
85 Tage liegen zwischen den letzten Spielen Anfang März und dem Neustart ohne Zuschauer. "Es erwartet uns alle eine komplett neue Situation in allen Stadien. Ohne Fans, fast Stille", prophezeite Zvonimir Soldo vom FC Admira. Nicht nur Thomas Silberberger, Trainer von WSG Tirol, sprach vom fehlenden zwölften Mann. "Eines ist klar, die Fans werden uns allen sehr fehlen", bekundete Austria-Coach Christian Ilzer während Marsch mutmaßte: "Vielleicht tun sich Auswärtsteams ein wenig leichter, weil keine Fans im Stadion sind."
Rapid-Trainer Dietmar Kühbauer erwartet hinsichtlich der Geisterspiele "schon etwas komplett anderes, weil wir gewohnt sind, vor vielen Zuschauern zu spielen. Von den Emotionen her kann es deswegen nicht das Gleiche sein, aber Fußball bleibt trotzdem Fußball." Mattersburgs Franz Ponweiser sieht "ein großes Thema", nämlich: "Wie es die Spieler mental verarbeiten, ohne Zuschauer die Motivation hochzuhalten und das Level über 90 Minuten zu halten. Die Spielweise wird sich nicht ändern, vielleicht wird am Anfang das Tempo nicht so hoch sein."
Fehlt der "Punch" von den Zuschauern?
Ferdinand Feldhofer vom WAC vermutete, dass "die sogenannten Wettkampftypen nicht mehr auf ihre 100 Prozent kommen, weil sie den Punch von den Zuschauern nicht kriegen. Andererseits können vielleicht die Trainingsweltmeister und die Jüngeren, die vor Zuschauermassen noch nicht gespielt haben, eher ihre Leistung abrufen." Sturm-Graz-Trainer Nestor El Maestro meinte hingegen, "dass es die ersten Minuten sicher ungewohnt sein wird, die Spieler dann aber ohnehin in einem Tunnel sind und sich voll aufs Spiel konzentrieren".
In den kommenden Intensiv-Wochen hätten "der LASK oder Red Bull Salzburg sicher einen Vorteil, weil sie in dieser Saison relativ viel Erfahrung mit kurzen Spielintervallen gesammelt haben", erklärte Hartbergs Markus Schopp wie einige anderen Kollegen. Valerien Ismael bestätigte Schopp insofern, als die Männer vom LASK wüssten, "wo wir in der Trainingssteuerung ansetzen müssen". Salzburg ist den Rhythmus laut Jesse Marsch gewohnt. "Selbst in der Länderspielpause haben wir oft 80 Prozent der Spieler im Einsatz und nur eine kleine Trainingsgruppe in Salzburg."
Gewisse Bewegungen ließen sich nicht trainieren
Dennoch schätzt eine überwiegende Mehrheit das Verletzungsrisiko als hoch ein. "Die Belastung ist brutal, das Risiko ist sicher gegeben", meinte Robert Ibertsberger vom SKN. Silberberger ergänzte: "So fleißig die Spieler im Individual- und Kleingruppentraining auch waren - atypische, fußballtypische Bewegungen, wie sie in Zweikämpfen und in einem Spiel einfach vorkommen, ließen sich da nicht üben."
Letztlich aber überwiegt bei allen Beteiligten die Sehnsucht nach der Rückkehr auf den Platz. Das Präventions- und Hygienekonzept der Liga sei zudem praktikabel. "Alle meine Fragen sind beantwortet, ich gehe ohne Sorgen in die Play-offs und verspüre keine Angst", erklärte Altachs Alex Pastoor. Womit der Niederländer auf einer Linie mit allen anderen Bundesliga-Trainern ist. "Ich war immer ein absoluter Befürworter, dass die Saison zu Ende gespielt wird, wenn es die Umstände zulassen, und ich glaube, die Umstände lassen es zu", sagte Schopp.
Zehn Trainer für fünf Auswechslungen
Zehn der zwölf Trainer sprechen sich für die Fünf-Wechsel-Möglichkeit in der Fußball-Bundesliga aus. Salzburgs-Trainer Jesse Marsch wollte sich auf keine Variante festlegen, Ferdinand Feldhofer vom WAC ist dagegen. Die vom Weltverband FIFA eingeführte und vom International Football Association Board (IFAB) akzeptierte Regeländerung wurde von der Bundesliga bisher noch nicht offiziell übernommen. Mit fünf statt wie bisher drei möglichen Wechseln könnten die Spieler angesichts des dicht gedrängten Kalenders und möglicher Spiele bei großer Hitze im Sommer entlastet werden.
"Wenn es so ein anstrengendes Programm gibt, dann müssen die Spieler geschützt werden. Ihre Karrieren gehen auch nach dieser Play-off-Serie weiter", betonte Altach-Trainer Pastoor. Fünfmal zu tauschen, eröffnet den Trainern zusätzliche Varianten, wie LASK-Coach Ismael ausführte. "Zum einen ergibt sich die Möglichkeit zu rotieren, ohne dabei die Startformation gravierend zu verändern - der Spieler bleibt so im Spielrhythmus. Zum anderen bekomme ich in taktischer Hinsicht die Möglichkeit, je nach Spielstand auch bestimmte Positionen zu wechseln."
Mehr Auswechslungen steigern die Motivation
Außerdem wäre die bessere Aussicht auf Einsätze laut Ismael gut für die Motivation im Kader und begünstige die Integration von Spielern, die von Verletzungspausen zurückkehren. Austria-Coach Ilzer sieht noch eine taktische Komponente. "Mit der Möglichkeit, vielleicht wie in Deutschland neben der Halbzeitpause in drei Wechselphasen fünfmal zu tauschen, bekommen die letzten 20 bis 30 Minuten noch mehr Bedeutung, als es bisher der Fall war." Auch Rapids Kühbauer ist "aufgrund der vielen Spiele" dafür. "Wenn man alle fünf einzeln einwechseln könnte, wäre das ein Jammer, daher ist es gut, dass es nur drei Wechselphasen gibt."
Der mögliche Eingriff, der Teams mit einem breiten Kader in die Karten spielen dürfte, stößt aber nicht überall auf Begeisterung. "Ich glaube, wir brauchen jetzt keine neuen Regeln erfinden", meinte WAC-Coach Feldhofer. Salzburgs Marsch blieb vage. "Wir sind für beide Möglichkeiten bereit und werden versuchen, das Beste daraus zu machen."