Vor sechs Monaten haben Sie das Amt als Sturm-Trainer angetreten. Wie fällt Ihre Bilanz aus?
ROMAN MÄHLICH: Es ist richtig cool. Ich hoffe, dass noch einige halbe Jahre dazukommen. Man muss aber schon sagen, dass Sturm ein schwieriges Pflaster ist. Es kommt nicht überraschend, aber es wurde bestätigt. So interessant es ist, so gewappnet muss man sein.

Warum?
MÄHLICH: Das Interesse der Fans und Medien ist riesengroß. Der Verein steht unter ständiger Beobachtung. Und es hat schon einige Phasen gegeben, die mich in ihrer Heftigkeit überrascht haben. Aber ich halte schon etwas aus. Und man muss betonen, dass wir alle, die gerne im Fußball tätig sind – seien es Spieler, Trainer, Präsidenten oder Sportdirektoren –, mit der Kritik leben müssen. Wer mit dem Druck bei Sturm nicht umgehen kann, muss zu Klubs gehen, wo es ruhiger ist. Keiner zwingt uns, bei Sturm zu arbeiten.

Sie leben seit einem halben Jahr in Graz, Ihre Frau und Ihre Kinder sind in Wien geblieben. Wie meistern Sie diese Situation?
MÄHLICH: Wir sehen uns weiter regelmäßig. Sie kommen zu den Spielen nach Graz, ich fahre auch unter der Woche einmal nach Hause. Das meistern wir sehr gut. Mir ist das auch wichtig, weil die Familie schon das ist, was dich auffängt. Sie gibt dir Halt.

In bislang 15 Spielen unter Ihrer Leitung gab es sieben Siege, drei Unentschieden, fünf Niederlagen und ein Torverhältnis von 18:14. Wie finden Sie diese Bilanz?
MÄHLICH: Ich bin zufrieden, das hört sich gut an.

In der Tabelle haben Sie die Mannschaft von Platz sieben auf vier geführt. Das klingt auch positiv.
MÄHLICH: Ich würde es schon so interpretieren.

Dennoch wird der Spielstil von Sturm gerne angeprangert. Wie beurteilen Sie das?
MÄHLICH: Ich glaube, dass ich am besten beurteilen kann, was drinsteckt. Ich denke, wir machen das gut.

Ist nicht mehr drin?
MÄHLICH: Wir haben immer wieder gute Leistungen gezeigt, aber es waren auch schwache Spiele dabei. Wir haben in gewissen Phasen noch nicht die Stabilität und die Konstanz, regelmäßig Topleistungen zu bringen. Als Außenstehender ist es schwer nachvollziehbar, aber es ist Fakt, dass es schwierig ist, mit dem Druck und der Erwartungshaltung umzugehen. Wir sind verpflichtet, Spiele zu gewinnen und, wenn möglich, sehr attraktiv zu gewinnen. So weit sind wir noch nicht als Mannschaft. Aber ich sehe eine deutliche Verbesserung.

Warum gibt es aber diese Inkonstanz?
MÄHLICH: Vieles spielt sich im Kopf ab. Das hat mit Erfahrung, Konstanz und Stressresistenz zu tun. Für viele ist es das erste Jahr bei so einem Klub. Es fehlt die Erfahrung für so eine Situation. Ich glaube aber, dass wir das schon hinkriegen können mit den Leuten, die hier sind.

Sie haben auch Ihre defensive Erwartungshaltung abgelegt und offensiv Platz drei als Ziel ausgegeben. Warum?
MÄHLICH: Wir können nicht mit Platz sechs zufrieden sein. Wir haben die Chance, in einem ganz schwierigen Jahr inklusive Umbruch und Trainerwechsel Dritter zu werden. Da können wir nicht drauf pfeifen. Es geht um so viel Geld mittlerweile, das ist essenziell. Ich bin nach wie vor überzeugt, dass wir Platz drei noch packen werden.

Sie haben vor einigen Wochen das System von einem 5-4-1 auf ein 4-1-4-1 umgestellt. Was waren Ihre Beweggründe?
MÄHLICH: Mir war schon klar, dass wir in einem 5-4-1 schwerer nach vorn kommen. Das 4-1-4-1 passt sehr gut zu dieser Mannschaft, weil wir mit Juan Dominguez einen Spieler haben, der für dieses System prädestiniert ist. Ich bin überzeugt, dass das 4-1-4-1 am besten zu unseren Spielertypen passt.

Die Ausrichtung ist nun deutlich offensiver. Wie passt das zu Ihrem Ruf als Defensivfan?
MÄHLICH: In Österreich wird es oft so hingestellt, dass es leicht wäre, zu null zu spielen. Nur da steckt oft viel mehr Taktik drin, als zwei Stürmer zu haben, die mir 30 Saisontore garantieren. Wir haben gute Spieler, leben aber von Disziplin und einer guten Ordnung. Aber das ist nicht einfach, da steckt viel Arbeit drin.

Sie haben zuletzt Joker Emeka Eze nach nur 23 Minuten wieder ausgewechselt. Wie sehen Sie seine Zukunft?
MÄHLICH: In meinen Entscheidungen bin ich klar, da geht es nur um das Wohl des SK Sturm. Emeka ist ein guter Bursche. Er kann uns helfen, das hat er schon bewiesen. Wir unterstützen ihn, das wird schon wieder.

Sie haben schon viele Spieler eingesetzt. Haben Sie allen Spielern genug Chancen gegeben?
MÄHLICH: Sicher nicht jedem gleich. Das ist schwer möglich. Der ein oder andere kann mit Sicherheit behaupten, dass er „ungerecht“ behandelt wurde. Aber wir haben noch drei Spiele. Da kann viel passieren.

In der Meistergruppe gab es noch keinen Heimsieg für Sturm. Heute gastiert die Austria in der Merkur-Arena. Was stimmt Sie positiv?
MÄHLICH: Ich glaube fest daran, dass sich das in den letzten beiden Heimspielen ändern wird. Ich wünsche mir, dass das Stadion so voll wird und unsere fantastischen Fans uns so nach vorn peitschen wie im letzten Spiel des Grunddurchgangs.