„Wahnsinn“, staunte Dortmund-Trainer Nuri Sahin, als er die Info bekam, dass die Spieler des SK Sturm eine Distanz von 126,8 Kilometer zurückgelegt haben, „die sind gelaufen ohne Ende. Das ist nicht normal. Respekt!“ Draußen an der Seitenlinie hätte er gedacht, dass bei den Gästen aus Österreich doch irgendwann die Kraft nachlassen müsste: „Aber sie hat nicht nachgelassen.“

Die BVB-Kicker spulten selbst 122,5 Kilometer ab, aber mit der Laufleistung von Sturm konnte am Champions-League-Dienstag kein anderes Team mithalten. Beinahe wäre auch der Plan aufgegangen, dass dies hinten raus gegen eine am Zahnfleisch gehende Dortmunder Elf der Trumpf sein könnte. „Wir haben ein bisschen damit spekuliert, dass sie müde werden“, verriet Christian Ilzer und sah sein Team in der zweiten Halbzeit Toraktionen betreffend sogar stärker.

„In der Phase, als Mika Biereth die Kopfballchance hatte, müssen wir einfach in Führung gehen. Dann wäre die ganz große Überraschung möglich gewesen“, bedauerte der Sturm-Trainer. Besagtes Goldtor gelang spät im Spiel doch noch der Borussia, was für schwarz-weißen Frust sorgte. „Im Endeffekt fliegst du wieder mit null Punkten nach Hause, das ist extrem bitter“, meinte Niklas Geyrhofer.

Keine Tore, ein Fehler zu viel

Mit Leidenschaft und Intensität waren es die üblichen Stärken, die Sturm in die Waagschale geworfen hat. Dazu wurde in dieser Partie das Vorhaben umgesetzt, als Außenseiter mehr Mut an den Tag zu legen. Im Gegenzug waren es auch die üblichen Schwächen, die den Unterschied machten. „Es sind immer wieder die gleichen Punkte“, zählte Ilzer auf, „wir müssen auch einmal ein Tor erzielen, dazu ist es immer wieder der eine oder andere Fehler zu viel, um wirklich zu punkten.“

Emanuel Aiwu unterlief jener individuelle Fehler zu viel, der vom für Marcel Sabitzer eingewechselten Joker Donyell Malen in Minute 85 eiskalt bestraft wurde. „Bei seiner Qualität ist das von 100 Mal 99 Mal ein Tor“, gratulierte Tormann Kjell Scherpen seinem niederländischen Landsmann, „schade für uns, wir haben als ganze Mannschaft eine sehr gute Leistung gebracht. Aber leider nicht gut genug.“ Schon sehr konkret am Punkt geschnuppert zu haben, aber doch mit leeren Händen dazustehen, tat richtig weh. „Die Stimmung in der Kabine war nicht gerade schön. Wir waren knapp an etwas Historischem dran“, ärgerte sich Jusuf Gazibegovic.

Zufriedenheit oder Ärger?

Mit jeder Niederlage, bei der man eine vernünftige Figur abgeliefert hat, wird der Spagat zwischen Zufriedenheit mit der Leistung und Ärger über das Resultat schwieriger. „Wir sind schon ziemlich an unser Leistungslimit gegangen, aber wenn wir damit zufrieden sind, werden wir nach acht Spielen auch null Punkte haben“, hielt Ilzer den Hunger seines Teams auf Zählbares hoch.

Von der bisher besten Königsklassen-Leistung seines Teams wollte der 47-Jährige mit dem Wissen, dass Sporting am selben Tag Manchester City mit 4:1 abgefertigt hat, nicht sprechen. Zur korrekten Einordnung gehört aber nun mal auch der Hinweis, dass man es mit Gegnern auf Weltklasseniveau zu tun hat – und dazu zählt für Ilzer bei allen Ausfällen auch Borussia Dortmund: „Mit Malen konnten sie einen absoluten Toplevel-Spieler nachwerfen.“

Jeder seiner Spieler werde mit einem Level konfrontiert, auf dem er dauerhaft agieren möchte: „Es heißt einfach, sich dort hinzuarbeiten. Wenn ich die bisherigen vier Spiele sehe, machen wir ganz gute Entwicklungsschritte.“ Ilzers Hoffnung lautet, dass sich Sturm beim Heimspiel gegen Girona am 27. November mit einem Punktgewinn belohnt.