Die gute Nachricht für den SK Sturm: Es sind unruhige Zeiten bei Borussia Dortmund. Die schlechte Nachricht: Auf Heimspiele hatte die Krisenstimmung bislang genau gar keine Auswirkung. Der BVB triumphierte in allen sechs Pflichtspielen vor eigenem Publikum. In der Champions League kam Celtic Glasgow gar mit 1:7 unter die Räder.
Rätselhafte Auswärtsschwäche
Umso rätselhafter ist, warum eine Mannschaft, die furiosen Fußball in sich hat, auswärts ein ganz anderes Gesicht zeigt. Ein Pokal-Pflichtsieg bei Phönix Lübeck und ein Königsklassen-3:0 in Brügge sind die bislang einzigen Erfolgserlebnisse in der Fremde. In der Liga verlor die Borussia drei Auswärtsspiele in Folge, im Pokal setzte es das Aus in Wolfsburg, dazu kommt das 2:5 bei Real Madrid – und das nach 2:0-Pausenführung.
Gerade dieses Match steht sinnbildlich für das Potenzial und das Unvermögen des BVB, der aktuell so etwas wie die Schöne und das Biest in einem Verein ist. Frei nach dem Marketing-Slogan des Kultklubs ist Borussia Dortmund der beste Beweis dafür, dass „Echte Liebe“ im Fußball manchmal auch wehtun kann.
So ganz scheint sich der Verein immer noch nicht vom traumatischen letzten Spieltag der Saison 2022/23 erholt zu haben, als sich der BVB „nur“ noch im Heimspiel gegen Mainz den lange ersehnten ersten Meistertitel seit 2012 abholen hätte müssen und kurz vor der Ziellinie tränenreich strauchelte. Der damalige Trainer Edin Terzic durfte Dortmund vergangene Saison noch ins Champions-League-Finale führen und musste trotzdem gehen.
Sein 36-jähriger Nachfolger Nuri Sahin ist bestimmt ein großes Trainertalent, kann seine Unerfahrenheit jedoch nicht immer verbergen. Dass auf diesem Niveau jeder Fehler ausführlichst diskutiert wird, liegt auf der Hand. „Ich verstehe Kritik, bis auf die, die unter die Gürtellinie geht. Alles, was mit Fußball zu tun hat, nehme ich an. Als ich den Vertrag hier unterschrieben habe, wusste ich, dass ich im Spotlight stehen werde“, sagte Sahin nach dem Heimsieg gegen Leipzig an Wochenende.
Angesichts des durch die wechselhaften Leistungen angestauten Frusts blieb Kritik in Dortmund zuletzt allerdings nicht immer über der Gürtellinie. Vor allem Kapitän Emre Can wird von Teilen der Anhängerschaft immer wieder zum Sündenbock gemacht. Teilweise auf einem derart unterirdischen Niveau, dass Geschäftsführer Sport Lars Ricken rechtliche Schritte in den Raum stellte und sich echauffierte: „Wie dieser tolle Mensch über Social Media teilweise verunglimpft wird, das geht nicht.“
Sabitzer rechtzeitig fit
Wenn es um Leadership geht, sind Ricken und Can in ihren Bereichen immer wieder Thema. Die neue Führungsebene mit Ricken als Boss und Sebastian Kehl als Sportdirektor wirkt in Kombination mit dem Ende 2025 scheidenden „Übervater“ Hans-Joachim Watzke noch nicht ideal eingespielt. Auf dem Platz wird immer wieder das vermeintliche Fehlen von Führungsspielern rund um Can bemängelt.
In diesem Zusammenhang wird auch ÖFB-Legionär Marcel Sabitzer mitunter kritisch genannt. Der GAK-Fan wurde nach Wadenverletzung rechtzeitig für das Duell mit Sturm fit. „Ich komme aus Graz, bin da aufgewachsen und habe bei einem anderen Grazer Verein gespielt“, sagt der 30-Jährige, lobt jedoch die Arbeit von Sturm: „Sie haben eine klare Philosophie, die sie verfolgen. Davor muss man den Hut ziehen. Aber natürlich ist die Mission klar: Wir wollen gegen sie gewinnen.“
Trotz der angespannten Personalsituation, die sich munter einreiht in die zahlreichen Themen, die dem BVB Anlass geben, sich mit sich selbst zu beschäftigen. „Wir gehen auf dem Zahnfleisch. Wir müssen uns irgendwie mit dieser Verletztenmisere in die Länderspielpause retten“, erklärt Sahin. An der Ausgangslage für das Duell mit Sturm ändert dies jedoch nichts. Borussia Dortmund ist haushoher Favorit. Speziell zu Hause im eigenen Wohnzimmer.