Schon beim Anflug auf Dortmund ließ sich der imposante Signal Iduna Park als ein Wahrzeichen der Stadt ausmachen. Im Stadion angekommen, verewigten die Sturm-Spieler die kultige Spielstätte umgehend als Bewegtbild. „Als wir auf den Platz gegangen sind, habe ich gesehen, wie sie ihre Handys gezückt und Videos gemacht haben. Das machen sie in der Bundesliga nicht immer“, schmunzelte Trainer Christian Ilzer.

Man muss nicht lange drumherum reden: Borussia Dortmund hat diverse Stars zu bieten. Einer der größten davon ist allerdings kein Spieler oder Trainer, sondern der Austragungsort. „Wir sind in einem der traditionsreichsten Stadien Europas zu Gast“, spricht Ilzer von einem Privileg. Speziell die „Gelbe Wand“ genannte Südtribüne, die an Matchtagen rund 25.000 Fans beherbergt, ist ein Mythos.

Sturm-Spieler zückten beim Betreten des Dortmunder Stadions ihre Handys
Sturm-Spieler zückten beim Betreten des Dortmunder Stadions ihre Handys © AFP

Jusuf Gazibegovic freut sich etwa seit der Auslosung auf diese Dienstreise. „Dortmund ist bekannt für die Fankultur, sie haben richtig viele Supporter. Die ‚Gelbe Wand‘ ist jedem im Fußball bekannt. Es ist schon richtig krass. Wenn man davorsteht, ist es noch einmal etwas anderes“, verspürt der Außenverteidiger positive Nervosität. Emanuel Aiwu hat als Serie-A-Legionär in Rom vor 70.000 Zuschauern gespielt: „Aber Dortmund übertrifft alles.“ Niklas Geyrhofer strotzt vor Vorfreude: „In einem Stadion vor 80.000 Leuten zu spielen, ist ein Traum von jedem.“

Das Wörthersee-Stadion auf einer Tribüne

Auch der Coach spricht von einem großartigen Moment in seiner Karriere. Ein Dortmund-Heimspiel sei etwas, das man als Fußball-Fan auf der Agenda habe. Privat hat es Ilzer bislang noch nicht geschafft. „Jetzt stehe ich in der Coaching-Zone, das ist ein absolutes Highlight“, bekundet der 47-Jährige, der bezüglich der „Gelben Wand“ vergleicht: „Wir wissen, welche Stimmung in den Cupendspielen im Wörthersee-Stadion geherrscht hat. Man muss sich vorstellen, dass man das ganze Wörthersee-Stadion alleine auf diese ‚Gelbe Wand‘ packen kann. Dann weiß man, welche Wucht dort entstehen kann. Das gibt dem Heimteam ein gutes Gefühl, den Gegner schüchtert es eine Spur weit ein.“

Ilzer hat das Thema Atmosphäre im Vorfeld natürlich gegenüber der Mannschaft thematisiert, simulieren kann man die zu erwartende Stimmung naturgemäß nicht: „Ich bin selbst schon sehr gespannt, wie meine Mannschaft mit der Stimmung umgehen wird.“ Bei aller Faszination dieses Fußball-Tempels wird es darauf ankommen, sich nicht vom Drumherum beeindrucken zu lassen. Ilzer streicht klar heraus, dass es einen Job zu erledigen gilt.

Seine Mannschaft müsse am eigenen Bestlevel agieren. Vor allem eine Lehre aus den bisherigen drei Niederlagen in der Königsklasse gilt es umzusetzen. Es braucht den notwendigen Mut, wenn man etwas Zählbares mit nach Graz nehmen möchte. „Wir dürfen uns auf keinen Fall verstecken“, fordert der Chefcoach, „jeder von uns träumt davon, permanent auf diesem Level zu spielen. Vorhang auf! Die Bühne Champions League ist zum vierten Mal für uns da, um uns zu zeigen.“

„Verheerend“ wäre es, sich von etwaigen BVB-Problemen wie der angespannten Personalsituation blenden zu lassen. „Das wäre ein gefährlicher Hebel“, stellt Ilzer klar, „wir brauchen gar nicht erwarten, dass irgendetwas leichter wird oder Dortmund irgendeine Schwäche zeigt, weil einige ihrer vielen Spitzenspieler verletzt sind. Die Elf, die man Platz stehen wird, hat Weltklasseformat.“ Für den Sturm-Trainer kommt es darauf an, den Glauben im Kopf zu haben, dass eine Überraschung möglich sei: „Wenn du es dir im Kopf nicht zutraust und nur Angst vor dem Scheitern hast, wird es schwierig.“

Präsident Jauk glaubt an die Chance

Genau 81.365 Zuschauer werden die Partie im ausverkauften Stadion miterleben, was für Sturm eine Rekordkulisse bedeutet. Die beiden bestbesuchten Champions-League-Spiele der Vereinsgeschichte gingen bei Manchester United über die Bühne. 2001 pilgerten 66.404 Besucher ins Old Trafford, 1999 waren es 53.745. Präsident Christian Jauk spricht nicht von ungefähr von einem „historischen Highlight“ und wird nicht müde zu betonen, dass 5000 bis 6000 Sturm-Fans Teil des Spektakels sein werden.

Offiziell verkaufte Sturm etwas mehr als 4000 Tickets. Es ist jedoch davon auszugehen, dass schwarz-weiße Anhänger im freien Vorverkauf des BVB zugeschlagen haben. Jauk baut auf die bekannte Stimmkraft der Sturm-Fans. Sportlich weiß der Boss natürlich, mit welchem Kaliber es sein Verein zu tun bekommt, schließlich konnte er sich beim Champions-League-Finale gegen Real Madrid hautnah im Stadion ein Bild von der Borussia machen. „Wir spielen gegen ein Weltteam“, erinnert Jauk, bleibt jedoch optimistisch: „Lebt die Chance? Ich sage ja, denn von diesem Glauben lebt der Fußball. Deswegen sind ja auch 6000 unserer Fans mitgefahren.“ Man darf davon ausgehen, dass alle von ihnen ihr Handy zücken und eine der Kultstätten des Fußball verewigen werden.