Seit Salzburg mit der Saison 2013/14 die österreichische Fußball-Bundesliga nach Belieben dominiert und zehn Meistertitel in Folge eingefahren hat, geriet dies etwas in Vergessenheit. Aber heute ist mit Blick auf die aktuelle Tabelle klar: Sturm gegen Rapid, das ist das absolute Spitzenspiel in Österreichs Beletage.
Wenn sich die Grazer und die Wiener um 17 Uhr in der seit Wochen ausverkauften Merkur-Arena, in der die magische Marke von 16.000 Besuchern geknackt werden könnte, gegenüberstehen, geht es um Platz eins in der Bundesliga-Tabelle, da bei Punktegleichheit das direkte Duell zählt und Rapid bereits das erste Saisonduell mit 1:0 für sich entschieden hat.
Zuschauer: Die Traditionsklubs Sturm und Rapid sind die beiden Publikumsmagneten der Bundesliga. Infrastrukturell haben seit der Eröffnung des Allianz-Stadions 2016 eindeutig die Wiener die Nase vorne. Hätte Graz eine adäquatere Spielstätte als jene in Liebenau, wäre der Abstand in der Zuschauerstatistik vermutlich geringer. So führt aktuell Rapid mit im Schnitt 21.490 Besuchern vor Sturm mit 14.804.
Mitglieder: Der Ansturm auf eine schwarz-weiße Mitgliedschaft ist ungebrochen. Vor nicht allzu langer Zeit war es kaum vorstellbar, dass Sturm in dieser Kategorie Rapid vom Thron stoßen könnte, doch inzwischen ist das Kopf-an-Kopf-Rennen so spannend, dass der Meister, Cupsieger und Tabellenführer sich vielleicht bald auch hier zur Nummer eins krönen könnte. Rapid knackte im heurigen Mai die Marke von 20.000 Mitgliedern, aktuell sind es rund 21.000. Bei Sturm ist es eine Frage der Zeit, bis die Zahl von 20.000 Mitgliedern verkündet werden kann – vielleicht ja schon heute. Der Abstand zum Rest der Liga ist riesig. Austria Wien auf Rang drei freute sich im August, dass erstmals 8000 Mitglieder erreicht wurden.
Umsatz: Rapid weist einen weitestgehend kontinuierlichen Umsatz von rund 45 Millionen Euro auf. Das kann Sturm, das in einem „normalen“ Geschäftsjahr nur auf 20 Millionen kommen würde, mittlerweile dank hoher Spielertransfererlöse bzw. Europacupeinnahmen toppen. So wird der Umsatz der Grazer dank der Champions-League-Gelder wohl auf 65 Millionen Euro ansteigen.
Marktwert: Salzburg (202,4 Millionen Euro) bleibt in der Bundesliga das Maß aller Dinge, doch Sturm hat in den vergangenen Jahren beachtliche Regionen erreicht. Der aktuelle Kader des Champions-League-Teilnehmers wird von „transfermarkt“ mit 68,9 Millionen Euro bewertet und rangiert damit deutlich vor den drittplatzierten Rapidlern (41,5 Millionen Euro). Sturms Durchschnittsmarktwert ist mit 2,55 Millionen Euro mehr als doppelt so hoch wie jener von Rapid (1,22 Millionen Euro).
Kaderbreite: Der ehemalige Sport-Geschäftsführer Andreas Schicker und Chefscout Paul Pajduch, die mittlerweile beide beim deutschen Bundesligisten Hoffenheim tätig sind, haben ganze Arbeit beim SK Sturm geleistet. Der aktuelle Kader wird von vielen Experten als der beste in der schwarz-weißen Historie bezeichnet. Selbst Ausfälle der Leistungsträger Gregory Wüthrich und Jon Gorenc Stankovic fallen nicht grob ins Gewicht. Trainer Christian Ilzer versteht es auch in seinem fünften Jahr perfekt, den gesamten Kader so zu entwickeln, dass sämtliche Spieler auf den Punkt nahezu ohne Qualitätsverlust zu den „Stammkräften“ abliefern, wenn sie gebraucht werden. Bei Rapid ist ein deutlicher Leistungsabfall zu erkennen, wie die Mannschaft auch beim ÖFB-Cup-Aus bei Zweitligist Stripfing wieder unter Beweis stellte. Das ist allerdings wohl auch auf die zu radikale Rotation von Trainer Robert Klauß zurückzuführen.
Steirer: Mit Christoph Lang und Ersatztormann Paul Gartler halten zwei Akteure die steirische Fahne im Westen Wiens hoch. Mehr Steirerbuam weist Sturm bekanntlich auch nicht auf, konkret mit Niklas Geyrhofer und Leon Grgic ebenso nur zwei, die in dieser Saison in der Bundesliga am Spielbericht standen.
Direkte Bundesliga-Duelle: 187 Mal spielte Sturm seit Gründung der Bundesliga 1974 gegen Rapid, so oft wie gegen keinen anderen Gegner. Die Hütteldorfer führen das Head-to-Head souverän mit 80 Siegen an. 53 Mal siegte Schwarz-Weiß, 54 Partien endeten remis.
Ilzer gegen Klauß und Rapid: Sturm-Trainer Christian Ilzer weist sowohl gegen Rapid, als auch gegen Trainer Robert Klauß eine klar positive Bilanz auf. Gegen den Coach aus Deutschland steht es nach fünf Duellen 3-1-1. Alle drei Siege gelangen im vergangenen Frühjahr binnen knapp zwei Wochen mit dem Triumph im Cupfinale als Höhepunkt. In seiner Karriere gewann Ilzer von 24 Begegnungen mit Rapid elf Spiele, holte acht Unentschieden und verlor nur fünf Mal. An der Seitenlinie von Sturm gewann der 47-Jährige sogar mehr als die Hälfte der 19 Matches gegen Rapid: 10-6-3.
Länderspiele: Was Einsätze von Kadermitgliedern in ihren jeweiligen A-Nationalmannschaften betrifft, hat Rapid aktuell knapp mit 118:108 die Nase vorne.
Aktuelle Bundesliga-Statistiken: In Sachen erzielter Tore liegt Sturm im bisherigen Saisonverlauf mit 26:15 klar voran, hat dafür auch knapp mehr Gegentore kassiert (13:11). Sturm-Angreifer Mika Biereth führt die Schützenliste mit acht Toren vor Ronivaldo (BW Linz, 7) an, neben Mitspieler Otar Kiteishvili ist ihm auch Rapid-Stürmer Dion Beljo (je 6) auf den Fersen. Rapid führt die Liga mit 68 Eckbällen an, Sturm ist mit 56 Dritter. Kein Team erlaubt sich bislang im Schnitt mehr Fouls als Sturm mit 13,4. Im Vergleich tritt Rapid wenig aggressiv auf und rangiert mit 9,7 Fouls nur auf dem elften Platz. Mit deren 25 hat Rapid trotzdem knapp mehr Gelbe Karten kassiert als Sturm (23), womit aber beide Teams „Leader“ Austria Wien (39) deutlich hinterherhinken.
Titel: Die Debatte, wer tatsächlich Rekordmeister ist, kann in Wien zwischen Anhängern von Rapid und Austria sehr emotional geführt werden. Rapid definiert sich jedenfalls sehr über die 32 österreichischen Meistertitel, die man bislang einfahren konnte (dazu kommen 14 Cupsiege). Die „Mission 33“ ist inzwischen allerdings längst ein Teenager knapp vor der Volljährigkeit. Letztmals konnte der Teller nämlich 2008 hochgehalten werden, bis heute ist es der letzte Titel in Grün-Weiß. Mit der Gesamtausbeute kann Sturm als vierfacher Meister und siebenfacher Cupsieger natürlich bei weitem nicht mithalten. Die Gegenwart gehört dafür eindeutig dem amtierenden Doublesieger. Allein seit 2008 fuhren die Steirer zwei Meister- und vier Cuptitel ein.