Austria Wien, Rapid und das Derby gegen den LASK. Es war nicht gerade Bundesliga-Laufkundschaft, die Blau-Weiß Linz im bisherigen Saisonverlauf im Hofmann Personal Stadion empfangen hat. Die Ausbeute kann sich trotzdem sehen lassen, denn alle drei Spiele wurden gewonnen. „Mit dem Publikum im Rücken haben wir unser Stadion zu einer Festung gemacht“, sagt Erfolgstrainer Gerald Scheiblehner.

Der SK Sturm muss also gewarnt sein, wenn er heute beim Tabellennachbarn aus Oberösterreich aufläuft. Wobei Christian Ilzer bestimmt keine Extrawarnung braucht. Den Sturm-Trainer und Scheiblehner verbindet eine Freundschaft. Die beiden kennen sich auch schon länger. Erstmals gegeneinander gecoacht haben sie bereits im September 2015 in der Regionalliga Mitte. Ilzer gewann mit Hartberg 4:2 bei Vorwärts Steyr.

Ilzer und Scheiblehner: Mehr als nur Trainer

Schon damals sei laut Scheiblehner bei beiden Übungsleitern ein gewisses Potenzial erkennbar gewesen: „Uns beiden taugt der Trainerjob einfach, wir machen das mit großer Begeisterung. Das hat man immer schon erkannt. Als wir bei kleineren Vereinen waren, waren wir uns für nichts zu schade. Wir haben immer mehr gemacht als nur Trainer zu sein.“

Während sich Ilzer über den SC Weiz sowie Co-Trainer-Rollen in Hartberg und Wiener Neustadt nach oben arbeitete, startete Scheiblehner bei Donau Linz, ehe er nach einem Zwischenstopp bei Union St. Florian den Traditionsverein Steyr in die 2. Liga führte. Der 47-Jährige findet: „Wir haben einen vergleichbaren Weg, haben keine großartigen Fußballer-Karrieren hinter uns, konnten nicht auf Länderspiele zurückgreifen. Wir waren ehrgeizig, haben uns das hart erarbeitet und mit wenig Mitteln viel erreicht.“

Wobei man festhalten muss, dass es der frühere Mittelfeldspieler immerhin auf ein Bundesligaspiel für Austria Wien gebracht hat. Wer der bessere Kicker war, muss man also nicht diskutieren, oder? „Wir haben nie gegeneinander gespielt, aber ohne es zu wissen, vermute ich, dass ich technisch der Bessere war. Aber athletisch wird es Chris gewesen sein“, lacht Scheiblehner diplomatisch.

Christian Ilzer und Gerald Scheiblehner (beide erste Reihe vorne links) absolvierten die Pro-Lizenz unter anderem mit Ferdinand Feldhofer, Gerhard Struber und Bernhard Seonbuchner
Christian Ilzer und Gerald Scheiblehner (beide erste Reihe vorne links) absolvierten die Pro-Lizenz unter anderem mit Ferdinand Feldhofer, Gerhard Struber und Bernhard Seonbuchner © GEPA

Mit Ferdinand Feldhofer fällt dem Oberösterreicher ein weiterer Kollege aus der Trainerszene ein, mit dem ihn ebenfalls enger Kontakt verbindet. „Die Steirer dürften mir besonders am Herzen liegen“, schmunzelt Scheiblehner. Das Trio hat einst auch gemeinsam die Trainerausbildung zur Pro Lizenz absolviert. Ilzer lud Scheiblehner vergangene Saison zum Meisterstück gegen Austria Klagenfurt ins Stadion ein: „Chris ist ein Trainerkollege, dem ich den Erfolg extrem gönne. Ich schätze seine Arbeit, schätze ihn aber auch als Mensch, weil er einfach ein super Typ ist, auf den ich mich immer verlassen kann. Wir tauschen uns immer wieder aus, gehen offen miteinander um, es gibt keine großen Geheimnisse.“

Sturm im Cup alles andere als ein Wunschlos

In dieser Woche war der Austausch angesichts des anstehenden Duells eingeschränkt. Angesichts der ÖFB-Auslosung, die beiden Ende Oktober ein weiteres Aufeinandertreffen beschert hat, hätte es sehr wohl Aktuelles zu besprechen gegeben. „Aber wir haben uns eher über unsere Interviews zu Schiedsrichterleistungen unterhalten“, scherzt Scheiblehner, dem angesichts des Cup-Loses nicht wirklich zum Lachen zumute ist. Für Blau-Weiß hätte es mit Salzburg oder Sturm jeweils auswärts zwei undankbare Lose gegeben: „Eines davon haben wir erwischt. Wir hätten uns das sicher anders gewünscht, zumindest ein Heimspiel. Wir werden trotzdem versuchen zu gewinnen, denn darum geht es im Cup. Aber wenn man weiß, wie wichtig der Cup für Sturm ist, ist die Chance sehr klein.“

Ronivaldo trifft und trifft und trifft
Ronivaldo trifft und trifft und trifft © GEPA

Angesichts eines Gastspiels beim Cup-Gewinner der vergangenen beiden Jahre ist Understatement geradezu aufgelegt. Ansonsten ist Scheiblehner derzeit jedoch gut damit ausgelastet zu erklären, warum es bei Blau-Weiß so gut läuft. Nach dem schwierigen Start als Aufsteiger in der Vorsaison haben die Linzer inzwischen eine bemerkenswerte Stabilität erlangt. Durch gezielte Transfers wurde im Sommer die Kaderqualität erhöht. „Wir haben einen großen Schritt hin zu dem Fußball gemacht, wie wir auftreten wollen: Sehr aktiv, hohes Pressing, nach Ballgewinn schnell umschalten.“

Ein Goalgetter in Hochform schadet zudem nicht. Mit sechs Toren in den vergangenen fünf Ligaspielen erlebt Ronivaldo seinen x-ten Frühling. „Ein Stürmer, der trifft, ist meistens der Unterschied, ob du gewinnen kannst oder mit derselben Leistung Unentschieden spielst“, meint der Coach und weist darauf hin, dass der 35-Jährige gleichzeitig fleißig für die Mannschaft arbeiten würde, von der er wiederum profitiert: „Thomas Goiginger oder Simon Seidl sind ebenfalls gefährlich. Mittlerweile muss man auf mehrere Spieler aufpassen, nicht nur auf Ronivaldo.“

Weiterhin nebenberuflich für die ÖGK tätig

Auch in Zeiten des Erfolgs übt Scheiblehner übrigens wie gehabt seinen Nebenjob bei der Österreichischen Gesundheitskasse ÖGK aus, für die er acht Stunden pro Woche aus dem Homeoffice arbeitet: „Ich bin für ein cooles Projekt, bei dem es um Gesundheitsförderung in Fußballvereinen geht, mitverantwortlich. Da arbeite ich sehr gerne mit, es lässt sich auch problemlos vereinbaren.“

Alles andere als problemlos ist die Phase, in der sich Sturm gerade befindet. „Aber nur weil zwei Spiele vielleicht nicht so gelaufen sind, darf man sich davon nicht blenden lassen“, warnt Scheiblehner, der überzeugt davon ist, auf einen unglaublich starken Gegner zu treffen. Für ihn ist es menschlich, dass ein großer Erfolg wie das Double nicht spurlos an einer Mannschaft vorübergeht und daher die Spannung ein wenig abfallen kann. Dies ändere jedoch nichts daran, dass Sturm Unglaubliches geleistet hat und wieder einen starken Kader hat: „Aber man darf Sturm Graz nicht an der vorigen Saison messen. Denn die war so gut, da wäre es vermessen, wenn man erwartet, dass sich das immer wieder wiederholt.“