Wäre man garstig, könnte man behaupten, dass Lovro Zvonarek nur deshalb leihweise vom FC Bayern München zum SK Sturm gewechselt ist, um endlich einen Titel zu gewinnen. Denn während die Deutschen in der Vorsaison komplett leer ausgingen, feierten die Grazer mit der Meisterschaft und dem Pokal das erst zweite Double der Vereinsgeschichte. Und doch darf der erst 19-Jährige zufrieden zurückblicken. Immerhin feierte der Kroate, der 2022 von Slaven Belupo zum Rekordmeister transferiert wurde, sein Bundesligadebüt. Und nicht nur das. Bei seinem Startelfdebüt gegen Wolfsburg erzielte Zvonarek sogar sein erstes Bundesligator. „Das alles war wie ein Traum, der wahr wurde“, sagt er und erklärt auf äußerst sympathische Art, das man seinen Nachnamen wie folgt ausspricht: „Svonárek“.
Von der ersten Minute an bestätigt sich, dass sein Umfeld ihn als „sehr bodenständigen Charakter“ einstuft. Zvonarek hat ständig ein Lächeln auf den Lippen und fühlt sich in Graz sichtlich wohl. „Dieser Klub ist wie eine Familie. Das hat es mir sehr einfach gemacht, mich zu integrieren. Ich habe auch schon eine Wohnung gefunden. Und jetzt habe ich den Vorteil, nur eineinhalb Stunden von zu Hause weg zu sein“, sagt der Mittelfeldspieler. Zu Hause? Das ist in Prelog, „im Grenzgebiet zu Ungarn und Slowenien“. Die Familie kam Zvonarek schon einige Male besuchen. Nicht der einzige Grund, in Graz angekommen zu sein. „Das Essen ist fantastisch, fast gleich wie daheim.“
Dass Graz seine neue Heimat wird, kam nicht zufällig zustande. „Bis jetzt habe ich permanent einen Entwicklungsschritt nach vorne gemacht. Das, was ich jetzt brauche, sind viele Spiele. Und dafür ist Sturm genau der richtige Klub. Das ist ein Topklub in Österreich, der das Double gewonnen hat und heuer in der Champions League spielt. Dazu kommt, dass ich die Art mag, wie Trainer Christian Ilzer Fußball spielen lässt“, erklärt Zvonarek mit strahlenden Augen. Dass die früheren Salzburger Christoph Freund (Sportdirektor) und Rene Maric (Co-Trainer) mittlerweile in gleicher Rolle bei den Bayern tätig sind, erleichterte die Entscheidung. „Sie kennen unsere Arbeit und wissen, dass wir für Lovro eine sehr gute Plattform in dieser Phase sind“, sagt Ilzer dazu.
Doch was können sich die Sturm-Fans von ihrer neuen Rückennummer 14 erwarten? Einen offensiven Mittelfeldspieler, also „einen echten 10er, der Bälle auf engem Raum super verarbeiten und Stürmer in Szene setzen kann. Dazu hat Lovro eine hervorragende Technik. Er kann eine super Karriere machen“, erzählt Ilzer, dessen Trainingsmethoden bei Zvonarek viel Anklang finden. „Die Intensität ist sehr hoch. Aber es geht auch nicht anders. Auf uns wartet eine lange Saison mit Liga, Cup und Champions League. Da gilt es jetzt die Basis zu legen“, sagt der Familienmensch, der sich als Teamspieler bezeichnet, der gerne Verantwortung auf dem Platz übernimmt. „Ich war bereits mit 16 Jahren Kapitän in der ersten kroatischen Liga, auch wenn es etwas merkwürdig war, weil ich Mitspieler hatte, die 39 bzw. 35 Jahre alt waren.“
Ein echtes Vorbild hat Zvonarek nicht, obwohl er die Kabine bei den Bayern mit den Superstars wie Harry Kane, Jamal Musiala, Thomas Müller oder Leroy Sane teilte. „Auf dem Platz ist jeder Spieler gleich. Da darfst du auch nicht viel Respekt haben. Neben dem Platz ist das anders. Da ist der Respekt sehr groß. Das sind alles Weltklassespieler, von denn du jeden Tag lernst“, erklärt der Offensivakteur. „Ich will aber meinen eigenen Weg gehen. Wobei eines schon klar ist: An einem Spieler kommt man in Kroatien nicht vorbei. Und das ist Luka Modric. Es ist eine Ehre, dass ich von manchen mit ihm verglichen werde. Das was er erreicht hat, will ich natürlich auch erreichen“, sagt Zvonarek, der auf dem Feld etwas offensiver als Modric agiert.
Was bei seinen ersten Auftritten im schwarz-weißen Trikot von Sturm (u. a. auch beim 2:2 im Testspiel gegen Monaco in Windischgarsten) auffiel: Der fünffache U21-Teamspieler Kroatiens erinnert bei seinem Spielstil auch an EM-Torschützenkönig Dani Olmo. Egal, wie sehr Zvonarek sich in Graz ins sportliche Rampenlicht spielen sollte. Er meidet die große Aufmerksamkeit, so gut es geht. „Ich mag es, zu Hause zu sein.“ Da wird dann auch schon mal gerne ein Buch gelesen, darunter auch Biografien. „Zlatan Ibrahimovic und Luka Modric waren da zum Beispiel dabei.“ Wobei Zvonarek vom Typ definitiv mehr Modric als Ibrahimovic verkörpert.