Eine Doublesieger-Feier erzeugt zwangsläufig viele bleibende Eindrücke, Bilder und Emotionen. Man darf davon ausgehen, dass viele Besucher am Pfingstmontag die Party des SK Sturm am Grazer Hauptplatz mit Mika Biereth vor Augen und Andreas Schicker im Ohr verlassen haben. Nachdem die TV-Übertragung beendet war, schnappte sich der Geschäftsführer Sport auf der Bühne das Mikro, erinnerte den entthronten Serienmeister aus Salzburg daran, dass es „heuer keinen Titel für Red Bull“ gibt und legte ein Solo der inoffiziellen Sturm-Hymne „Steiermark“ hin. Seine Textsicherheit hätte den Original-Interpreten Gert Steinbäcker bestimmt stolz gemacht, die gesangliche Qualität wohl maximal aus Dankbarkeit für das Double.

Biereth mit Perücke und Schnurrbart

Aus der Wahl des Songs aus lokalpatriotischen Gründen abzuleiten, dass Schicker auch fix eine gewichtige Stimme beim amtierenden Meister und Cup-Sieger bleibt, wäre verfrüht. Dass diese Erfolgsstory des SK Sturm über die Landesgrenzen hinaus Anerkennung findet, versteht sich von selbst.

Gelungene Personalentscheidungen wie die Leihe von Arsenal-Stürmer Biereth unterstreichen Schickers Gespür für das Basteln eines Kaders. Biereth brachte nicht nur Torgefahr in einen angehenden Meisterkader, sondern erwies sich auch als menschlicher Gewinn. Mit Vokuhikla-Perücke und Schnurrbart sorgte der Däne definitiv für ein Bild, das in Erinnerung bleiben wird.

Video: Die Party am Hauptplatz

So ganz genau wusste Biereth nicht, warum es zum „Umstyling“ gekommen war. Wer dahintersteckte, wusste er dafür genau: „Stefan Hierländer. Das war eine sehr gute Entscheidung unseres Kapitäns.“ Dessen Begründung: „Das sollte eine Mischung aus Peter Pan und Schoko Schachner sein.“ Es ist anzunehmen, dass es Biereth schwerfallen würde, diesen Spaß hinter sich zu lassen. Wie es mit ihm im Sommer weitergeht, bleibt jedoch unklar. „Ich habe keine Ahnung, was kommt. Aber es ist Fußball, es gibt immer eine Chance“, schloss der 21-Jährige eine Verlängerung in Graz zumindest nicht aus.

Der „Last Man Standing“

Konkrete Zukunftsgespräche ergaben am Tag nach der schwarz-weißen Sternstunde allerdings nicht allzu viel Sinn. Biereth war derart im Feierbiest-Modus, dass er zwischen Schlusspfiff gegen Klagenfurt und Meisterfeier am Tag darauf keine Zeit fand, sein Trikot auszuziehen, sich zu duschen oder auch nur Schuhe anzuziehen. Er betrat die Bühne in schwarzen Badelatschen, seine Kollegen versenkten diese Schlapfen im schwarz-weißen Meer an Fans.

Jusuf Gazibegovic identifizierte im Goalgetter einen „starken Konkurrenten“, was das Durchhaltevermögen beim Feiern betrifft. „Last Man Standing“ sei jedoch ausnahmsweise nicht er, sondern Alexandar Borkovic gewesen. Wenig verwunderlich, dass so mancher Sturm-Spieler mit zwei müden Augen vor das enthusiasmierte Publikum trat. Rund 20.000 Fans befanden sich am Hauptplatz, in der Stadt waren laut Vereinsangaben 35.000 unterwegs, um Sturm zu sehen – viele mussten enttäuscht kehrtmachen, denn die Zugänge wurden wegen Überfüllung geschlossen, noch bevor die Mannschaft eingetroffen war.

Deren Cabrio-Bus fuhr im Konfettiregen durch die Herrengasse, womit sich eine Vision von Meistertrainer Christian Ilzer erfüllte. Nach ihrem Amtsantritt 2020 hätten Schicker und er Bilder gezeichnet, wie sie sich den Weg mit Sturm vorstellen: „Auf meinem war die Herrengasse, Cabrios und der Konfettiregen drauf. So wie eben bei einer Meisterfeier.“

Horvats Liebeserklärung

Beharrlich wurde an der Entthronung Salzburgs gearbeitet. Teils, indem man Spieler-Know-how aus der Mozartstadt an die Mur lotste. Neben Gazibegovic auch Alexander Prass oder David Affengruber, der nun zweifacher Double-Sieger ist. 2021 eroberte er mit den „Bullen“ beide Titel. „Aber es ist ein Riesenunterschied, wie sich seine erste Feier angefühlt hat und wie heute“, zollte Ilzer den Sturm-Fans Respekt.

Es waren nicht nur Ansagen wie diese, die für ­Begeisterung sorgten. Otar Kiteishvili sprach vom besten Team und den besten Fans – und das auf Deutsch. Normalerweise bevorzugt er Englisch. Auch Tomi Horvat probierte es auf Deutsch und rief – grammatikalisch nicht ganz korrekt, aber umso charmanter – ins ­Publikum: „Ich liebe dich!“ Die Liebe beruht auf Gegenseitigkeit. Eine unvergessliche Saison wurde mit Momenten für die Ewigkeit abgeschlossen. Ilzer liegt richtig, wenn er findet: „Es ist eine gute Zeit, Sturm-Fan zu sein.“