In sportlicher Hinsicht gibt es für alle Beteiligten kaum Nervenaufreibenderes, als wenn nach einer langen Meisterschaft die Titelentscheidung erst in der letzten Runde fällt. Der SK Sturm erlebt in dieser Saison nach 13 Jahren wieder einmal solch ein „Grande Finale“, und das bereits zum sechsten Mal in der schwarz-weißen Bundesliga-Historie.

Während die Grazer ihren ersten Meistertitel 1998 als Sololauf gestalteten und sich frühzeitig zum Champion krönten, wurden ihre „Endspiele“ zur wahren Achterbahn der Gefühle. Zwei Mal ging es gut aus, drei Mal strauchelte man - speziell der erste Anlauf 1981 hinterließ gebrochene Fan-Herzen.

25. Mai 2011: Trainer Franco Foda jubelt mit Samir Muratovic
25. Mai 2011: Trainer Franco Foda jubelt mit Samir Muratovic © GEPA

2010/11:

SK STURM GRAZ - FC WACKER INNSBRUCK 2:1

Die Erinnerungen an den bis dato jüngsten Meistertitel in Schwarz-Weiß sind bei vielen Sturm-Fans vermutlich noch präsent. Die Grazer gingen mit zwei Punkten Vorsprung auf Austria Wien in die letzte Runde und machten dank eines späten Siegtreffers von Samir Muratovic gegen den FC Wacker alles klar. Die Austria unterlag zeitgleich Salzburg mit 2:4 und musste Platz zwei noch an die „Bullen“ abtreten.

Die Feierlichkeiten in Liebenau bleiben unvergessen. Meistertrainer Franco Foda musste Haare lassen, Verteidiger Thomas Burgstaller hatte schon bei der Tellerübergabe ein „Vollbrett“. „Jetzt feiern wird ein paar Tage durch“, kündigte mit Andreas Hölzl der Schütze des 1:0 an.

Sturm ging zwar als amtierender Cupsieger in die Spielzeit, dennoch kam der Meistertitel überraschend. „Wenn mir jemand vor der Saison prophezeit hätte, dass wir Meister werden, hätte ich ihn für verrückt erklärt“, gestand Sportdirektor Oliver Kreuzer.

Sturm: Gratzei; Standfest, Schildenfeld, Pürcher, Perthel; Hölzl (88. Ehrenreich), Kienzl, Weber, Kainz (76. Haas); Kienast (68. Muratovic), Szabics

FC Wacker: Schumacher; Bilgen (60. Harding), Bea, Svejnoha, Pichler; Abraham;  Bergmann, Perstaller, Hauser (74. Köfler); Burgic, Hinterseer (59. Merino)

Tore: Hölzl (14.), Muratovic (84.) bzw. Hauser (29.)

27. Mai 2000: Die mitgereisten Sturm-Fans ins Ried
27. Mai 2000: Die mitgereisten Sturm-Fans ins Ried © GEPA

1999/00:

SV RIED - SK STURM GRAZ 1:1

Sturm ging 2000 mit der Hoffnung auf den dritten Meistertitel in Folge in den letzten Spieltag, erfüllte jedoch die eigene Pflicht nicht. Die Grazer hatten eine Runde vor Schluss zwar die klar bessere Tordifferenz als Tabellenführer FC Tirol, allerdings auch einen Punkt Rückstand. Das 1:1 bei der SV Ried hätte also nur im Falle eines Innsbrucker Ausrutschers zu Hause gegen Austria Wien gereicht.

Zwischenzeitlich war Sturm in diesem Fernduell sogar rund 25 Minuten lang Meister, doch Tirol behielt die Nerven. Michael Baur ließ den Tivoli mit seinem Siegtreffer beben. Sturm wiederum brachte im Innviertel die 1:0-Führung durch Tomislav Kocijan nicht über die Runden.

„Ich habe immer gewusst, dass die Tiroler keine dummen Menschen sind und auch Fußball spielen können. Tirol ist ein würdiger Meister“, gratulierte Präsident Hannes Kartnig fair.

Ried: Oraze; Lesiak; Steininger, M. Hiden; Rothbauer, Angerschmid, Glasner, Nentwich, Zeller (66. Drechsel); Anicic, Lauwers

Sturm: Schicklgruber; Foda (85. Reinmayr); Neukirchner, Milanic (80. Strafner); Schopp, Fleurquin, Schupp, Kocijan, Prilasnig; Juran (62. Szabics), Vastic

Tore: Fading (78.) bzw. Kocijan (11.)

29. Mai 1999: Ivica Osim und Mario Haas: Tränenreicher Abschied
29. Mai 1999: Ivica Osim und Mario Haas: Tränenreicher Abschied © GEPA

1998/99:

SK STURM GRAZ - FC TIROL 3:0

Als sich Freuden- und Abschiedstränen vermischten. Der ausgewechselte Mario Haas weinte hemmungslos an der Schulter von Trainer Ivica Osim und verriet wenige Augenblicke später an der Seitenlinie stehend bei noch laufendem Spiel im ORF-Live-Interview den Grund: „Das war mein letztes Spiel in diesem Stadion, ich werde den Klub verlassen.“

Die Vereins-Ikone sollte später noch oftmals in Liebenau auflaufen, aber zum damaligen Zeitpunkt hätte der Abschied kaum gebührender sein können. Bei seinem letzten Auftritt vor dem Wechsel zu Racing Strasbourg schoss Haas Sturm per Doppelpack zum Meistertitel, Jan-Pieter Martens traf ebenfalls. Die Grazer gingen mit einem Punkt Vorsprung auf Rapid, aber ohne den gesperrten Ivica Vastic in die letzten Runde und sicherten mit dem Sieg den zweiten Meistertitel in Folge.

Osim dankte Matchwinner Haas: „Ich bin immer traurig, wenn so ein Spieler den Verein verlässt. Ihn zu ersetzen, ist fast ausgeschlossen.“

Sturm: Sidorczuk; Foda; Neukirchner, Popovic; Schopp, Mählich, Schupp (76. Minavand), Martens, Prilasnig; Reinmayr (83. Berco), Haas (76. Kocijan)

FC Tirol: Tschertschessow; Barisic; Prudlo, Knavs; Wazinger, Hörtnagl, Kirchler, Anfang (64. Vacha), Marasek (60. Jochum); Scharrer (77. Kollmann), Jezek

Tore: Haas (11., 74), Martens (48.)

1. Juni 1996: Rapidler Michael Hatz gegen Ivica Vastic
1. Juni 1996: Rapidler Michael Hatz gegen Ivica Vastic © GEPA

1995/96:

SK RAPID WIEN - SK STURM GRAZ 2:0

Mehr Endspiel geht nicht! 1996 trafen die beiden Titelrivalen Rapid und Sturm im restlos ausverkauften Happel-Stadion in einem emotionalen direkten Duell aufeinander. Beide Teams verfügten über eine Tordifferenz von plus 28. Die Grazer rangierten drei Punkte hinter den Wienern, wären also bei einem Sieg Meister geworden. Roman Pivarnik und Christian Stumpf schossen jedoch die Hütteldorfer, im selben Jahr auch Europacup-Finalist, zum Titel.

„Die Europacup-Spiele haben Rapid reifer gemacht. Aber ich bin nicht sehr enttäuscht, wir haben ja noch die Chance auf den Cupsieg“, erklärte Präsident Hannes Kartnig. Der Cupsieg gelang vier Tage später tatsächlich. Es war die erste nationale Trophäe der Klubgeschichte.

In der Bundesliga wurde Sturm zum zweiten Mal in Folge Vizemeister. Streng genommen hatte die Osim-Elf auch in der Saison davor am letzten Spieltag noch die theoretische Chance auf den Meistertitel, bei einem Sieg Rückstand beziehungsweise einer um zehn Treffer schlechteren Tordifferenz auf den angehenden Champion Austria Salzburg jedoch rein rechnerischer Natur.

Rapid: Konsel; Iwanow; Schöttel, Hatz (85. Jovanovic); Pivarnik, Heraf (80. Guggi), Stöger, Kühbauer, Barisic, Marasek; Jancker (72. Stumpf)

Sturm: Gill; Tschernyschow; Milanic, Posch (59. Prilasnig), Schopp, Swierczewski, Hörmann, Wetl, Gruber (59. Reinmayr); Vastic, Haas (62. Neukirchner)

Tore: Pivarnik (7.), Stumpf (87.)

Gelb-Rote Karte: Tschernyschow (60.)

20. Juni 1981: In der Gruabn wurden Sturms Titelträume begraben
20. Juni 1981: In der Gruabn wurden Sturms Titelträume begraben © Sammlung Sturm Graz/Fischer

1980/81:

SK STURM GRAZ - SK RAPID WIEN 1:4

Mit ein wenig Schützenhilfe hätte Sturm schon in der vorletzten Runde Meister werden können, spielte beim LASK jedoch 2:2. Abergläubische Fans müssen jetzt ganz stark sein, denn damit ist nicht die laufende Saison gemeint. 1980/81 gingen die „Blackies“ trotz des Punkteverlusts in Linz als Tabellenführer ins Meisterschafts-Finish, hätten „nur“ das Heimspiel gegen Rapid gewinnen müssen, hielten diesem Druck jedoch nicht Stand.

Mit 1:4 ging Sturm im mit 22.000 Zuschauern völlig überfüllten Bundesstadion Liebenau unter. Christian Keglevits und Bernd Krauss jubelten für die Hütteldorfer jeweils doppelt, Bozo Bakota gelang per Elfmeter das zwischenzeitliche 1:2. Zum Meister krönte sich Austria Wien dank eines 6:1-Triumphs gegen den GAK. „Wir spielten im letzten Match gegen Rapid nicht so schlecht, aber das Team war nicht reif genug. Psychologisch“, erinnerte sich der damalige Trainer Otto Baric später im „SturmEcho“.

Der Song „SK Sturm wird neuer Meister“ der Schlagerband White Stars schallte im Nachhinein etwas voreilig aus dem Radio, schaffte es jedoch es als beliebter Youtube-Klassiker in die Gegenwart. Der eigens produzierte Meistersekt wurde umetikettiert als „Vizemeistersekt“ zum Sammlerstück.

Sturm: Saria; Grössinger, Schilcher, Pichler, Schauß; Breber, Steiner, Stendal (62 Hörmann), Kulmer (46. Pfleger); Jurtin, Bakota

Rapid: Feurer; Weber; Krauss, Garger, Pregesbauer; Hickersberger, Kienast, Panendka (87. Weinhofer); Gröss, Krankl, Keglevits

Tore: Bakota (49.) bzw. Keglevtis (38., 67.), Krauss (48., 88.)