Ein „Gefühlschaos“ sei die Dienstreise nach Linz gewesen, findet Jusuf Gazibegovic angesichts der Berg- und Talfahrt bei diesem 2:2. Natürlich war den Gesichtern der Sturm-Spieler die Enttäuschung über den vergebenen ersten Matchball auf den Meistertitel anzumerken. Praktischerweise gibt es am Sonntag gegen Klagenfurt die zweite Gelegenheit, den Sack zuzumachen.

Die (mentale) Vorbereitung darauf begann noch in der Kabine auf der Linzer Gugl. „Der Trainer hat die richtigen Worte gefunden. Wir haben uns noch mal eingeschworen und wissen, was wir in dieser Woche zu tun haben“, berichtet Gregory Wüthrich. Neben Dauerbrennern wie gutem Training und richtigen Fokus erwähnt der Schweizer auch, dass man „trotzdem eine gewisse Leichtigkeit“ finden müsse und „im Kopf nicht verkrampfen“ dürfe.

Schlagworte wie Druck oder Nervosität werden im „Endspiel“ gegen Klagenfurt selbstverständlich omnipräsent sein. Über die Favoritenrolle muss man nicht diskutieren. Aber in genau diesem einen Match den Meistertitel fixieren zu müssen, ist kein Arbeitstag wie jeder andere. Selbst gegen einen Underdog wie die Kärntner.

„Es ist bekanntlich nie leicht, kurz vor einem großen Ziel zu stehen und den letzten Schritt zu machen“, weiß Coach Christian Ilzer und spricht davon, dass man genau in dieser Situation Vertrauen in sich selbst und in das Team haben müsse: „Dann kann man diesen letzten Schritt mit großer Überzeugung und Selbstsicherheit gehen. Dann ist Party!“

Der 46-Jährige erscheint prädestiniert, diese Selbstsicherheit vorzuleben. Selbstverständlich weiß auch er, dass der Kopf in einer der wichtigsten Wochen der Vereinsgeschichte eine Hauptrolle spielen werde: „Das sind alles Menschen, natürlich ist es in den Köpfen drinnen.“

Die Steuerung der Gedanken

In der Vorbereitung und speziell am Sonntag zählt die richtige Steuerung der Gedanken. Selbige dürfen sich nicht darum drehen, was nach dem Spiel sein könnte, oder dass man schon eine Hand am Meisterteller hätte. Die großen Schlachten würde man laut Ilzer auf jenem Level gewinnen, auf dem es um die rohe Kraft geht.

Das bedeutet: „Du musst dir sagen, ich fordere mich selbst, gehe an meine Grenzen und sogar einen Schritt darüber, spüre meine Mitspieler an meiner Seite, nehme mit ihnen gemeinsam die Challenge an, die ein Fußball-Spiel zu bieten hat. Ich muss gedanklich auf meine Aufgaben konzentriert sein.“

Genau darauf werde man die Mannschaft im Hinblick auf das Klagenfurt-Match fokussieren: „Dann spielen die Nerven überhaupt keine Rolle, weil du weißt, was du kannst. Das hast du oft genug bewiesen. Nur darauf richtest du deine Stirnlampe, dann gehst du diesen Schritt. Ich glaube, alle die zuschauen, sind viel nervöser als meine Spieler.“

Was in der Theorie logisch klingt, ist im Fußball in der Praxis mitunter schwierig umzusetzen. Ein Vorteil für Sturm könnte die in den vergangenen Jahren gewonnene Erfahrung in großen Spielen sein. Speziell in Endspiel-Situationen wie im ÖFB-Cup konnte Schwarz-Weiß dem Druck standhalten.

Mit einem Sieg würde Sturm aus eigener Kraft den vierten Meistertitel in der Klubgeschichte fixieren. Sollte der Heimsieg in Liebenau nicht gelingen, bleibt trotzdem das Hintertürchen, dass Verfolger Salzburg erst gegen den LASK gewinnen müsste, um einen etwaigen Umfaller der Steirer zu nutzen.

Keine gemütliche Spazierfahrt

Die Oberösterreicher werden die Saison definitiv als Dritter abschließen, weswegen es im Prinzip um nichts mehr geht. LASK-Trainer Thomas Darazs verspricht dennoch, Salzburg ein Bein stellen zu wollen: „Ich bin jetzt 46 Jahre alt und habe noch nie erlebt, dass irgendeine Mannschaft in einem Match nicht volle Pulle gibt oder nicht gewinnen will. Wir haben das Ziel, eine super Leistung zu bringen und wenn möglich zu gewinnen.“

Ob Sturm oder Salzburg den Teller in die Höhe stemmen, sei für den LASK unerheblich. Egal welchem Meister werde man die Hand reichen und gratulieren. In Graz wiederum möchte man sich auf Linzer Schützenhilfe nicht verlassen. „Wir wollen erst gar nicht nach Salzburg blicken müssen“, unterstreicht Ilzer.

„Mit dem Druck umgehen zu können, macht dich zu einer Meistermannschaft. Diese Challenge müssen wir in dieser Woche meistern“, verdeutlicht der Erfolgscoach und kalkuliert ein, dass die letzte Etappe keine einfache wird: „Es wird keine gemütliche Spazierfahrt, sondern noch mal richtig rascheln. Es wird hin und hergehen, es wird die eine oder andere große Prüfung auf uns warten. Wenn wir die schaffen, sind wir verdient österreichischer Meister.“