„Wir versuchen, nicht allzu viel zu verändern“, erzählt Jusuf Gazibegovic. Auf den letzten Metern angesichts der immer näherkommenden Ziellinie vom bisherigen Erfolgsrezept abzuweichen, wäre auch nicht richtig. „Keiner verstellt sich, jeder ist so, wie er ist. Ich mache trotzdem meine Späße und schaue, dass nicht zu viel Anspannung drinnen ist“, verrät der Rechtsverteidiger, der als einer der Spaßvögel im Kader gilt.

Zwei Matchbälle, noch ein Sieg, am besten bereits am Sonntag beim LASK. Der SK Sturm steht vor dem Meistertitel in der Bundesliga. Keine Frage: Da könnte man schon mal Anspannung verspüren. Vielleicht wäre dies sogar besser, als angesichts von vier Punkten Vorsprung auf Salzburg bereits zu siegessicher zu sein. Nachgelassen habe deshalb erst recht keiner: „Jeder hat noch eine Schippe draufgelegt und haut noch mal zehn Prozent mehr rein im Training.“

Gazibegovic bringt auf den Punkt: „Wir müssen diese Geschichte einfach schön fertig schreiben.“ Im Herbst wies der 24-Jährige darauf hin, dass es bei Sturm keine Ankündigungsmonster geben würde. Intern war der Titel Thema („Man will nicht Zweiter werden, wenn man schon zwei Jahre gut mit Salzburg mitgehalten hat“), in der Öffentlichkeit sparte man sich Kampfansagen: „Wer viel redet, muss auch liefern. Ich halte es für einen Vorteil, wenn man sich nicht so einen Druck macht.“

In der finalen Phase kommt der Druck ohnehin von allein. Hand in Hand mit einer Welle der Euphorie, die im Idealfall beflügelt. Natürlich würde man spüren, wie sehr die Stadt auf den Titel brennt. Der Gewinn der Meisterschaft wäre laut Meinung des bosnischen Teamspielers auch noch einmal etwas anderes als der Cup: „Gerade in Österreich ist es eher unwahrscheinlich, dass du Meister wirst, denn mit Salzburg hast du einen Verein, der finanzielle Möglichkeiten hat wie alle anderen elf Vereine zusammen.“

Wartet ein schwerer Sommer?

Gelingt es Sturm, den Serienmeister nach  zehn Meistertiteln in Folge zu entthronen, würde dies die Transferzeit noch spannender machen. Schließlich könnte eine direkte Qualifikation für die Champions League Einfluss auf so manche Zukunftsentscheidung haben. Auch Gazibegovic (Vertrag bis 2026) gilt als heißer Kandidat auf den nächsten Schritt.

Um die „Blackies“ tatsächlich zu verlassen, müsse jedoch etwas „richtig Gutes“ kommen. Die Königsklasse sei einer seiner Träume: „Sollte ich mich entscheiden müssen, wird das kein leichter Sommer für mich. Ich würde versuchen, wieder auf meinen Kopf und meinen Bauch zu hören und erneut die richtige Entscheidung zu treffen, wie damals jene für Sturm.“

Bevor der Titel eingefahren ist, von Änderungen zu sprechen, ist ohnehin verfrüht. Noch dazu von einer solcher Tragweite. Denn derzeit soll ja bloß nichts geändert werden. „Bei uns läuft sogar immer die gleiche Playlist“, berichtet Gazibegovic. Aktuell bekommen die Sturm-Ohren oftmals Bushido oder englischen HipHop zu hören. Austropop ist nicht so „Gazis“ Sache, aber: „Nach Siegen kommen die österreichischen Kracher aus den Boxen. Dafür sind dann aber eher Alexander Prass, David Schnegg, David Affengruber oder Stefan Hierländer verantwortlich.“

Ein Perfektionist zwischen unordentlichen Kollegen

Apropos Hierländer: Der Kapitän „enthüllte“ am Tag vor dem Cupfinale in der Kleinen Zeitung die „extremen Ticks“ seines Kabinennachbarn Gazibegovic: „Ich habe mich dran gewöhnt, dass er minutenlang vor seinem Spind steht, alles kontrolliert und zig mal sein Auto auf- und zusperrt.“ Eine Beschreibung, die offenkundig ziemlich exakt ausgefallen ist.

„Es stimmt, ich bin ein sehr ordentlicher Mensch. Bei mir muss immer alles perfekt sein. Wenn nicht, bleibe ich so lange, bis es perfekt ist. Ich mag es nicht, wenn es unordentlich ist – das ist kein so schlechter Tick“, sagt Gazibegovic und gibt lachend zu, dass er an so manchem Kollegen verzweifelt: „Bei uns gibt es sehr viele Unordentliche. Es gibt ein paar, bei denen es im Spind ausschaut wie nach einer Explosion.“

Gewagte Prognose: Gazibegovic wird es verkraften, sollte eine etwaige Meisterparty für Chaos in der Sturm-Kabine sorgen.