„Da braucht es eine magische Nacht“, sagt Herbert Troger im Hinblick auf das Achtelfinal-Hinspiel in der Conference League gegen Lille am Donnerstag (18.45 Uhr) in Graz. Und der Vorsitzende des Beirats des SK Sturm muss es wissen. Immerhin erlebte er mit den Schwarz-Weißen schon zahlreiche solcher Nächte.. Was die internationalen Auftritte anbelangt, gelang es Sturm bislang vier Mal in die besten 16 eines Europacup-Bewerbes einzuziehen.
In der Saison 1968/89 gab es die Europacup-Premiere. Im Mitropapokal spielten nur 16 Mannschaften aus fünf Nationen (Österreich, Jugoslawien, Tschechoslowakei, Ungarn und Italien) mit. Gegen Vasas Budapest kam im Achtelfinale das Aus. „Das Rückspiel war im Dezember 1968 in der Gruabn angesetzt, musste aber wegen zu viel Schnee in den Februar verschoben werden. Aber auch da hat man das Feld mit Müh und Not freigeschaufelt“, erinnert sich Troger, das wandelnde Sturm-Lexikon ganz genau. „Trainer Gerd Springer war damals als Peitschenknaller bekannt, war aber der erste, der Sturm in die Höhe gepeitscht hat.“
Als wahrer „Sir“ machte sich Karl Schlechta einen Namen. Als Cupfinalist führte er Sturm in den Europapokal der Pokalsieger, weil Wacker Innsbruck das Double holte. Dort ging es für die Steirer sogar bis ins Viertelfinale. Gegen Eintracht Frankfurt gab es zwei Niederlagen. „Das Heimspiel in Liebenau hat an einem Faschingsdienstag direkt nach dem Faschingsumzug in Graz stattgefunden. Das wäre heute komplett undenkbar“, erzählt Troger.
Ebenfalls in die Runde der letzten Acht schaffte es Sturm 1983/84. Nach einem 0:1 in Nottingham scheiterte die Mannschaft von Trainer Gernot Fraydl erst in der Verlängerung an den Engländern. Ein umstrittener Elfmeterpfiff sorgte für das Ausscheiden. „21.000 Zuschauer waren damals im Liebenauer Stadion. Robert Seeger hat für den ORF auf der Laufbahn kommentiert. Es waren andere Zeiten“, sagt Troger mit einem Grinsen. Andere Zeiten auch deshalb, weil ein Profibetrieb bei Sturm zu dieser Zeit noch undenkbar wa.r „Die paar Legionäre waren Vollprofis, aber alle anderen haben nebenbei gearbeitet. Deshalb waren diese Erfolge auch eine Sensation. Erst in den 1990er-Jahren hat Sturm komplett mit Vollprofis gespielt.“
Und 2000/01 sollte so auch der größte Erfolg einer österreichischen Fußballmannschaft gelingen. Trainer Ivica Osim führte die Grazer sensationell in die zweite Gruppenphase der Champions League, die damals statt des Achtelfinales ausgetragen wurde. „Das war eine andere Welt, eine komplett andere Dimension“, sagt Troger und erinnert sich an die legendären Duelle gegen Manchester United, den späteren Finalisten Valencia und Panathinaikos Athen. Gegen die Griechen gelangen tatsächlich zwei Siege.
Ausverkaufte Stadien galten damals als Usus. Auch am Donnerstag wird die Merkur-Arena wieder aus allen Nähten platzen. „Es ist eine super Phase derzeit, bei dem ein Highlight nach dem anderen ansteht. Früher war ein volles Stadion die Ausnahme“, erklärt Troger, der auch im Betreuerstab eklatante Unterschiede zu früher feststellt. „Wenn man die Anzahl der Trainer und Betreuer vergleicht, ist diese natürlich ganz stark gestiegen. Auch die ganzen Messdaten für die Analysen hat es früher nicht gegeben. Die skurrilen Methoden unter Gerd Springer, der die Spieler in der Gruabn stundenlang die Tribüne hinauf- und herablaufen ließ, sind ja auch nicht mehr modern“, sagt Troger mit einem Augenzwinkern.
Der 72-Jährige wird auf jeden Fall am Donnerstag – wie auch schon in den vier vorangegangenen internationalen Topsaisonen mit mindestens einem Achtelfinaleinzug – im Stadion sein. Der Traum von einer weiteren magischen Nacht lebt.