Auf längeren Busfahrten kam es vor, dass Boris Hüttenbrenner in seiner Zeit als Fußballprofi seine Lernunterlagen mithatte. „Manchmal hat mich am Abend mein Zimmerkollege Alex Kofler abgeprüft“, erinnert sich der 38-Jährige, der seit dieser Saison neben Harald Hochleitner als Geschäftsführer des GAK fungiert. Der Weg zu dieser Rolle begann schon in der aktiven Karriere.
Karriereende mit dem Bachelor in der Tasche
218 Mal lief der Steirer für Kapfenberg und Wolfsberg in der Bundesliga auf. Während seiner Zeit beim WAC schloss er an der Universität Klagenfurt den Bachelor in angewandter Betriebswirtschaft ab, der Master folgte nach dem Karriereende. „Für mich war immer klar: Wenn du nicht bei einem Topverein in Österreich spielst, musst du nach der Karriere noch lange arbeiten. In den mittleren 20ern wissen heutzutage viele Spieler, dass es wichtig ist, sich darauf vorzubereiten“, erläutert Hüttenbrenner. Dies tat er, ohne ganz konkret einen Job im Fußball im Kopf zu haben: „Der Fußball ist immer der Best Case, der aber in den seltensten Fällen Realität wird. Dafür gibt es zu wenige Posten bei Profivereinen.“
Auch Hüttenbrenner verschlug es zuerst in die Privatwirtschaft, bei der Merkur Versicherung war er bis zum Juli in der betrieblichen Organisation tätig. Gleichzeitig diente der GAK als Verbindung in den Fußball. Der damalige Trainer David Preiß suchte 2018 jemanden, der sich um die Gegneranalysen kümmert. Dies wurde über die Jahre professionell, damals musste man die Standards niedriger ansetzen.
„Das war am Übergang von der Landesliga zur Regionalliga. Da hast du selbst am Platz mit dem Handy gefilmt“, schmunzelt Hüttenbrenner, der sich bis zur Vorsaison um diese Agenden gekümmert hat. Zudem fungierte er als Scout. Beides nebenberuflich: „Gegneranalysen sind zeitunabhängig, das habe ich am Abend gemacht. Das Scouting war meistens bei Freitagsspielen oder am Wochenende. Das hat sich gut vereinbaren lassen.“
Sportlicher Background. Betriebswirtschaftlicher Background. Erfahrung beim Arbeitgeber GAK. Kann man auf einen neuen Job eigentlich besser vorbereitet sein? „Von der Karriere davor her ist es ganz okay“, sagt Hüttenbrenner bescheiden. Ob es dann auch in der Praxis funktioniert, wisse man im Vorfeld nicht. Der Vorstand des GAK ist jedenfalls im Glauben auf ihn zugekommen, dass er die Voraussetzungen für die Aufgabe mitbringt. Seine Arbeitsweise ließ sich nebenberuflich jahrelang beobachten.
Wichtige betriebsinterne Themen
Das tägliche Tun umfasst nun viele für Außenstehende trockene, aber umso wichtigere Themen. Gerade für jemanden, der aus der Organisationsentwicklung kommt. Es geht darum, Strukturen zu schaffen, Prozesse zu optimieren, Verantwortlichkeiten zu definieren, an den Schnittstellen zwischen einzelnen Bereichen zu feilen, die interne Kommunikation zu entwickeln. Abläufe, die vor zwei Jahren gut waren, müssen es heute nicht mehr sein. „Für diese Themen war in den letzten Jahren nicht so viel Zeit, weil der Fokus am Sportlichen gelegen ist. Der Fokus wird weiter am Sport liegen, aber meine Bestellung bedeutet, dass auch darauf Augenmerk gelegt wird.“
Streng nach Organigramm ist der neue Geschäftsführer nun der Chef von Sportchef Dieter Elsneg, zu dessen Stab er bislang gezählt hat. „Hierarchisch gesehen ist es wahrscheinlich so. Aber seit Didi Sportdirektor ist, arbeiten wir eng zusammen. Wir diskutieren viel und denken intensiv nach, was die beste Lösung für den GAK ist. So wie wir miteinander arbeiten, spielt Hierarchie absolut keine Rolle“, relativiert Hüttenbrenner.
46 Pflichtspiele haben die beiden einst in Kapfenberg gemeinsam absolviert. Mit Trainer Gernot Messner stand Hüttenbrenner zwar nie bei einem Pflichtspiel auf dem Platz, doch 2013 beim WAC gemeinsam im Kader. Die beiden sportlichen Protagonisten des GAK schon seit langer Zeit zu kennen, bewertet Hüttenbrenner als Vorteil: „Gerade in einer hektischen Welt wie dem Fußball ist es leichter, wenn man jemanden persönlich mag, gut kennt und weiß, wie jemand tickt.“
Apropos hektische Welt. Hüttenbrenner war als aktiver Kicker ein verlässlicher Arbeiter, strahlt nach wie vor Ruhe aus. Ob dies nun im emotionalen Fußball-Umfeld ein Vorteil ist, werde sich erst zeigen, wenn es einmal nicht so läuft: „Ich kann meine Art gar nicht ändern, weil ich einfach diesen Charakterzug habe. Es wäre nicht glaubhaft, wenn ich auf einmal mit Emotionen um mich werfen würde. Aber ich habe gelernt, klar anzusprechen, wenn mir etwas wichtig ist.“
Hüttenbrenner geht es um Nachhaltigkeit
Als Spieler waren die beiden Offensivstars Dennis Bergkamp und Giovane Elber seine Vorbilder. „Also Spieler, die absolut nicht zu mir gepasst haben“, lacht der frühere Defensivspezialist. Vorbild für die zweite Karriere gibt es keines: „Das heißt aber nicht, dass es nicht genügend gute Role Models gibt. Aber ich war in den letzten Jahren nicht darauf bedacht, dass ich eine Geschäftsführerrolle bei einem Sportverein einnehmen werde. Ich versuche es jetzt auf meine Art zu machen.“
Diesbezüglich ist die Devise klar: „Jetzt ist es einmal wichtig, den GAK in der Bundesliga zu etablieren: Das ist eine Phrase, aber es ist essenziell. Sportlich und wirtschaftlich geht es um Nachhaltigkeit.“ Das Schlüsselwort lautet Kontinuität. Mit so wenig Schwankungen wie möglich. Nur dann könne man sich als Verein gut und gesund weiterentwickeln. Womit er nach drei oder vier Jahren zufrieden wäre? „Dann wäre es schon nett, wenn wir in Richtung Meistergruppe schauen könnten.“