„Ich war als Zehnjähriger zuletzt in Togo. Ich kann mich aber erinnern, als wir mit Steinen und zerfledderten Toren gespielt haben. Ich habe richtige Fußbälle dagelassen, was für sie etwas Besonderes war“, erzählt Klagenfurts Neuverpflichtung Dikeni Salifou, dessen Vater aus Togo und die Mama aus Benin stammt. „Wir haben in Togo eine riesige Familie. Jedes Mal wenn die Nationalmannschaft zum Thema wird, melden sich Angehörige und fragen, wann ich vorbeikomme“, grinst der Kicker, der vergangene Saison sein Debüt im Nationalteam von Togo gefeiert hat. Im Prinzip kann man es drehen und wenden, doch Salifou lebt den Fußball und schätzt sich glücklich, diesen Sport ausüben zu können.
Die Rassismus-Thematik lässt niemanden kalt, insofern habe ihm sein Vater von klein auf vermittelt, wie er am besten damit umgehen soll. „Wenn dich jemand beleidigt, weißt du, dass du gut bist. Sie wollen dich nur stören und ablenken. Wenn man das an sich ranlässt, haben sie gewonnen. Ich solle die Antwort am Feld geben, der Größere, Stärkere und Vorbild sein“, verriet Salifou, der mit vier Jahren im Kindergarten entdeckt wurde. „Die Erzieherin meinte, dass mich meine Eltern bei einem Verein anmelden sollen, da ich ständig nur gekickt habe. Und so kam eines zum anderen“, erklärt der 1,91-Meter-Hüne, der mit neun Jahren in die Akademie zu 1860 München wechselte.
„Ich habe schnell gelernt, selbstständig zu sein“
Salifou stand früh auf eigenen Beinen, wurde in einer Eliteschule für Fußballer unterrichtet. „Ich bin täglich von viertel vor sechs mit dem Zug los und kam abends retour. Ich habe schnell gelernt, selbstständig zu sein.“ Eine Phase, die den Deutschen enorm geprägt hat. Der flexible Mittelfeldakteur plaudert heute noch mit Kollegen über die Vergangenheit und „manchmal fragen wir uns, wie wir das alles geschafft haben. Viele Sachen realisiert man erst, wenn man später zurückblickt. Aber wenn man die Liebe zum Fußball hat, dann überwindet man vieles.“
Nach seiner Zeit in München zog es ihn schließlich nach Augsburg, wo er alle Jugendstationen bis zur U19 absolviert hat, ehe er den Sprung zu den Großen schaffte. „Ich stand dreimal im Kader. Auch wenn ich nicht zum Einsatz gekommen bin, waren es unglaubliche Erfahrungen. Allein die Eindrücke in Köln waren unbeschreiblich, das war Gänsehaut pur“, sagt Salifou, der anschließend zu Werder Bremen wechselte. Der fulminante Aufstieg wird auch für ihn unvergessen bleiben. „Ich bin von der U19 direkt in die Bundesliga. Da wurde mir bewusst, wie schnell es gehen kann“, verdeutlicht Salifou, der dazwischen als Leihspieler bei Juventus Turin (Next Gen) sein Potenzial aufblitzen ließ. „Das war eine andere Art, wie man lebt und ich konnte dort vom defensiven Fußball, unter Trainer Massimiliano Allegri, einiges mitnehmen“, meint Salifou, der sich mit Bündelrissen im Adduktorenbereich auskennt.
Auf seine Qualitäten angesprochen, unterstreicht er, dass die Balleroberung, das Konterspiel sowie das Eins gegen Eins zu seinen Stärken zählen. Luft nach oben sieht er konkret bei den Abschlüssen, im offensiven Kopfballspiel und in der Entscheidungsfindung. Die violetten Fans haben den 21-Jährigen, dessen Idol Paul Pogba ist, im Nu ins Herz geschlossen. Coach Peter Pacult hat unverzüglich seinen Eindruck hinterlassen. „Er fordert seine Spieler und holt das Maximale aus ihnen heraus. Man darf ruhig strenger sein, er meint es nur gut mit einem und will uns nur verbessern. Ich schätze das.“ Fußballerisch sprach der Wiener von einwandfrei, „aber er hat mir nähergebracht, dass ich an meiner Mentalität und Körpersprache arbeiten muss und daher mehr Spannung und Präsenz zeige“, sagt Salifou, der eine gewisse afrikanische Entspanntheit ausstrahlt und der vor jeder Begegnung sein Gebet verinnerlicht.
Die Familie geht ihm über alles
Während er am Feld seinen Emotionen freien Lauf lässt – „da kann ich mich schon mal übertrieben aufregen oder härter agieren“ – ist er privat der lockere, introvertierte Typ, der leidenschaftlich und seiner Meinung nach „ganz gut“ Basketball spielt. Demnach verfolgt er die NBA und outet sich als Memphis Grizzlies-Fan. Er bevorzugt Rap und Hip Hop und kann keinem afrikanischen Essen widerstehen. Die Familie geht ihm über alles. Während er sich für das „runde Leder“ entschieden hat, sind seine jüngeren Schwestern dem Turn- und Tanzsport „verfallen“. „Sie haben vor beim nächsten Heimspiel da zu sein. Darauf freue ich mich total.“