"Dieser Mitgliederverein muss im dritten Jahrtausend ankommen! Der Mitgliederverein, so wie er im Moment ist, ist nicht führbar", sagte Rapids baldiger Ex-Präsident Martin Bruckner am Sonntag. Tags zuvor hatte er erklärt, seine Kandidatur für eine zweite Amtszeit zurückzuziehen.
Auf einen Nenner gebracht, brauche es schlankere Entscheidungsstrukturen, ließ Bruckner durchklingen. "Ich kann nicht in hunderttausend Gremien irgendwas machen. Wir sind im Wettbewerb mit einer Mannschaft wie Red Bull Salzburg, dem LASK, die auch eine wahnsinnig breite Mitgliederbasis haben, und da gibt es noch ein paar andere Mannschaften. Aber dort sind die Entscheidungswege sehr viel kürzer", betonte er. "Ich glaube an den Mitgliederverein, das sage ich ganz offen. Aber nicht in dieser Form, wo man sich gegenseitig lähmt und so viel Kraft nach innen geht."
In seiner nun hinfälligen Agenda für die Zeit 2022 bis 2025 sei dieses Thema enthalten gewesen. Es gehe darum, die Satzung und die Entscheidungsfindung fit für die moderne Welt zu machen. "Ohne dem wird es für den SK Rapid ganz schwer werden, im Konzert der Großen in diesem Land weiterhin mitzuspielen", meinte Bruckner, der generell eine "sehr, sehr negative Stimmung" im Verein ortet. Er habe seit seinem Amtsantritt vor drei Jahren versucht, entstandene Gräben zuzuschütten und auf Personen zuzugehen, die seine Wahl nicht unterstützt haben. Aber "wenn du in Permanenz erkennst, dass du mit all deinen Aktivitäten an die Wand läufst, muss man einmal die Konsequenzen ziehen".
Bruckner sprach damit, ohne das Kind allerdings beim Namen zu nennen, Richtungskämpfe und verschiedene Fraktionen innerhalb des Vereins an. Mehrheitlich geht es um Personen, die keine offizielle Funktion, aber dennoch Einfluss haben. Der harte Kern der Anhänger, die im Block West beheimateten Ultras, hatte sich im Vorfeld seiner Inthronisierung im November 2019 hinter Bruckner und gegen seinen Herausforderer Roland Schmid gestellt. Die Wahl entschied Bruckner mit 53 Prozent Zustimmung knapp für sich. Zum Schluss war das Verhältnis zur organisierten Fanszene nicht mehr reibungslos.
Klub erlitt Imageschaden
Dass in der Nacht des Conference-League-Ausscheidens gegen den FC Vaduz aus Liechtenstein im Allianz Stadion lautstarke Diskussionen mit Fanvertretern geführt worden sind, verteidigte Bruckner prinzipiell. "Wir sind der größte Mitgliederverein in diesem Land, daher sind alle Aktivitäten, die hier geschehen, ein bisschen eine Solitärsache. Aber in Deutschland ist es nicht ganz unüblich, bei den anderen großen Mitgliedervereinen, dass man sich mit den führenden Köpfen in der Fanszene austauscht", erklärte der Manager. Trotzdem habe der Club imagetechnisch "einen wirklichen Schaden erlitten am Donnerstag". Es werde im Nachgang Gespräche mit besorgten Sponsoren geben (müssen).
Die erste Amtszeit seines Teams sei "wirklich erfolgreich" gewesen, man habe alle wesentlichen Vorhaben positiv abgearbeitet, hielt Bruckner fest. "Wir werden am Ende dieses Geschäftsjahres ein Eigenkapital von über 20 Millionen haben." Im sportlichen Bereich war Rapid "zweimal Vizemeister, wir sind halt leider einmal Fünfter geworden". Auf Trophäen müssen die Fans bereits seit dem Meistertitel 2007/08 warten.
Im medialen Geplänkel um mögliche Nachfolger von Bruckner hat sich eine grün-weiße Identifikationsfigur schon aus dem Rennen genommen. Ex-Stadionsprecher Andy Marek winkte am Sonntag nach dem 1:2 gegen Sturm Graz ab. "Meine Lebensplanung schaut anders aus", sagte der Moderator und Musiker im Sky-Interview. "Vor 2025 geht das nicht, weil ich einfach viel Arbeit habe." Bis ein neues Präsidium die Arbeit aufnimmt, helfe er aber gerne mit. Bruckner zufolge ist vorerst jedoch alles beim Alten: "Unser Präsidium ist voll handlungsfähig. Wir bleiben bis zur Wahl eines neuen Präsidiums."