Nach der befürchteten Kunde der Fußball-Bundesliga ist die Austria auf der schier verzweifelten Suche nach fehlenden Millionen. Den vorerst lizenzlosen Wienern droht zum 110-jährigen Vereinsjubiläum das sportliche und finanzielle Fiasko. In der Führungsetage des Traditionsclubs soll es rumoren, für Freitag ist dem Vernehmen nach die nächste Sitzung des Aufsichtsrats anberaumt. Club-Legende Toni Polster ist derweilen "angst und bange um meine Austria".
Anfang März schien die Lösung der Probleme geschafft. Mit der Insignia-Gruppe sollte die Kurve gekratzt werden. Vom neuen Partner gab es nun jedoch eher kryptische Meldungen. Dass Vizepräsident Luka Sur in einem Instagram-Posting am Dienstagabend erklärte, die Lizenz sei "nie unsere Verpflichtung" gewesen, warf Fragen auf. Gerade das auf Lifestyle-Produkte der gehobenen Klasse setzende Unternehmen sollte jene finanzielle Absicherung ermöglichen, damit die Spielgenehmigung für die kommende Saison erteilt wird.
Vom mit viel Pomp und großen Ansagen präsentierten "strategischen Partner" wurde für die finanziell schwer angeschlagene Austria - laut dem jüngsten Geschäftsbericht liegen die Verbindlichkeiten bei 78 Millionen Euro - offenbar noch keine Abhilfe geschafft. Eine Bankgarantie, die die Austria für die Lizenzunterlagen benötigte, blieb vorerst aus. Rund sieben Millionen Euro sollen fehlen. Wie Sur schrieb, bleibe die Insignia-Gruppe der Partnerschaft freilich "voll und ganz verpflichtet".
Die Austria hat bis 21. April Zeit, die fehlenden Unterlagen nachzureichen. Das Urteil in zweiter Instanz erfolgt eine Woche später. Vom Wiener Verteilerkreis wollte man sich vorerst nicht näher äußern. Man arbeite vehement daran, die Lizenz zu erhalten, hieß es auf Anfrage. Präsident Frank Hensel hatte am Dienstag nur ein knappes Statement abgegeben. "Wir wissen durch den heute erhaltenen Lizenzentscheid ganz genau, welche Anforderungen an uns gestellt werden und worauf wir uns fokussieren müssen", wurde Hensel darin zitiert.
Gibt es auch am 28. April keine Lizenz für die Favoritner, bleibt noch der Gang vor das Ständige Neutrale Schiedsgericht. In Anbetracht der Lage ist aus heutiger Sicht dort aber keine grundlegende Wende zu erwarten. Auch dürfen dort keine neuen Unterlagen mehr eingereicht werden. Bekommt die Austria vor dem Schiedsgericht keine Lizenz, wird sie in den Wiener Landesverband zurückgereiht. Dann müssten auch die Young Violets aus der 2. Liga absteigen.
Intern soll es Grabenkämpfe geben. Im Mittelpunkt: Vorstand Markus Kraetschmer. Der langjährige Manager wird von einigen Funktionären für die derzeitige Lage verantwortlich gemacht, sein auslaufender Vertrag soll aber um ein Jahr verlängert werden. Es soll Stimmen gegen diese Entscheidung geben - spätestens nachdem Sportchef Peter Stöger am vergangenen Wochenende mit der Ankündigung seines Abschieds von der Austria vorpreschte und dabei indirekt auch Aussagen von Kraetschmer dafür verantwortlich machte.
Für die Anhängerschaft der "Veilchen" ist der langjährige Manager des Vereins bereits länger der Buhmann. Eine nach dem Lizenzentscheid gestartete Online-Petition der Fans wirbt für die Amtsenthebung des Austria-Vorstandes. Etwas über 2.000 Unterstützer gab es mit Stand Mittwochmittag.
Einer, der sich als großer Kritiker der aktuellen Club-Führung hervorgetan hat, gab sich nachdenklich. Toni Polster wandte sich via Social Media an die Fans. "Unsere Austria darf nicht sterben, muss weiterleben, darf nicht absteigen", sagte der Ex-Torjäger. Polster sprach aus, was sich viele denken. "Selbst wenn diese Gelder kommen sollten von dem angeblichen Investor, bleibt der Schuldenberg ja trotzdem. Von daher sehe ich ganz schwarz, mir ist angst und bange um meine Austria", meinte der 57-Jährige.
Ein möglicher Ausweg bleibt die "Corona-Insolvenz". Wie Liga-Vorstand Christian Ebenbauer anmerkte, könne der Club ein Sanierungsverfahren anstreben. "Wenn der Insolvenzverwalter ja sagt, dann kann man die Lizenz erhalten, wenn das Sanierungsverfahren bis 3. März 2022 abgeschlossen ist", meinte Ebenbauer im ORF-Interview. Laut Lizenzbestimmungen müsste eine solche Insolvenz aber bis 21. April gemeldet werden, um Rechtssicherheit zu haben. Auch hier drängt also die Zeit.
Es ist eine Sonderregel in der Corona-Pandemie. Statt eines Zwangsabstiegs dürfte die Austria in der Bundesliga bleiben, würde aber u.a. mit einem Sechs-Punkte-Abzug starten und dürfte zwei Saisonen lang kein Geld für Zugänge ausgegeben. Ablösefreie Spieler könnten geholt werden. Bei einer Insolvenz hätten jedoch die derzeitigen Spieler der Austria ein Kündigungsrecht und könnten ihrerseits damit ablösefrei gehen. Einer, der sich verabschieden wird, ist Manprit Sarkaria.