Der aufgrund der Coronavirus-Pandemie verspätete Beginn der neuen Spielzeit führe zu einem hohen Kräfteverschleiß und einer massiven Verletzungsgefahr, lautet seit längerem der einhellige Tenor.
Dabei halten diese Wortmeldungen einem näheren Blick auf die Fakten nicht ganz stand. Zumindest in der Zeit vom Saisonstart bis zur Winterpause ist die durchschnittliche Anzahl von Matches für die meisten heimischen Clubs sogar eine Spur geringer als im Vorjahr, wie etwa am Beispiel des LASK zu sehen ist.
Die Linzer absolvierten 2019/20 von Saisonbeginn bis zum letzten Spieltag des Jahres 31 Bewerbspartien in 149 Tagen und brachten es daher im Schnitt auf ein Match pro 4,8 Tagen. In der laufenden Spielzeit kommen die Linzer im gleichen Zeitraum auf 23 Auftritte in 114 Tagen, was einem Schnitt von einem Spiel in 5 Tagen entspricht.
Die beiden Saisonen der Oberösterreicher sind insofern vergleichbar, als dass der LASK sowohl 2019/20 als auch 2020/21 in zwei Europacup-Quali-Runden und danach in der Europa-League-Gruppenphase antrat sowie im ÖFB-Cup jeweils dreimal im Einsatz war beziehungsweise sein wird. Die Europa-League-Quali-Partien wurden von der UEFA heuer jeweils in einem Spiel durchgeführt, um den Terminstress zu reduzieren.
Erschwerend kommt aus Sicht der Linzer zwar hinzu, dass man am 5. August das Vorsaison-Rückspiel im Europa-League-Achtelfinale gegen Manchester United austragen musste. Laut Trainer Dominik Thalhammer war die Vorbereitung aber nicht auf den Trip ins Old Trafford ausgelegt, die Partie hatte also in punkto Trainingssteuerung einen Testspiel-ähnlichen Charakter.
Eine ähnliche Situation wie beim LASK zeigt sich auch beim WAC, der in diesem Herbst wie in der vergangenen Spielzeit einen Fixplatz in der Europa-League-Gruppenphase hatte und wie 2019/20 drei Cup-Partien auf der Agenda hat. Hier sieht der ursprünglich konzipierte Spielplan genauso wie im Herbst 2019 ein Match pro 5,5 Tagen vor. Sollte die gegen Sturm Graz verschobene Partie tatsächlich am 23. Dezember nachtragen werden, würde sich der Schnitt auf 5,6 erhöhen. Wenn das Match erst 2021 steigt, wäre man bis zum Beginn der Winterpause bei einem Schnitt von 5,75.
Für einen Bundesligisten mit drei Herbst-Cup-Spielen, aber ohne Europacup-Teilnahme reduziert sich die Belastung in dieser Saison im Zeitraum vom ersten Match bis zur letzten Partie vor der Winterpause ebenfalls minimal von durchschnittlich 7,1 auf 7,6 Tage zwischen zwei Pflichtspielen.
Aus der Reihe tanzt nur Red Bull Salzburg, und das aus zwei Gründen: Zum einen wurde die erste Cup-Runde des Meisters in diesem Sommer, gleichzeitig das erste Bewerbsmatch der "Bullen", um zwölf Tage nach hinten verlegt. Zum anderen musste der Serienchampion diesmal zwei Play-off-Partien für die Champions League bestreiten.
So bringen es die Salzburger bis Weihnachten 2020 auf 23 Partien binnen 103 Tagen und damit auf ein Spiel pro knapp 4,5 Tagen. Im Vorjahr lag der Schnitt bei 5,4. Zudem waren die Mozartstädter stärker als jeder andere heimische Club davon betroffen, dass es im Herbst acht statt sechs Länderspiele gab. Allerdings hatten sie in der zweiwöchigen Nationalteam-Unterbrechung im Oktober aufgrund von positiven Corona-Tests ihre komplette Mannschaft beisammen. Ebenfalls mehr Termine hat auch Rapid, doch das liegt daran, dass die Hütteldorfer 2019 nicht im Europacup vertreten waren.
In anderen Ländern sind die Belastungen in diesem Herbst ebenfalls mit jenen des vergangenen Jahres vergleichbar beziehungsweise sogar geringer. RB Leipzig etwa, wie 2019 in der Champions-League-Gruppenphase gestartet, bestritt 2020 zwischen der September- und November-Länderspiel-Pause elf Pflichtspiele und damit zwei weniger als im ebensolangen Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die Sachsen können ins Treffen führen, im August das Champions-League-Finalturnier gespielt zu haben. Allerdings gab es davor nach Liga-Ende eineinhalb Monate Pause und im Frühjahr eine über zwei Monate lange Corona-Unterbrechung.
In Österreich betrug die Saisonpause im Sommer 2020 bei nicht im Europa-League-Play-off oder im Europacup engagierten Oberhaus-Clubs acht Wochen - genauso lang wie im Vorjahr. Der Stress hält sich also in diesem Herbst im Vergleich zu 2019 durchaus in Grenzen, dafür wird 2021 umso aufreibender. Die Winterpause dauert nämlich nur fünf anstatt wie im Vorjahr acht Wochen, dann geht es bis 23. Mai, dem letzten regulären Liga-Spieltag, mit Meisterschafts-, Cup-, Europacup- und Nationalteam-Spielen dahin. Die EM beginnt am 11. Juni.