Für die Austria hat sich am Freitag einen neue Baustelle aufgemacht. Dass Christian Ilzer die Violetten auf eigenen Wunsch Richtung Graz verließ, kam für die Clubspitze unerwartet. Der Steirer sah bei den Wienern offenbar nicht mehr die Möglichkeit, seine Vorstellungen umzusetzen und nahm laut eigener Aussage das "neue, spannende Projekt" bei Sturm wahr. Die Austria steht plötzlich ohne Coach da.
Peter Stöger sprach von einem überraschenden Entschluss, mit dem Ilzer den Verein konfrontierte. Donnerstagabend kam der Anruf vom Management des Steirers. Freitagmittag war das Engagement des 42-Jährigen in Wien beendet. "Nachdem ich bis 10.30 Uhr ausgegangen bin, dass es Christian Ilzer weiter sein wird, habe ich ein paar Stunden später keinen Ersatz in der Tasche. Wir setzen uns jetzt damit auseinander, dass wir wieder einen neuen Trainer brauchen", sagte Sport-Vorstand Peter Stöger Freitagnachmittag im ORF-Interview.
Dass schon in den Tagen um das Rückspiel im Play-off-Finale gegen Hartberg Gerüchte aufkamen, Ilzer würde bei Sturm hoch im Kurs stehen, hinterließ einen Beigeschmack. Ilzer berichtete von einer Entscheidung, die Donnerstagabend nach einem Gespräch mit Sturms Sport-Geschäftsführer Andreas Schicker gefallen sei. "Seine Ideen und seine Herangehensweise haben bei mir Eindruck hinterlassen und decken sich mit meiner Fußball-Philosophie", sagte der Steirer in einer Club-Aussendung.
Im Umkehrschluss hieße dies, dass Ilzer von seiner Tätigkeit bei der Austria nicht mehr völlig überzeugt war. Freiwillig hat die Favoritner zuletzt ein Trainer nach dem Meisterjahr 2012/13 verlassen: Peter Stöger ging damals nach Köln. Der als Sportchef nach Wien zurückgekehrte Meistermacher hatte Ilzer nach dem Verpassen des Europacups in Hartberg den Rücken gestärkt. Der Abgang keine zwei Tage später überraschte. "Ich würde nicht sagen, dass das zu erwarten war", sagte Stöger auf die Gerüchte angesprochen. Man habe klar gesagt, dass man mit dem bestehenden Team weitermachen wolle. Nun gelte es, "die richtige Entscheidung zu treffen und nicht die schnelle."
Neben Stöger ist auch sein Konterpart im wirtschaftlichen Bereich, Markus Kraetschmer, weiter gefragt. Zur Trainersuche gesellt sich bei der Austria bekanntlich auch jene nach einem Investor, einem "strategischen Partner", wie Kraetschmer betont. Dass die Coronakrise die angespannte finanzielle Lage bei den Wienern weiter verschärft hat, ist kein Geheimnis. 49,9 Prozent der Anteile an der Austria AG sind zu haben, es soll um zehn Millionen Euro gehen. Kraetschmer berichtete dazu zuletzt: "Wir sind sehr tief in diversen Gesprächen." Mehr gebe es nicht zu sagen.
Wie der Finanzchef der Wiener angab, sind auch aufgrund der Coronakrise aktuell viele Clubs auf der Suche nach Partnern. Kolportiert wurde Interesse aus Saudi-Arabien, laut Gerüchten steht die Austria auch in Kontakt mit Katar. Kraetschmer will Namen nicht kommentieren. Fakt ist, dass die Austria auch aufgrund der Regularien keine Mehrheitsanteile verkaufen kann und will. "Es hat Interessenten gegeben, die gesagt haben, sie interessieren sich, aber Mehrheiten gewohnt sind. Die sind dann abgesprungen", sagte Kraetschmer zur APA - Austria Presse Agentur. Die Austria sei aufgrund ihrer Tradition und Infrastruktur jedenfalls ein attraktiver Partner.
Zeitlich will sich die Austria auch bei der Suche nach dem Investor nicht hetzen. Zuletzt hieß es, dass ein Abschluss in der Saison 2020/21 gelingen soll. Kraetschmer: "Es gilt den richtigen Partner zu finden, und nicht den, der vielleicht schnell das meiste Geld hergibt." Sparen ist in Corona-Zeiten dennoch angesagt. Wie der "Standard" berichtete, wird die Austria ihr Budget für die kommende Saison von 30 auf 25 Mio. Euro zurückschrauben.